Es geht auch ums Kiffen: Olympische Sportart vor der Zerreißprobe
Die Zuschauer staunten und jubelten, als Lilly Stoephasius bei den Olympischen Spielen in Tokio auf ihrem Skateboard durch die Luft wirbelte. In Japan hatte es der Straßen-Sport endlich auf die größte Bühne geschafft – doch diese zu betreten, lehnen viele andere Vollblutskater ab. Es widerspricht ihren Vorstellungen von der Skateboard-Kultur.
Skaten, das soll für sie vor allem Freiheit und Miteinander sein. Diese Werte rückten durch die Professionalisierung seit der Aufnahme ins olympische Programm in den Hintergrund. Die Profi-Skater müssen nach den Regeln des IOC und des Weltverbandes Worldskate spielen. Indirekter Teilnahmezwang an Wettbewerben, um keine Fördermittel zu verlieren, bloß keine olympiakritischen Äußerungen. Und Cannabis ist vor Wettkämpfen verboten. Ein Graus für viele Skater. Mit der geliebten Freiheit hat das wenig zu tun, der Großteil der Skater verzichtet daher gern darauf.
Der Sport hat sich seit den Spielen in Tokio 2021 verändert
Die vielen Veränderungen spalten die Szene. In Tokio 2021 wurde das Skateboardfahren wie auch Surfen oder Klettern vom IOC als Werkzeug für eine Verjüngung genutzt. Plötzlich waren die Fahrerinnen und Fahrer olympische Athleten. „Das hat schon etwas gemacht mit den Strukturen und dem Sport insgesamt“, sagt Hans-Jürgen Kuhn, Vorstand der Skateboard-Kommission im Deutschen Rollsport- und Inline-Verband (DRIV).

In das olympische System wurde der Sport regelrecht gepresst. Mit Funktionären an der Spitze von Worldskate, die die Kultur nicht leben. Der Verband ist, wie auch in Deutschland der DRIV, für alle Rollsportarten zuständig. Skaten ist durch Olympia jedoch die lukrativste von ihnen, die Events sind dank der Fördermittel plötzlich relevant und wertvoll.
Skate-Wettkämpfe in die Vereinigten Arabischen Emirate
Die Folge: Worldskate vergab für 2022 und 2023 Wettkämpfe in die Vereinigten Arabischen Emirate, die Weltmeisterschaften 2022 in den olympischen Disziplinen Park und Street sowie zwei Qualifikationsturniere für Paris. „Wir kennen nach wie vor nicht wirklich Gründe, wieso der Weltverband im Doppelpack gleich vier Wettbewerbe in die Emirate vergeben hat“, erklärte Kuhn: „Aber es liegt glaube ich auf der Hand, dass Geld eine große Rolle gespielt hat.“

Die Menschenrechtslage in den Emiraten, wo unter anderem Homosexualität illegal ist, werde von den jungen Athletinnen und Athleten „wahrgenommen und abgelehnt“, laut Kuhn überwiege jedoch auch „die Neugier auf die fremde Kultur“. Die wenigen Profis, die Gelder aus der Athletenförderung in Deutschland erhalten, sind faktisch zur Teilnahme an diesen Events gezwungen – Bedenken hin oder her.
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Einige vielversprechende Talente haben auf diese Form von Professionalität keine Lust, laut Kuhn gebe es in der Szene ein stillschweigendes Arrangement: „Die einen dürfen dem Hochleistungssport frönen, die anderen machen einfach Skateboarding im Alltag und leben eine andere Kultur, mit anderen Vorstellungen von diesem Sport.“ (sid/mg)
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