Enric Molina bei der Pressekonferenz am Rothenbaum

Der Spanier Enric Molina ist seit 2024 Turnierdirektor am Hamburger Rothenbaum. Foto: WITTERS

Dickes Fan-Plus, aber ein Problem – so geht es weiter mit dem Turnier am Rothenbaum

Neue Publikumslieblinge wie der Italiener Flavio Cobolli und der Nürnberger Justin Engel wurden geboren, eine Handvoll Stars sagte die Teilnahme kurzfristig ab und Alexander Zverev wurde die eigene Gesundheit zum Verhängnis. Entsprechend fiel das Fazit des spanischen Turnierdirektors der Bitpanda Hamburg Open gemischt aus – mit Tendenz zum Positiven allerdings.

Die Sonne kam heraus, als Enric Molina vor dem großen VIP-Bereich an der Hallerstraße auf die Turnierwoche zurückblickte. Und die hatte zumindest zu Beginn des traditionsreichsten deutschen Tennis-Turniers auch dabei geholfen, den Unmut darüber, dass mit Jannik Sinner, Lorenzo Musetti, Holger Rune, Tommy Paul und Stefanos Tsitsipas fünf Top-20-Spieler ihre Zusage zurückzogen, zu lindern. Er sei selbst überrascht darüber gewesen, wie viele Tennis-Fans am Eröffnungswochenende gekommen waren, erklärte Molina, der nach dem fast ausverkauften Finaltag (10.000 Zuschauer passen auf den Centre Court) verkünden konnte, dass insgesamt rund 80.000 Menschen an den Rothenbaum kamen, um Tennis zu schauen. Damit erreichte der Veranstalter Tennium, der das Event im Vorjahr erstmals ausgerichtet hatte, die Vorjahreszahl, obwohl es nur acht statt neun Turniertage waren. „Daher ist das für uns ein Plus von 15 Prozent“, rechnete Molina vor.

Molina über Absagen: „Waren darüber sehr unglücklich“

Das Erlebnis für die Zuschauer sei verbessert worden. So habe man mit den Einlass-Scannern dafür gesorgt, die Wartezeiten vor dem Gang auf die Anlage zu verkürzen. Auch ein neues Zelt über der Fanzone habe zur Zufriedenheit der Gäste und Sponsoren (neben Titelsponsor Bitpanda gibt es 13 weitere Partner) beigetragen, wenngleich der frühere Stuhl-Schiedsrichter Molina andeutete, dass man für das kommende Jahr noch an einer größeren Lösung arbeite, um weitere Bereiche vor Niederschlägen zu schützen.

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Zugleich sei die hohe Anzahl an Absagen der Top-Spieler „herausfordernd“ gewesen, gab Molina zu. „Wir waren darüber sehr unglücklich.“ Drei der fünf Top-Spieler (Sinner, Musetti, Paul) hatten abgesagt, weil sie beim Masters-Turnier in Rom das Halbfinale erreicht hatten und Kräfte schonen wollten vor den an diesem Sonntag beginnenden French Open in Paris. Letzteres galt auch für Rune und Tsitsipas. Der Termin direkt vor dem Grand-Slam-Turnier, er ist ein Problem, aber „es gibt keine perfekte Woche“ für alle Turniere, die keinen Grand-Slam- oder Masters-Status genießen, merkte Molina an. Und der Termin sei immer noch besser als der vorherige, im Juli gelegene.

Molina: „Glaube nicht an ein Glaubwürdigkeitsproblem“

Dass man mit Blick auf die drei kommenden Jahre, in denen Tennium die Ausrichter-Lizenz hält, auf ein Glaubwürdigkeitsproblem zusteuern könnte, weil die Zuschauer eben nicht wüssten, ob die Top-Spieler, mit denen das Turnier wirbt, auch wirklich am Rothenbaum aufschlagen, glaubt Molina nicht, wie er auf MOPO-Nachfrage erklärte: „Die Fans hier sind super loyal und total enthusiastisch. Schauen Sie, gestern hat hier nicht die Nummer eins der Welt im Halbfinale gespielt, aber wir hatten fast ein ausverkauftes Haus und die Fans haben mit ihrer Fachkenntnis unterstrichen, dass sie die Leistungen der Spieler wirklich wertschätzen. Also, nein, ich glaube nicht, dass es ein solches Glaubwürdigkeitsproblem geben wird.“

Wichtig für das Turnier war die Aufsteiger-Geschichte des 17-jährigen Justin Engel, der zum Auftakt überraschend Jan-Lennard Struff ausgeschaltet und auch danach gegen den russischen Top-Star Andrey Rublev, der am Samstag (ab 14.30 Uhr/live bei DF1 und Sky) das Finale gegen den italienischen Frauenschwarm Cobolli bestreitet, überzeugt hatte. Noch wichtiger war, dass Alexander Zverev kurzfristig zusagte, wenngleich der Lokalmatador von einer Erkrankung im Achtelfinale gestoppt worden war.

Legenden um Stich und Becker kamen an den Rothenbaum

Die Bedeutung des Turniers zeigte sich auch daran, dass fast alle deutschen Legenden beim Turnier vorbeischauten. Boris Becker, Michael Stich, Patrik Kühnen, Carl-Uwe Steeb, Tommy Haas und am Samstag dann auch Nicolas Kiefer kamen an den Rothenbaum. „Das hier ist die Heimat des deutschen Tennis“, unterstrich Molina.

Becker hatte bei seinem Besuch am Mittwoch bemängelt, dass es der jungen, deutschen Generation an der Bereitschaft fehle, sich zu quälen. Die Gen Z sehne sich nach Wohlfühloasen, die es auf dem Tennisplatz aber nicht gebe. Dort müsse man sich quälen.

DTB-Boss von Arnim spricht über Kritik von Boris Becker

Dietloff von Arnim, Präsident des Deutschen Tennis (DTB), wollte diesen Ball nur so halb aufnehmen. Schuld sei eher die Entwicklung in der gesamten deutschen Gesellschaft, „Wir müssen uns in Deutschland generell hinterfragen, wie wir den Leistungssport unterstützen“, sagte er. Bei Bundesjugendspielen „Sieger- und Ehrenurkunden abzuschaffen, diesen Ansatz verstehe ich überhaupt nicht“. Man müsse sich mit dem Thema Leistungssport-Unterstützung „entweder anfreunden oder wir müssen es sein lassen“, sagte er.

„Die Jugendlichen brennen für diese Sportart und wir müssen alles dafür tun, sie auf ihrem Weg zu unterstützen.“ Der DTB habe daher mittlerweile zahlreiche frühere Topspieler für sich verpflichtet, die dabei helfen können (u.a. Andrea Petkovic und Philipp Petzschner). Im nächsten Schritt gehe es nun darum, „die Turnierlandschaft in Deutschland nicht nur zu erhalten, sondern auszubauen“.

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Kritik gab es in Hamburg an den hohen Ticketpreisen. Karten für den finalen Samstag kosteten 114 bis 727 Euro. Auch an den vorherigen Tagen musste man schon einen recht gut gefüllten Geldbeutel haben, um sich das Erlebnis Rothenbaum leisten zu können. Tennium hat in Hamburg ein dynamisches Preissystem eingeführt. Das heißt, dass die Preise bei großer Nachfrage steigen und bei niedriger sinken. Damit würde man auch den Schwarzmarkt schwächen, verteidigte Molina das Modell und machte zugleich Werbung dafür, sich schnell Karten zu sichern. Für das kommende Jahr, in dem das Turnier vom 16. bis 23. Mai ausgetragen wird, gebe es bereits jetzt Karten, die schon für 24 Euro zu haben seien.

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