So soll die Bornplatzsynagoge in Hamburg aussehen.

So soll die Bornplatzsynagoge in Hamburg aussehen. Foto: Schulz und Schulz Architekten mit Haberland Architekten und POLA Landschaftsarchitekten

Spektakulärer Entwurf für die Bornplatzsynagoge: So etwas gab es noch nie!

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Es ist eines der spannendsten Bauprojekte der Stadt: der Wiederaufbau der 1938 in der Pogromnacht von Nazis zerstörten Hamburger Bornplatzsynagoge. Jetzt steht fest, wie das neue Gotteshaus der jüdischen Gemeinde im Grindelviertel (Rotherbaum) aussehen wird. Am Freitag wurde der Siegerentwurf des Architekturwettbewerbs vorgestellt – und er ist spektakulär!

Glaskuppel soll die neue Synagoge krönen

So etwas gab es noch nie: eine Glaskuppel als Krone einer Synagoge! Kein jüdisches Gotteshaus in Deutschland wurde bisher so gebaut. „Der Lichteinfall steht symbolisch für die Transparenz, die wir in diesem Viertel mitten in der Stadt in unsere Synagoge bringen wollen“, erklärt Daniel Sheffer, Initiator der Kampagne zum Wiederaufbau der Bornplatzsynagoge, der Zweiten Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne), noch bevor die Pressekonferenz zur Präsentation des Siegerentwurfes beginnt.

Sheffer: „Damals zerstörten Hamburger die Bornplatzsynagoge – heute bauen Hamburger sie wieder auf. Es ist der Sieg der Demokratie und des jüdischen Lebens über die Barbarei der Nazis. Der Wiederaufbau erfüllt die Sehnsucht der Jüdinnen und Juden nach Gleichberechtigung und Sicherheit.“

27-köpfige Jury einigt sich einstimmig

Eine Synagoge mit Glaskuppel: Die Bornplatzsynagoge wird einzigartig Schulz und Schulz Architekten mit Haberland Architekten und POLA Landschaftsarchitekten
Eine Synagoge mit Glaskuppel: Die Bornplatzsynagoge wird einzigartig
Eine Synagoge mit Glaskuppel: Die Bornplatzsynagoge wird einzigartig

Gesiegt hat der Entwurf des Büros Schulz und Schulz Architekten mit Haberland Architekten und POLA Landschaftsarchitekten. Ursprünglich hatten 60 renommierte nationale und internationale Büros ihre Vorschläge eingereicht. Insgesamt 25 Planungsteams waren in die Endrunde des Wettbewerbs gelangt. Noch bis Donnerstagnachmittag hatte die 27-köpfige Jury gerungen. Doch die Entscheidung fiel einstimmig!

Emotionaler Moment für Hamburgs Gemeinde

Philipp Stricharz, Vorsitzender der jüdischen Gemeinde in Hamburg: „Nach intensiver Diskussion hat sich die hoch engagierte Jury mit großer Einmütigkeit auf einen Wurf geeinigt. Damit liegt nun ein konkreter Plan vor – der Startschuss für den Wiederaufbau eines Stückes unserer Heimat.“

Daniel Sheffer, Katharina Fegebank und Philipp Stricharz (v.l.) präsentieren den Siegerentwurf für die neue Bornplatzsynagoge. Nina Gessner
Daniel Sheffer, Katharina Fegebank und Philipp Stricharz (v.l.) präsentieren den Siegerentwurf für die neue Bornplatzsynagoge.
Daniel Sheffer, Katharina Fegebank und Philipp Stricharz (v.l.) präsentieren den Siegerentwurf für die neue Bornplatzsynagoge.

Katharina Fegebank erklärte sichtlich emotional, sie habe vor Aufregung in der Nacht kaum geschlafen: „Der Wiederaufbau der Bornplatzsynagoge ist für sehr viele Menschen in unserer Stadt eine echte Herzensangelegenheit – auch für mich.“

Und das sind die Details: Optisch wird die neue Synagoge, abgesehen von der Glaskuppel, ihrem 1906 fertiggestellten historischen Vorbild sehr ähnlich sein. Sie wird genauso groß, genauso hoch und in der für Norddeutschland seit jeher typischen roten Backstein-Architektur gehalten sein.

Neue Bornplatzsynagoge in Hamburg wird ein kleines lebendiges Quartier als Begegnungsstätte

Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD), der sich aktuell auf Delegationsreise in Kanada befindet, schickte ein virtuelles Grußwort: „Der Wiederaufbau der Bornplatzsynagoge ist ein wichtiges Projekt zur Stärkung des jüdischen Lebens in Hamburg.“ Der Schritt sei wichtig, um einen zentralen Ort für das jüdische Leben und die jüdische Kultur in der Stadt Hamburg zu schaffen.

Die feinen Unterschiede erschließen sich erst bei genauerem Hinsehen und vor allem im Inneren des Gebäudes. Denn anders als die alte Synagoge, die eingeschossig war, wird die neue über zwei Stockwerke verfügen. Der eigentliche Gebetsraum, der früher Platz für 1200 Menschen bot, wird kleiner und über eine Treppe nach oben erreichbar sein.

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Wie Oberbaudirektor Franz-Josef Höing erklärte, werde das, was eines Tages auf dem heutigen Joseph-Carlebach-Platz im Grindelviertel stehen wird, nicht nur eine Synagoge, sondern ein kleines, lebendiges Quartier aus vier Gebäuden, zu denen neben dem orthodoxen Gotteshaus auch ein Verwaltungsgebäude mit Wohnungen für die Rabbinerfamilie und Senioren gehören soll, ein Anbau an der jüdischen Schule mit einem Jugendzentrum, Küche und Seminarräumen und – auch das ist einzigartig – eine eigene, kleine Synagoge für die liberale Gemeinde innerhalb der jüdischen Einheitsgemeinde.

Neue Bornplatzsynagoge mit Sicherheitskonzept ohne Mauern und Zäune

Diese Präzisierung ist wichtig, denn: Für die „Liberale Jüdische Gemeinde, Israelitischer Tempelverband“, die sich als Nachfolgerin der ursprünglichen liberalen Gemeinde in Hamburg mit weltweit herausragender Bedeutung versteht, gibt es keinen Platz innerhalb des Bornplatz-Synagogen-Projekts. Senatskanzlei-Chef Jan Pörksen erklärte, man sei mit dem Tempelverband im Gespräch. Nach dem Kauf der Ruine der liberalen Synagoge in der Poolstraße (Neustadt) seien nun Workshops geplant, deren Ausgang noch nicht absehbar sei. In der Zwischenzeit habe der Tempelverband eine ehemalige Turnhalle in der Flora-Neumann-Straße zur Verfügung, die mit einem durchdachten Sicherheitskonzept ausgestattet worden sei.

Die 1906 fertiggestellte Bornplatzsynagoge im Grindelviertel soll in den kommenden Jahren wiederaufgebaut werden. Am 9. November 1938 wurde sie zunächst verwüstet, kurz darauf in Brand gesteckt. Staatsarchiv Hamburg
Bornplatzsynagoge
Die 1906 fertiggestellte Bornplatzsynagoge im Grindelviertel soll in den kommenden Jahren wiederaufgebaut werden. Am 9. November 1938 wurde sie zunächst verwüstet, kurz darauf in Brand gesteckt.

Auch für die neue Bornplatzsynagoge gibt es bereits ein Sicherheitskonzept, das manch einem gewagt erscheinen mag, für die Jüdische Gemeinde aber eine wichtige Bedeutung hat: Es soll keine Mauern geben, keine Zäune! Daniel Sheffer: „Jüdisches Leben gehört nicht hinter Zäune. Die deutsche Gesellschaft kann nicht heil sein, wenn ein Teil von ihr hinter Mauern leben und beten muss.“

Das Sicherheitskonzept orientiere sich am Vorbild der Synagoge in München, die ebenfalls nach außen offen ist. Und: Wie in der bayerischen Landeshauptstadt soll es auch in Hamburg ein Café geben, das den Anwohnern, den Studenten von der benachbarten Universität sowie der Stadtgesellschaft überhaupt zur Verfügung steht und eine Art Brücke in die jüdische Gemeinde bildet.

Grindelviertel: Der Bunker am Allendeplatz wird abgerissen

Interessant wird dabei auch die Präsentation der archäologischen Funde sein, die bei Grabungen auf dem Platz vor zwei Jahren entdeckt worden waren, darunter Fliesen, Glasfenster oder Ornamente aus der alten Synagoge. Sie sollen in Vitrinen ausgestellt werden. „Das jüdische Erbe soll nicht in der Erde verschüttet bleiben, sondern nach oben geholt und sichtbar gemacht werden“, so Daniel Sheffer.

Kommt weg: Der von den Nazis erbaute Weltkriegsbunker zwischen Joseph-Carlebach-Platz und Allendeplatz. Nina Gessner
Weltkriegsbunker zwischen Joseph-Carlebach-Platz und Allendeplatz.
Kommt weg: Der von den Nazis erbaute Weltkriegsbunker zwischen Joseph-Carlebach-Platz und Allendeplatz.

Und auch das viel diskutierte Bodenmosaik der Künstlerin Margrit Kahl, das seit 1988 den Grundriss der alten Bornplatzsynagoge auf dem Joseph-Carlebach-Platz abbildete, soll in einer Weise gewürdigt werden. Sheffer: „Das Mosaik hat in den vergangenen Jahren wichtige Arbeit geleistet, denn es hat dafür gesorgt, dass der Platz nicht verbaut wurde. Dem wollen wir Respekt zollen.“

Nur einen Zeitplan gibt es noch nicht. Wie Staatsrat Pörksen erklärte, könne man aufgrund des Siegerentwurfs nun direkt in die Umsetzung einsteigen und ein Vergabeverfahren für die Fachplanung von technischen und sicherheitsrelevanten Fragen starten. Dann steht als erster wichtiger Schritt der Abriss des Bunkers am Allendeplatz an, in dem sich aktuell das Institut für Bodenkunde der Uni befindet.

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Auch die Gesamtkosten des Projekts können aktuell nicht beziffert werden. Der Bund hat bereits 13,2 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Wer sich für den nun beendeten Architekturwettbewerb interessiert, hat dazu bald die Gelegenheit: Vom 21. Oktober bis 10. November werden die verschiedenen Entwürfe für die Synagoge im Rathaus ausgestellt.

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