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  • 2018 gewann Sebastian Formella (r.) gegen Angelo Frank die WBO-Europameisterschaft
  • Foto: imago/Mausolf

„Hafen-Basti“ boxt in London: Ein Hamburger kämpft um seine große Chance

Aus dem Hamburger Hafen zum Stammgast auf der internationalen Box-Bühne. Zum zweiten Mal innerhalb von vier Monaten bestreitet Sebastian Formella einen großen Kampf im Ausland. Nach Amerika ist nun England dran.

Am Samstag boxt „Hafen-Basti“ in der Wembley Arena gegen den britischen Hoffnungsträger Conor Benn. Eine große Chance für Formella, der in den letzten Tagen schon einen quälend langen und einsamen Kampf hinter sich gebracht hat. 

Drei Tage war der 33-Jährige in seinem Hotel-Zimmer gefangen. Ein zunächst positiver Corona-Test bei einem Mitglied seines Teams am vergangenen Samstag nach der Ankunft in der englischen Metropole hatte eine Quarantäne aller Personen der Hamburger Delegation nötig gemacht. Eine Art Einzelhaft für „Hafen-Basti“. 

Corona in der Delegation: Formella musste in Quarantäne

„Das war für jemanden wie mich, der immer Hummeln im Hintern hat, echt die Hölle“, berichtet der rastlose Blondschopf mit dem großen Bewegungsdrang. Eine mentale Zerreißprobe. Formellas Nerven hielten ihr stand. „Die drei Tage waren für mich anstrengender als alle Vorbereitungen aller meiner Kämpfe zusammen!“

An das in der letzten Woche vor einem Kampf übliche Training mit Coach Mark Haupt war in den drei einsamen Tagen nicht zu denken. Formella musste sich mit Seilspringen und Schattenboxen fit halten, trug bei zum Anschlag aufgedrehter Heizung seinen „Schwitzanzug“ aus Nylon, um das geforderte Kampfgewicht (66,7 Kilo) zu erreichen – auf wenigen Quadratmetern.

Formella hielt sich im Hotelzimmer mit Seilspringen und Schattenboxen fit 

Erst nach weiteren Tests, die allesamt negativ waren, und fast 70 Stunden Isolation durften Formella und Co. ihre Einzelzimmer verlassen. Immerhin wohnen sie im noblen Hilton Hotel.

Formella vor Karre

In London will Sebastian Formella nicht so alt aussehen wie der Austin Healey hinter ihm

Foto:

imago images/Torsten Helmke

Die Vorfreude auf den Kampf, der live bei DAZN übertragen wird (ab 20 Uhr, inklusive Vorkämpfe), hat der widrige Start in die „Operation London“ Formella nicht nehmen können. „Ich freue mich wahnsinnig darauf, jetzt in England boxen zu können, dem zweiten wichtigen Box-Markt neben den USA.“

Formella boxt in London gegen den Sohn einer Legende

Sein Gegner ist der Sohn der englischen Box-Legende Nigel Benn. Der 24-Jährige mit dem muskulösen und komplett tätowierten Oberkörper sowie einer makellosen Kampfbilanz (16 Siege, 11 Knockouts) will in die großen Fußstapfen seines Vater treten und Weltmeister werden. Ein Sieg über den Deutschen soll ihn in Reichweite eines WM-Kampfs bringen. 

Formella (23 Kämpfe, 22 Siege, 10 durch K. o.), der in seinem zweiten Beruf im Hamburger Hafen eine Container-Brücke steuert, will diesen Plan durchkreuzen und sich seinerseits mit einem Sieg für eine große WM in Stellung bringen und sich international etablieren. 

Formella Jana Luisa Weymann Landungsbrücken

Auch mal entspannt am Hafen: Sebastian Formella mit Freundin Jana-Luisa Weymann an den Landungsbrücken

Foto:

imago images/Ed Gar

„Das ist ein wahnsinnig wichtiger Kampf für mich“, weiß der Hamburger Jung. Er fühlt sich besser gerüstet denn je, hat nach seiner respektablen Punktniederlage gegen Ex-Weltmeister Shawn Porter im August in Los Angeles extrem an Physis und Schlaghärte gearbeitet. Die wird er brauchen. Es ist traditionell schwer, im Ausland nach Punkten zu gewinnen. Die Buchmacher favorisieren Benn. Formella ist das schnuppe. „Ich sehe die Chancen bei 50:50, bin aber gerne der Underdog.“ 

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Dass bei dem „Geister-Kampf“ keine Zuschauer in der Halle neben dem Wembley-Stadion zugelassen sind, sieht Formella mit gemischten Gefühlen. „Einerseits hätte ich gerne vor den verrückten englischen Box-Fans gekämpft“, sagt er bedauernd. „Andererseits hat Benn kein Publikum im Rücken. Gut für mich.“ Ein Puzzleteil. Für einen Sieg muss Formella einmal mehr über sich hinauswachsen. Nach seiner „Einzelhaft“ kann er es gar nicht erwarten, im Ring zu explodieren.

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