x
x
x
  • Nicht in Jubellaune: Henk Veerman (r./ mit Waldemar Sobota) feierte sein Tor demonstrativ nicht.
  • Foto: Lam/Witters/Pool/Witters

Zoff mit Veerman: Luhukay legt vor dem Training in der Kabine nach

Die Alarmstufe Rot ist vorerst auf Orange umgeschaltet. Nicht auszudenken, die Sache wäre schiefgegangen und der Sieg entglitten. Es war verdammt knapp. Mit dem 2:1-Sieg gegen Angstgegner Erzgebirge hat der FC St. Pauli wichtige Punkte im Kampf um den Klassenerhalt gesammelt und befindet sich auf Rettungskurs. Mit Ach und Krach. Viel Krach.

Der Zoff zwischen Trainer Jos Luhukay und Henk Veerman sorgt für Gesprächsstoff, auch intern. Er kommt zur Unzeit. Der Zwist überschattet die Freude und Erleichterung über den ersten Dreier nach zuvor vier Spielen ohne Sieg. Und er lenkt einmal mehr den Fokus auf die Frage, ob der Trainer die Mannschaft über die Saison hinaus führen kann, darf – oder überhaupt will.

Die Tatsache, dass der Coach in einem solch entscheidenden Spiel, beim Stande von 2:0 und auf dem Weg in die Kabine, vor aller Augen und Ohren, einen Spieler lautstark rund macht, der wenige Minuten zuvor nach langer Durststrecke das zweite Tor erzielt hatte und aufmunternde Worte gebraucht hätte, hat für Irritationen und Verstimmung gesorgt. Im Fan-Lager, aber auch bei einigen Personen im Verein.

Luhukay-Tirade gegen Veerman sorgt für Kritik

Falscher Ort, falscher Zeitpunkt. Das ist der überwiegende Tenor. Selbst bei jenen, die die grundsätzliche Kritik Luhukays daran, dass sich Veerman nicht den Ball vor dem Elfmeter zum möglichen 3:0 geschnappt hatte, welchen Dimitrios Diaman-takos dann verschoss, teilen. Des Trainers Tirade dürfte Veermans sichtbar angeknackstes Selbstvertrauen nicht gestärkt haben.

Hatte Luhukay mit seiner Maßnahme, Außenverteidiger Sebastian Ohlsson auf die Sechserposition zu befördern, um Aues Toptorschützen Dimitrij Nazarov zu neutralisieren, wieder einmal taktische Raffinesse bewiesen, so zeigte er in der Szene mit Veerman nicht nur wiederholt sein mangelndes psychologisches Gespür, sondern auch Nerven.

War Luhukay sauer über Veermans zornigen Torjubel?

Die Heftigkeit des Ausrasters ist eigentlich nur damit zu erklären, dass Luhukay noch sauer war, weil Veerman nach seinem Tor mit demonstrativ finsterer Miene zur Trainerbank geschaut hatte, anstatt zu jubeln. Möglicherweise entlud sich auch Luhukays Ärger über den mangelnden Trainingsfleiß seines Landsmannes, den auch einige Mitspieler beklagen.

Oder anders herum: Wie plausibel erscheint es, dass ein Trainer einen Spieler, der die eigene Mannschaft in einem Schicksalsspiel gerade mit 2:0 in Front geschossen hat, allein deshalb öffentlich zusammenfaltet, weil er sich NICHT den Ball vor einem Elfmeter geschnappt hat, den dann ein anderer verballerte?

Sören Gonther: „So etwas noch nie erlebt“

Zu entschuldigen ist Luhukays Vorgehen mit beiden Erklärungsansätzen jedenfalls nicht. Auch aus einem anderen Grund: Der Zwist wurde direkt vor dem Gegner ausgetragen.

„Ich habe das aus nächster Nähe mitbekommen“, berichtet Sören Gonther, langjähriger St. Pauli-Kapitän, im Gespräch mit der MOPO. Er war fassungslos. „Der Trainer hat ihn angegriffen, dass er keine Verantwortung übernimmt und immer nur einen auf guter Kumpel macht. Ich dachte für einen Moment, dass wir 2:0 führen würden und nicht St. Pauli, was nach dem Spielverlauf eigentlich normal gewesen wäre. Sowas habe ich noch nie erlebt.“

FC St. Paulis Misstöne trotz Führung motivierten Aue

Gefährliche Nebenwirkung: Die Misstöne bei den Kiezkickern boten dem Gegner eine Angriffsfläche und machten den Gästen in der Halbzeit neuen Mut.

Dass die Aufholjagd von Gonther & Co. letztlich nicht erfolgreich war, hatte St. Pauli der mangelnden Chancenverwertung der Sachsen, dem eigenen leidenschaftlichen Kampf sowie den Händen von Keeper Robin Himmelmann zu verdanken.

Robin Himmelmann sicherte glücklichen Sieg

Der erlösende und „glückliche“ (O-Ton Luhukay) Sieg darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Kiezkicker einmal mehr kein überzeugendes Spiel gemacht hatten. Das ist ihnen seit dem Liga-Neustart noch nicht einmal gelungen.

Dass es am Mittwoch in Hannover endlich eine Top-Leistung gibt, ist mangels Selbstvertrauen eher nicht zu erwarten. Dem Vernehmen nach hat Luhukay vorm Training am Montag in einer 45-minütigen Sitzung erneut seinem Ärger über die Elfersituation mit Veerman mächtig Luft gemacht. 

Trotz allem ist die Rettung nah, der Kiezklub wieder auf Kurs – zumindest, was die Punkte angeht. 38 Zähler sind es mittlerweile.

FC St. Pauli will bei Hannover 96 den Klassenerhalt eintüten

Einen Sieg aus drei Spielen benötigen die „Boys in Brown“ voraussichtlich noch, um die Klasse zu halten. Sicher ist sicher. Schon morgen bei Hannover 96 wollen sie nachlegen. Nebenkriegsschauplätze kann St. Pauli nicht gebrauchen.

Email
Share on facebook
Share on twitter
Share on whatsapp