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Robert Glatzel im Duell mit Sebastian Griesbeck
  • Im Hinspiel verlor der HSV mit Robert Glatzel (r./im Duell mit Sebastian Griesbeck) 0:1 in Fürth.
  • Foto: WITTERS

HSV-Schreck Fürth im Volkspark – bitte keine Wiederholung!

Als der HSV und der kommende Gegner Fürth (Samstag, 20.30 Uhr, Liveticker auf MOPO.de) zum ersten Mal in einem Pflichtspiel aufeinandertrafen, waren die Hamburger Deutscher Meister und die Franken auf dem Weg dahin. Nach dem Premieren-Duell am 30. Juni 1929 gab es beim HSV lange Gesichter. Dabei war die Zuversicht vor dem Viertelfinale um die deutsche Meisterschaft durchaus groß.

„Keine süddeutsche Elf begibt sich gern in die Nähe des Ha-Es-Vau, sobald es sich um die deutsche Meisterschaft handelt“, berichtete „Turnen, Spiel und Sport“ in seiner Vorschau: „Zu oft hat der Löwe vom Rothenbaum eklig zugebissen. Der HSV beißt, wenn man ihm den Finger in den Mund hält.“

Volkspark: HSV spielte 1929 gegen Fürth vor 25.000 Fans

Als der Mönchengladbacher Schiedsrichter Fissenewerth am Sonntag um 16 Uhr im Altonaer Volksparkstadion anpfeift, muss der HSV zunächst gegen die pralle Sonne spielen. Vor 25.000 Zuschauern macht die Mannschaft ihrem Spitznamen „Rothosen“ dabei keine Ehre. Die HSV-Kicker tragen ein blauseidenes Hemd, eine weiße Hose und schwarze Strümpfe dazu – die Vereinsfarben, in denen sie vor Jahresfrist Bayern München 8:2 abgekanzelt hatten.

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Kleines Problem: Das Seidenhemd hat lange Ärmel, was das Hamburger Spiel in der Nachmittagshitze hemmt. Größeres Problem: Die Fürther sind die bessere Mannschaft, Mittelläufer Ludwig Leinberger leitet einen Angriff nach dem anderen ein. HSV-Verteidiger Ali Beier kratzt einen Schuss von Georg Frank von der Linie, Torwart Wilhelm Blunk rettet mit seinem Knie gegen den allein auf ihn zustürmenden Georg Kießling.

Damals spielten Karl Sveistrup und Otto Harder beim HSV

Bei den Hamburgern läuft wenig zusammen. Das Mittelfeld muss sich immer wieder nach hinten orientieren, bei eigenem Ballbesitz wird der Weg immer wieder durch die Mitte gesucht, anstatt das Spiel in die Breite zu ziehen. Stürmer Karl Sveistrup ist noch von einer Knöchelverletzung geplagt und Torjäger Otto „Tull“ Harder bei Hans Hagen meist in guten Händen – dabei hatte der HSV den Fürther Verteidiger eigentlich als gegnerische Schwachstelle ausgemacht. Ganze drei Schüsse bringt „Tull“ während der 90 Minuten auf den Kasten der Kleeblättler.

Während seiner Karriere beim HSV schoss Otto „Tull“ Harder von 1919 bis 1931 unglaubliche 387 Tore. WITTERS
HSV-Legende Otto Harder
Während seiner Karriere beim HSV schoss Otto „Tull“ Harder von 1919 bis 1931 unglaubliche 387 Tore.

In der 25. Minute passiert es: Über Leinberger und Kießling gelingt das Leder zu Frank, der HSV-Torwart Blunk umkurvt und zum 0:1 trifft. Eine Saison, die turbulent begonnen hat, droht vorzeitig und ernüchternd zu enden.

Im Juli 1928 hatte der HSV durch ein 5:2 gegen Hertha BSC seine zweite deutsche Meisterschaft nach 1923 gewonnen. Die Sommerpause war denkbar kurz: Schon eine Woche nach dem Endspielsieg gegen die Berliner musste der Rautenklub wieder ran. Barmbek-Uhlenhorst machte zum Auftakt der Hamburger Punktrunde seine Aufwartung am Rothenbaum.

HSV kündigte 1928 den Rückzug aus Liga-Spielbetrieb an

Nichts gegen Barmbek-Uhlenhorst, das sich bei der 2:6-Niederlage wacker schlug – aber der HSV hatte längst genug davon, im lokalen Ligabetrieb gegen oft nicht konkurrenzfähige Gegner wie Sperber, Unitas 02 oder den Wandsbeker FC anzutreten, die wenig Publikum anzogen. Und so konnte es nicht verwundern, dass der HSV im August 1928 zu den treibenden Kräften einer „Brüderschaft“ gehörte, die ihren Rückzug aus dem Liga-Spielbetrieb ankündigte.

Neben dem amtierenden Deutschen Meister gehörten acht Vereine aus Hamburg und Altona sowie Holstein Kiel zu den Rebellen, die bald eine privat organisierte „Runde der Zehn“ ausspielten. Ähnlichkeiten mit zeitgenössischeren Super-League-Plänen sind natürlich rein zufällig.

Als der HSV die norddeutsche Meisterschaft gewann

Die Nachricht war ein Paukenschlag. Eine eigene Liga der Spitzenklubs? „Der wahre Grund ist die Hoffnung auf bessere Einnahmen“, vermutete „Turnen, Spiel und Sport“ und geißelte die „elende Sonderwurstelei“ der großen Vereine: „Sobald Klasseneinteilung nach wirtschaftlichen Erwägungen gemacht werden, ist es aus mit wirklichem Sport.“

Nach langem Hin und Her wurde die „Revolution“ abgeblasen. Der norddeutsche Verband versprach eine Ligenreform (die recht gemäßigt ausfiel), die Vereine kehrten dafür zur Rückrunde in den Schoß des Verbands zurück. Eilig wurde eine norddeutsche Meisterschaft angesetzt, die der HSV gewann – ebenso wie zuvor die berüchtigte „Runde der Zehn“ und danach das Erstrunden-Spiel um die deutsche Meisterschaft beim Meidericher SV (3:2).

Der ehemalige HSV-Stürmer Franz Horn (M./hier im Jahr 1932) stand auch bei der Niederlage gegen Fürth auf dem Platz. WITTERS
HSV und Franz Horn im Jahr 1932
Der ehemalige HSV-Stürmer Franz Horn (M./hier im Jahr 1932) stand auch bei der Niederlage gegen Fürth auf dem Platz.

Fürth ist am 30. Juni 1929 ein anderer Gegner – muss jedoch in der zweiten Hälfte gegen die Sonne spielen. Eine Chance für den HSV? Mitnichten: Gerade zwei Minuten sind gespielt, da lässt „Fiete“ Blunk einen Schuss von Karl Rupprecht nach vorne prallen, den Rupprecht selbst zum 0:2 abstaubt. Die ersten Zuschauer verlassen schon das 1925 eingeweihte Volksparkstadion, um im nahegelegenen Schwimmstadion ein Wasserball-Spiel zwischen Ottensen und Bremen zu verfolgen. Auf der Horner Rennbahn reitet Ernst-Florian Grabsch auf „Graf Isolani“ derweil zu seinem ersten von vier Derbysiegen.

HSV-Pleite gegen Fürth als Ende der goldenen Zwanziger

Angetrieben von Mittelläufer Assi Halvorsen rennt der HSV nun verzweifelt an, holt Ecke um Ecke heraus, bringt das Fürther Tor aber kaum in Gefahr. Selbst Franz Horn, der in den vergangenen zwölf Pflichtspielen immer getroffen hat, sieht keinen Stich. Dann ist Tull Harder plötzlich doch einmal durch – aber Hans Neger wehrt seinen Schuss ab zur nächsten Ecke, die nichts einbringt. Einen Schuss von Walter Kolzen lenkt der Kleeblatt-Keeper noch an die Latte, dann ist Schluss. Der HSV ist raus aus dem Kampf um die Siegestrophäe „Viktoria“.

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Es ist das Ende der goldenen Zwanziger für die Hamburger. Im nächsten Jahr verpasst der Klub sogar die Endrunde um die „Viktoria“, erst 1960 erringt der HSV in der Ära Uwe Seeler seinen dritten deutschen Meistertitel. Die Fürther sind – wie am 30. Juni 1929 – etwas schneller und feiern nur vier Wochen nach dem 2:0 im Volkspark ihre dritte (und bis heute letzte) deutsche Meisterschaft nach 1914 und 1926. HSV-Schreck Rupprecht erzielt das entscheidende Tor zum 3:2-Finalsieg gegen Hertha BSC.

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