• Stürmische Zeiten im Volkspark - weil innerhalb des HSV ein heftiger Kampf um die Ausrichtung entbrannt ist.
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Totale Eskalation im Präsidium: HSV vor größter Zerreißprobe seit Jahren!

Kein neuer Tag ohne eine neue Eskalationsstufe innerhalb des HSV-Präsidiums. Nachdem am Dienstag alle Gremien die Abwahl von Vize-Präsident Thomas Schulz beantragten, schlug der 58-Jährige tags darauf zurück – und kündigte an, sich vehement gegen das Vorgehen zu wehren. Der Verein steht nun vor der größten Zerreißprobe der vergangenen Jahre.

Der eine oder andere HSV-Entscheidungsträger dürfte am Mittwoch noch beim Frühstück gesessen haben, als ihm das Kauen plötzlich etwas schwerer fiel. Schwer verdauliche Kost um kurz nach sieben in der Früh, denn Schulz hatte sich über seinen Facebook-Account zu Wort gemeldet. Und wer auf ein Einlenken des umstrittenen Vize-Präsidenten gehofft hatte, wurde schnell enttäuscht. Stattdessen droht nun die totale Eskalation.

Das HSV-Präsidium

Die gemeinsame Zeit des HSV-Präsidiums um Boss Marcell Jansen (Mitte), Vize Thomas Schulz (l.) und Schatzmeister Moritz Schaefer wird in Kürze enden.

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Der HSV-Ehrenrat fordert das Ende von Schulz‘ HSV-Amtszeit

Die Vorgeschichte: Tags zuvor hatte der Ehrenrat stellvertretend für alle HSV-Gremien Schulz das Vertrauen entzogen und dessen Verhalten in einem Schreiben als „nicht länger tragbar“ eingestuft. Manipulation wurde Schulz vorgeworfen, Polarisierung und mangelnde Unterstützung des HSV-Vorstands. Innerhalb von sechs Wochen sollten die Mitglieder im Rahmen einer außerordentlichen Versammlung über Schulz abstimmen.

Die Antwort des Gescholtenen hatte es am Mittwoch entsprechend in sich. „Die in dem Schreiben an die Mitglieder enthaltenen Vorwürfe, die in der Behauptung gipfeln, meine Entscheidungen nicht zum Wohle des HSV zu treffen, sind substanzlos“, stellte Schulz klar. „Fakten, die diese Behauptung auch nur ansatzweise belegen könnten, werden in dem Schreiben an die Mitglieder bezeichnenderweise nicht benannt.“

Schreiben des Ehrenrates sorgt innerhalb des HSV für Wirbel

In dem Punkt hat Schulz Recht und tatsächlich stieß der Wortlaut des Ehrenrats-Schreibens nach MOPO-Informationen längst nicht bei allen HSV-Funktionären auf Gegenliebe, wenngleich sie den Antrag gegen Schulz in der Sache vollkommen teilen. Wenn man Dinge andeute, müsse man sie auch klar benennen, so der interne Vorwurf. Zumal Schulz‘ Verfehlungen sehr wohl schriftlich zu belegen seien.

Der Vize aber nutzte die Chance zum Gegenschlag. Wenngleich der Ehrenrat ihm nahe legte, seine Stimme bei Präsidiums-Abstimmungen ruhen zu lassen, so lange seine eigene Lage nicht geklärt sei, stellte Schulz unmissverständlich klar: „Das in dem Schreiben an das Präsidium enthaltene Ansinnen (…) muss ich in aller Deutlichkeit zurückweisen. Als von den Mitgliedern gewähltes Präsidiumsmitglied werde ich meiner Verantwortung weiterhin nachkommen.“

Das HSV-Präsidium und die schwierige Aufsichtsrats-Frage

Genau das macht die Sache noch komplizierter und pikanter. Bereits in den kommenden 14 Tagen, so war es der Plan, will das HSV-Präsidium darüber befinden, ob Adidas-Aufsichtsrätin Kathrin Menges (56) und Ex-Banken-Boss Hans-Walter Peters (65) als Nachrücker für den Aufsichtsrat zugelassen werden. Schulz und der ihm vereinspolitisch nahe stehende Schatzmeister Moritz Schaefer könnten bei Abstimmungen jederzeit die Oberhand gegenüber Präsident Marcell Jansen behalten – und so auch den von ihm vorgeschlagenen Peters blockieren. Dass Schulz diese Macht besitzt, obwohl die Mitglieder ihn kurz darauf vom Hof jagen könnten, sorgt innerhalb des Vereins für Sorgen und Kopfzerbrechen.

Intern wird nun geprüft, ob die Nominierung für den Aufsichtsrat terminlich hinter die Entscheidung über Schulz gelegt werden kann. Offen, ob diese Möglichkeit besteht.

Jansen gegen Schulz: Darum geht es im HSV-Streit

Ohnehin spielt der Aufsichtsrat eine gewichtige Rolle im voll entbrannten Streit zwischen Jansen und Schulz. Der Vize, so die Vermutung, verfolge gemeinsam mit Schaefer den Plan, Teile des Aufsichtsrates auszutauschen und durch ihnen gedanklich nahe stehende Personen zu ersetzen. Weil die beiden Kollegen befürchten sollen, der Rat wolle Reformen für weitere Anteilsverkäufe vorantreiben.

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Aber: Längst nicht nur hinter vorgehaltener Hand wird darüber spekuliert, dass mit klaren Änderungen im Rat auch wieder Mehrheiten für eine Rückkehr des Ende März geschassten Vorstandsbosses Bernd Hoffmann geschaffen werden könnten. So soll Schaefer kürzlich auch darüber nachgedacht haben, Hoffmanns frühere HSV-Vorstandskollegin Katja Kraus für den Rat vorzuschlagen. Ein weiteres Gerücht: Der möglichst fast komplett neugebildete Rat sollte als eine der ersten Amtshandlungen HSV-Finanzvorstand Frank Wettstein entlassen.

Dem HSV steht ein vereinspolitisch wegweisender Tag bevor

Für diejenigen, die den HSV zurzeit auf dem richtigen Weg wähnen, ein Horror-Szenario. Wie aber geht es weiter? Das Präsidium muss innerhalb von drei Wochen eine digitale Mitgliederversammlung organisieren,  die innerhalb weiterer drei Wochen stattfinden muss. Eine technisch äußerst anspruchsvolle Herausforderung.

Denkbar, dass in der Zwischenzeit dann auch ein Abwahlantrag eines Mitglieds gegen Jansen einschwebt. Dann ginge  es, wie in früheren HSV-Zeiten so oft, darum, welches Lager die größere Anzahl an Mitgliedern für die Abstimmungen mobilisiert. Zweidrittel-Mehrheiten wären nötig. Wer den HSV kennt, der weiß: An diesem Tag, der für die Zukunft und Ausrichtung des Vereins mitentscheidend sein wird, wäre dann alles möglich – und nichts auszuschließen.

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