„Keine Juden zweiter Klasse“: Liberale Gemeinde demonstriert für ihre Synagoge
Die Botschaften hatten es in sich: „Wir sind keine Juden 2ter Klasse!“, stand unter anderem auf den Plakaten, mit denen Mitglieder der Liberalen Jüdischen Gemeinde Hamburg am Mittwoch vor der Ruine der ehemaligen Synagoge Poolstraße (Neustadt) demonstrierten. Sie fordern die Rückgabe des während des Zweiten Weltkriegs zerstörten Gotteshauses, das weltweit als Wiege des liberalen Judentums gilt. Die Stimmung war aufgeheizt.
- Deutsch (Deutschland)
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Die Botschaften hatten es in sich: „Wir sind keine Juden zweiter Klasse!“, stand unter anderem auf den Plakaten, mit denen Mitglieder der Liberalen Jüdischen Gemeinde Hamburg am Mittwoch vor der Ruine der ehemaligen Synagoge Poolstraße (Neustadt) demonstrierten. Sie fordern die Rückgabe des während des Zweiten Weltkriegs zerstörten Gotteshauses, das weltweit als Wiege des liberalen Judentums gilt. Die Stimmung war aufgeheizt.
Anlass für den Protest war ein von der Finanzbehörde veranstalteter Workshop zur Zukunft der Synagoge Poolstraße, zu dem unter anderem der Denkmalverein Hamburg, das TempelForum, Anwohner und auch die Liberale Jüdische Gemeinde eingeladen waren.
Heftige Vorwürfe: Liberale Juden werfen dem Hamburger Senat Ignoranz vor
Senator Andreas Dressel (SPD) hatte im Vorfeld festgehalten, dass die Veranstaltung dazu diene, verschiedene Nutzungsideen zu diskutieren und zu konkretisieren. „Die Findung adäquater, der Würde des Ortes entsprechender Lösungen wird ergebnisoffen gehalten“, so Dressel in einem Statement für die MOPO.
Genau das stieß aber auf den Widerstand des „Israelitischen Tempelverbands. Liberale Jüdische Gemeinde Hamburg“. Rund 35 Vertreter der 350 Mitglieder starken Gemeinde kamen zu dem Grundstück an der Poolstraße 11-14 und hielten Schilder mit gepfefferten Botschaften hoch.
„Der Senat ignoriert uns“, hieß es da zum Beispiel. Oder: „Nazi-Unrecht beenden!“ Und: „Beide Gemeinden gleich behandeln!“
Dahinter steckt die Kritik der Liberalen Jüdischen Gemeinde, die eher orthodox geprägte Jüdische Gemeinde Hamburg würde mit dem Wiederaufbau der Bornplatzsynagoge bevorzugt behandelt. Der Vorsitzende der Liberalen Gemeinde, Eike Steinig, ging sogar so weit von „selektivem Antisemitismus“ zu sprechen. „Eine Gemeinde wird gefördert, die andere kriegt gar nichts“, so Steinig auf dem Ruinengelände.
Finanzsenator Andreas Dressel: „Unsere Hand zur Liberalen Jüdischen Gemeinde bleibt ausgestreckt“
Der Tempelverband betrachtet sich als rechtmäßiger Nachfolger der durch den Holocaust vernichteten ehemaligen Liberalen Jüdischen Gemeinde Hamburg, die 1817 gegründet worden war. Problem: Bisher gilt die orthodoxe Einheitsgemeinde als einziger Nachfolger aller früheren jüdischen Gemeinden. Die Liberale Gemeinde hat deshalb die Verleihung des Status‘ als Körperschaft Öffentlichen Rechts beantragt. Gegenüber der MOPO wies der Senat darauf hin, dass diese „Frage Gegenstand eines derzeit laufenden Verwaltungsverfahrens“ ist, „das noch nicht abgeschlossen ist“.
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Dem Tempelverband dauert dieses Verfahren zu lange, er machte seinem Unmut bei der Demo Luft. Senator Dressel wiederum versuchte zu beschwichtigen und erklärte: „Wir sind dialogbereit. Unser Hauptkonsens ist doch, dieses Gebäude zu erhalten.“ Außerdem betonte der Senator: „Unsere Hand zur Liberalen Jüdischen Gemeinde bleibt ausgestreckt.“