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Die 15-Jährige Kamila Valieva wurde nach ihrem Doping-Skandal bei den Olympischen Spielen bloßgestellt
  • Die 15-Jährige Kamila Valieva wurde nach ihrem Doping-Skandal bei den Olympischen Spielen öffentlich bloßgestellt.
  • Foto: imago/ZUMA Wire

Nach Olympia-Skandal um Russin (15): Mindestalter nur „Augenwischerei“?

Die Zeit der Ausbeutung von eislaufenden Wunderkindern wie Kamila Valieva soll vorbei sein – durch eine laut Weltverbands-Präsident Jan Dijkema „historische Entscheidung“. Das Mindestalter wird schrittweise von 15 auf 17 Jahre erhöht, das gab die Internationale Eislauf-Union im Rahmen ihrer Tagung in Phuket/Thailand am Montag bekannt.

Niemand Geringeres als die große Katarina Witt hatte während der Olympischen Winterspiele in Peking als TV-Expertin mit der Russin gelitten, geweint und ein Umdenken gefordert: Diese jungen Sportlerinnen, die von einer Trainerin wie der eiskalten Eteri Tutberidze zu Höchstleistungen gedrillt und womöglich auch gedopt werden, müssten geschützt werden. „Ich hätte sie aus dem Fegefeuer herausgeholt und ins Flugzeug nach Hause gesetzt“, sagte Witt damals.

Die 15-Jährige Valieva wurde nach einem positiven Doping-Test öffentlich bloß gestellt

Valieva war in Peking 15 Jahre alt und hatte sich mit Vierfachsprüngen in Serie in die Rolle der Top-Favoritin auf Gold katapultiert – bis ein positiver Dopingtest den schönen Schein enttarnte. Die Welt sah zu, wie Valieva in der Kür stürzte und weinend vom Eis lief, wie Trainerin Tutberidse sie dafür mit einem Blick der Verachtung und beißenden Worten strafte. Das soll sich nicht mehr wiederholen, entschied der Weltverband am Dienstag in Phuket.

Witt begrüßte die Anhebung des Mindestalters auf 17 Jahre. „Glückwunsch zu dieser historischen Entscheidung“, sagte die zweimalige Eiskunstlauf-Olympiasiegerin: „Mit der Anhebung des Mindestalters auf 17 Jahre geht die ISU einen richtigen, zeitgemäßen Weg und schützt vorrangig die Athletinnen vor ihren teilweise überehrgeizigen Verantwortlichen. Sie werden somit gezwungen, viel umsichtiger mit den jungen Sportlerkarrieren umzugehen.“

Katarina Witt litt mit 15-Jähriger und begrüßt Anhebung des Alters

Mit immer jüngeren Jahren würden „immer schwierigere Höchstleistungen von den Sportlern eingefordert, die langfristig gesehen nicht in ihrem Sinne sind und ebenso nicht zum Vorteil für unsere Sportart“, sagte Witt.
Witt hofft durch die schrittweise Regeländerung bis zu den Winterspielen 2026 in Mailand und Cortina d’Ampezzo auf mehr Attraktivität für ihre Sportart. „So könnten wieder langjährige, spannende und faire Wettkämpfe entstehen und die Fans weltweit begeistern“, sagte die 56-Jährige.

100 Länder stimmten bei 16 Gegenstimmen und drei Enthaltungen für die Anhebung der Altersgrenze auf Spitzenniveau. Zunächst ab Sommer 2023 auf 16 Jahre, dann ab 2024 auf 17 Jahre. Die zweimalige Olympiasiegerin Witt, einst selbst ein Kinderstar, dürfte erleichtert sein. Die Frage, warum „15 und 16 Jahre alte russische Talente“ mit „faszinierenden Ausnahmeleistungen gewinnen und dann für immer die Eisbühne des Leistungssports verlassen“, beschäftigte sie.

Den Grund dafür brachten Experten und Ärzte noch in Peking ans Licht. Vor der Pubertät seien insbesondere Mädchen wie Valieva in der Lage, Drei- oder sogar Vierfachsprünge in Serie dank ihrer schmalen, leichten Körper aufs Eis zu zaubern.


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Der zweimalige Ex-Europameister Norbert Schramm bezeichnete die ISU-Entscheidung derweil als „Augenwischerei“. Sie sei „ein erster Schritt“, sagte der frühere Vize-Weltmeister, „aber ich glaube kaum, dass es etwas Positives für den Sport bewirken kann. Es reicht einfach nicht aus. 17-Jährige haben im Profisport nichts verloren.“ Er würde sich „eine Anhebung des Mindestalters auf mindestens 18, besser noch auf 21 wünschen“.

Ex-Europameister Norbert Schramm fordert eine Anhebung auf 18 oder sogar 21 Jahre

Die Internationale Eislauf-Union hatte das Thema schon vor dem Skandal von Peking im Blick, doch erst der öffentliche Druck führte zu einer Entscheidung. „Die Stunde der Wahrheit ist heute“, rief Generaldirektor Fredi Schmid den Delegierten vor der Abstimmung zu, „denn die Glaubwürdigkeit der ISU wird auf den Prüfstand gestellt. Die Medien und die Öffentlichkeit werden uns sehr genau beobachten. Vergesst das nicht!“

Die medizinische Kommission des Weltverbandes lieferte wichtigere Argumente. Heranwachsende Sportlerinnen und Sportler, die durch stundenlanges Training zu Höchstleistungen gepusht werden, seien einem „höheren Verletzungsrisiko ausgesetzt“, heißt es in einem Bericht. Weitere schwerwiegende Folgen könnten Essstörungen und eine verzögerte Pubertät sein.

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Die Kinder „haben das Recht, sich in ihrer Jugend zu entwickeln“, sagte Dr. Jane Moran, Mitglied der medizinischen Kommission: „Sie brauchen uns nicht, um zum Wettkampf gezwungen zu werden.“ Die Zeit der Wunderkinder ist vorbei. (sid/pw)

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