Deutschlandticket

Derzeit kostet das Deutschlandticket 58 Euro Foto: picture alliance / Jochen Tack

„Das wäre der Todesstoß“: Streit um das Deutschlandticket eskaliert

Millionen Menschen fahren mit dem Deutschlandticket durch die Republik – doch wie lange noch zum aktuellen Preis? Bund und Länder streiten erneut über die Finanzierung des 58-Euro-Tickets, ab 2026 ist die Zukunft ungewiss. Klar ist: Ohne schnelle Einigung drohen Preissteigerungen oder sogar das Aus. Am 27. Juni wollen die Verkehrsminister in Berlin erneut beraten – doch bislang fehlt ein gemeinsamer Plan.

Nutzern des Deutschlandtickets droht wegen eines Finanzstreits von Bund und Ländern erneut Unsicherheit. Dabei geht es darum, wie genau das bundesweit gültige Ticket im Nah- und Regionalverkehr vom kommenden Jahr an finanziert werden soll. In einer Umfrage der Deutschen Presse-Agentur forderten Ländervertreter schnelle politische Entscheidungen – eine einheitliche Position der Länder gibt es aber nicht. Fraglich ist, ob der Ticketpreis von derzeit 58 Euro im Monat 2026 stabil bleibt.

Um die Zukunft des Deutschlandtickets soll es auch am 27. Juni in Berlin bei einer Sonder-Verkehrsministerkonferenz der Länder mit Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) gehen.

Finanzierung nur noch für 2025 festgeschrieben

„Wichtig ist, dass wir beim Deutschlandticket einen klaren Finanzierungsrahmen und Planungssicherheit bekommen“, sagte NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne). Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) kritisierte: „Die ständigen Diskussionen über die Zukunft des Deutschlandtickets und seinen Preis sind kontraproduktiv und bringen uns nicht weiter.“

Bereits in den vergangenen Jahren hatte es zum Teil lange Auseinandersetzungen zwischen Bund und Ländern über die Finanzierung des Tickets gegeben, das im Mai 2023 eingeführt wurde. Rund 13 Millionen Menschen nutzen das Ticket, mit dem man mit Bussen und Bahnen im Nah- und Regionalverkehr im ganzen Bundesgebiet fahren kann – unabhängig von Bundesland, Verkehrsverbund oder Tarifgebiet. Der Preis des Tickets war zu Jahresbeginn um rund 18 Prozent von 49 Euro auf 58 Euro im Monat angehoben worden.

Zur Finanzierung des Tickets schießen Bund und Länder derzeit je 1,5 Milliarden Euro pro Jahr zu, um Einnahmeausfälle bei Verkehrsbetrieben auszugleichen. Denn die meisten üblichen Pendler-Abos waren zuvor deutlich teurer. Festgeschrieben ist die Finanzierung im Regionalisierungsgesetz – aber nur noch für 2025. Die Frage ist also, wie es von 2026 an weitergeht.

Union und SPD bekennen sich in Koalitionsvertrag zum Deutschlandticket

Ende 2024 war eine Übertragung sogenannter überjähriger Mittel beschlossen worden – dabei ging es vor allem um Gelder aus dem Jahr 2023, weil das Ticket erst im Mai startete. Damit war das Ticket zusammen mit der Preiserhöhung finanziell für 2025 gesichert. Aus Sicht des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen reichen die von Bund und Ländern jährlich zur Verfügung gestellten drei Milliarden Euro dauerhaft nicht aus, um den Verlust der Branche auszugleichen.

Auf Bundesebene haben sich CDU, CSU und SPD in ihrem Koalitionsvertrag dazu bekannt, das Deutschlandticket über 2025 hinaus fortzusetzen. Nutzer müssen sich aber von 2029 an auf einen deutlich höheren Preis einstellen, denn ab diesem Jahr soll der Anteil der Nutzerfinanzierung „schrittweise und sozialverträglich“ erhöht werden. Die Frage ist, ob sich Bund und Länder schon vorher auf einen festen Preismechanismus – auch zu möglichen Preiserhöhungen – einigen können, damit es nicht Jahr für Jahr Streitigkeiten gibt.

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Schnieder hatte die Länder aufgefordert, zur weiteren Finanzierung des Tickets eine gemeinsame Position zu finden. Er machte deutlich, der Bund werde nicht mehr als die Hälfte der Kosten tragen. Auch der Bund stehe unter Konsolidierungsdruck.

Länder fordern Planungssicherheit

Viele Länder fordern, es müsse Planungssicherheit geben – und der Bund müsse mögliche Mehrkosten übernehmen. So sagte ein Sprecher des bayerischen Verkehrsministeriums, der Bund müsse den Ländern für die Fortführung des Tickets eine verlässliche Finanzierung zusichern. „Es ist den Ländern insgesamt aufgrund der angespannten Haushaltslage derzeit nicht möglich, mehr als 1,5 Milliarden Euro pro Jahr für das Ticket aufzubringen.“ Bayern hat den Vorsitz der Verkehrsministerkonferenz. Schnieder solle bis Ende Juli einen Gesetzentwurf vorlegen, um das Ticket im Jahr 2026 weiterführen zu können.

NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne). picture alliance / Panama Pictures | Christoph Hardt
NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne).
NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne).

NRW-Verkehrsminister Krischer forderte, der Bund solle das Ticket entfristen, den Preis bis mindestens 2028 festschreiben und den Länderanteil gesetzlich deckeln. Der Bund belaste mit „fragwürdigen Steuergeschenken“ die Länderetats mit Milliardenbeträgen, sagte er mit Blick auf geplante Steuerentlastungen für Unternehmen. Es wäre nur folgerichtig, wenn der Bund Mehrkosten des Deutschlandtickets übernehme. „In jedem Fall muss die Frage schnell geklärt werden und der Bundesverkehrsminister sich klar positionieren, um die Kunden nicht weiter zu verunsichern.“

Niedersachsens Verkehrsminister Grant Hendrik Tonne (SPD) sagte, Bund und Länder müssten vereint an einer Lösung zur Finanzierung arbeiten. Die bestehende hälftige Aufteilung der Kosten sei fair und habe sich bewährt.

Hamburg ist bereit, Beitrag zur Finanzierung des Tickets zu leisten

Aus Sicht des brandenburgischen Verkehrsministers Detlef Tabbert (BSW) muss vorrangig der Bund die Finanzierung übernehmen. „Die aktuelle Beteiligung von jeweils 1,5 Milliarden Euro ist, angesichts angespannter Haushalte, für die Länder eine Grenze. Mehr geht nicht“, schrieb er gemeinsam mit seinem Amtskollegen aus Mecklenburg-Vorpommern, Wolfgang Blank, in einem Meinungsbeitrag für den „Tagesspiegel“.

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Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) sagte, wenn der Bund etwas bestelle, müsse er für einen Ausgleich sorgen. „Ansonsten werden die Länder das so einfach nicht mehr leisten können, auch wenn sie wollen.“ Am einfachsten wäre es, wenn der Bund dieses Angebot zur Verfügung stelle und es dann auch voll finanzieren würde.

Das Saarland machte deutlich, mögliche Mehrkosten des Tickets müsse der Bund finanzieren. Ein Sprecher der Hamburger Verkehrsbehörde sagte, Hamburg sei bereit, seinen Beitrag zur Finanzierung und Fortführung des Tickets zu leisten – die Verantwortung liege aber primär beim Bund.

Thüringens Verkehrsminister: Rückzug der Länder bedeutet Todesstoß

Thüringens Verkehrsminister Steffen Schütz (BSW) sagte, er schließe sich Maximalforderungen, nach denen hauptsächlich der Bund die Kosten tragen solle, nicht an. Eine solche Regelung sei wünschenswert, aber unrealistisch. „Ein Rückzug der Länder aus der Finanzierung würde wohl den Todesstoß für das Ticket bedeuten.“

Thüringens Verkehrsminister Steffen Schütz (BSW). picture alliance/dpa | Martin Schutt
Thüringens Verkehrsminister Steffen Schütz
Thüringens Verkehrsminister Steffen Schütz (BSW).

Die Finanzierung von jeweils der Hälfte der Kosten stelle Thüringen vor erhebliche finanzielle Herausforderungen. „Angesichts der Kostensteigerungen und unserer angespannten Haushaltslage wäre ich sehr froh, wenn der Bund einen etwas größeren Anteil als 50 Prozent übernimmt.“ Aus Sachsen hieß es, ein höherer Anteil oder die vollständige Kostenübernahme des Bundes wäre wünschenswert.

Ziel sei es, den Preis für die Nutzer konstant zu halten, erklärte das Verkehrsministerium in Mecklenburg-Vorpommern. Ob dies gelinge, hänge von den Verhandlungen mit dem Bund und verschiedenen Parametern ab, zum Beispiel allgemeinen Kostensteigerungen und Lohnerhöhungen.

Ministerin Hüskens: Preis muss „raus aus der politischen Festsetzung“

Ein Sprecher des Verkehrsministeriums in Schleswig-Holstein sagte, mindestens müssten Bund und Länder je 1,5 Milliarden Euro einbringen. Das werde aber nicht reichen. Was dies konkret für Preiserhöhungen bedeute oder für eine Erhöhung der Finanzierung durch Bund und eventuell Länder, sei noch in der Diskussion. Das sächsische Infrastrukturministerium erklärte, um Angebotskürzungen zu verhindern, müssten Kostensteigerungen kompensiert werden, durch öffentliche Zuschüsse oder Fahrgeldeinnahmen.

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Sachsen-Anhalts Infrastrukturministerin Lydia Hüskens (FDP) forderte, Einnahmeaufteilung und Lastenausgleich müssten dauerhaft und klar geregelt sein. „Sonst bleiben die Landkreise und Verkehrsunternehmen weiterhin im Ungewissen.“ Sie spricht sich dafür aus, dass der Preis des Tickets künftig durch einen Index, etwa der Preissteigerungen im Verkehrsbereich, gebildet wird. In jedem Fall müsse der Preis „raus aus der politischen Festsetzung“. (dpa/mp)

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