Merlin Polzin beim Training
  • Merlin Polzin gibt jetzt beim HSV die Richtung vor.
  • Foto: WITTERS

HSV-Anführer schätzt Trainer Polzin: „Schön, dass er die Chance kriegt“

Die Vorfreude auf das, was am Samstag kommen soll, ist ihm anzumerken. Neun Wochen nach seinem erneuten Ausfall steht Sebastian Schonlau vor seinem Comeback, in Rostock dürfte der HSV-Kapitän erstmals in diesem Jahr zumindest in den Kader rutschen. Ein Grund zur Freude, der die trüben Gedanken der vergangenen Tage ein wenig vertreibt. Denn Schonlau macht keinen Hehl daraus, dass ihm der Abschied von Tim Walter auch persönlich nahe ging.

Er war einer der ersten, der sich nach dem Rauswurf bei Walter meldete. Schonlau und sein Trainer gingen zweieinhalb Jahre lang im Volkspark durch dick und dünn. Walter war es, der den Abwehrmann zum Kapitän und zu seinem verlängerten Arm auf dem Platz machte. „Natürlich ist es ein Stück weit enttäuschend“, sagt Schonlau über das Aus seines Mentors beim HSV, das am vergangenen Sonntagabend vollzogen wurde. „Ich persönlich fühle mich da definitiv auch verantwortlich.“

Schonlau hatte enges Verhältnis zu Trainer Walter

Walter ist weg – und dennoch weiterhin sehr präsent im Volkspark. Dass dies kein normaler Trainerwechsel war, wird aus fast jedem von Schonlaus Worten deutlich. „Ich habe mich immer gut verstanden mit Tim und ich bin ihm für vieles dankbar“, erklärt der Kapitän und blickt auf seine Anfangszeit zurück, als er im Sommer 2021 – zeitgleich mit Walter – aus Paderborn kam.

Sebastian Schonlau war unter Trainer Tim Walter HSV-Kapitän. WITTERS
Schonlau im Gespräch mit Walter
Sebastian Schonlau war unter Trainer Tim Walter HSV-Kapitän.

„Bei meinem Start in Hamburg hat er mir extrem geholfen, sowohl persönlich als auch sportlich. Ich bin da bei weitem kein Einzelfall.“ Und weiter: „Wir haben eine sehr gute Entwicklung durchgemacht unter ihm, hatten in meinen Augen auch eine erfolgreiche Zeit, auch wenn es für den ganz großen Sprung am Ende des Tages leider nicht gereicht hat.“

An dem feilt der HSV nun weiterhin. Der Aufstieg bleibt das erklärte Ziel. Ohne Walter, dafür mit Merlin Polzin (32). Der Ex-Assistent ist jetzt der neue Chef. Mit der klaren Aussicht, dies auch zu bleiben, sollte er es schaffen, die unter Walter nie wirklich behobenen Defensivschwächen auszumerzen.

„Der Fokus wird gerade deutlich mehr auf die Defensive gelegt“

Wo Polzin im Zusammenspiel mit Loic Favé (31) ansetzen will, wurde am Mittwoch einmal mehr deutlich. Rund 100 Minuten lang ließ der neue Coach vormittags intensiv trainieren, Elf gegen Elf zwar, allerdings ohne Tore. Ballsicherheit und -eroberung standen im Mittelpunkt. „Der Fokus wird gerade deutlich mehr auf die Defensive gelegt“, berichtet Schonlau. „Unsere Trainer wollen, dass wir mit einem guten Gefühl nach Rostock fahren und dort eine größere defensive Stabilität ausstrahlen.“ Der Kapitän verspricht aber auch, dass die unter Walter entwickelte HSV-DNA erhalten bleibt: „Unser Fußball bleibt unser Fußball. Merlin ist komplett überzeugt von unserer Idee, aber wir passen Dinge an.“

Gelingt es dem neuen Chef, die Schwächen der HSV-Defensive (schon 31 Gegentore in 21 Spielen) endlich in den Griff zu bekommen? Darin liegt der Schlüssel zum Aufstieg, das weiß auch Schonlau, der seinem neuen Trainer die Fähigkeit attestiert, es schaffen zu können: „Er ist ein sehr guter Trainer in meinen Augen, hat unfassbar viel Ahnung und ist mit einem unglaublichen Engagement dabei. Ich finde es schön, dass er die Chance kriegt.“

Schonlau hält viel von Polzin

In der Ansprache habe sich nach Polzins Beförderung freilich nichts geändert, „wir müssen ihn jetzt auch nicht mit ,Trainer‘ anreden“, sagt der Käpt‘n schmunzelnd. „Er weiß selbst, dass das ein bisschen komisch wäre. Merlin ist nur drei, vier Jahre älter als ich, aber unfassbar reif, das haben wir die ganze Zeit schon gemerkt in den letzten Jahren.“

Polzin, der im Team „Merle“ gerufen wird, bleibt Polzin. Und Schonlau sein verlängerter Arm, wie zuvor unter Walter. Nach überstandenen Wadenproblemen geht der 29-Jährige fest davon aus, in Rostock im Kader stehen zu können. „Ich habe Vertrauen in meinen Körper“, stellt er fest, die Wade schmerze nicht mehr, alles prima so weit. „Das ist ein gutes Gefühl und gibt mir Sicherheit. Dadurch, dass ich auch nach dem Training zurzeit nichts merke, bin ich im Moment optimistisch und sehr glücklich.“

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Überstürzen wollen sie beim HSV dennoch nichts. Zu groß wäre die Befürchtung, dass Schonlau zu früh verheizt werden und dann abermals ausfallen könnte. Deshalb ist es auch offen, ob er am Samstag direkt beginnen wird.

HSV-Kapitän will in Rostock dabei sein

Doch ob mit oder ohne Schonlau in der Startelf – der Kapitän hat klare Vorstellungen von dem, was in den kommenden Wochen mit dem HSV passieren soll. Siege sollen her, „wir haben ein bisschen was gutzumachen“, sagt er und denkt dabei auch an Walter und dessen Entlassung. „So brutal es sich anhört, aber das Geschäft geht weiter. Bei aller Trauer müssen wir uns auf Rostock vorbereiten und professionell sein.“

Damit unter Polzin nicht gleich wieder das alte Lied im Volkspark angestimmt werden muss, sondern der süße Sound des Aufstiegs wieder etwas klarer zu vernehmen ist.

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