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  • Tim Leibold spielt seit 2019 beim HSV und war in der abgelaufenen Saison Mannschaftskapitän.
  • Foto: imago images/Zink

HSV-Kapitän spricht Klartext: „Wir waren nicht immer ehrlich zueinander“

Auch im dritten Jahr in Folge hat der HSV den Aufstieg in die Bundesliga auf der Zielgeraden verspielt. Was ist das Problem in Hamburg? Was muss sich nächste Saison ändern? Die HSV-Profis haben bislang geschwiegen. Die MOPO sprach exklusiv mit Kapitän Tim Leibold über das erneute Scheitern und die Gründe. Für die neue Spielzeit hat er eine klare Botschaft.

MOPO: Herr Leibold, trotz der großen Enttäuschung, dass der Aufstieg erneut verpasst wurde: Wie wichtig war das Spiel und der Sieg gegen Braunschweig zum Abschluss? 

Leibold: Wir freuen uns natürlich über den Sieg. Wir wollten die Saison anständig zu Ende bringen. Vor allem die jungen Spieler haben es richtig gut gemacht. Letztlich war es aber wie so oft in der Saison. Wir haben wieder ein ganz anderes Gesicht gezeigt als zuletzt noch in Osnabrück. Ich bin ehrlich, auch wenn wir jetzt gegen Braunschweig gewonnen haben, ist die Enttäuschung riesengroß. Sie ist noch viel größer als letzte Saison. Es fühlt sich echt, sorry für den Ausdruck, richtig scheiße an.

Tim Leibold: „Haben den Aufstieg nicht verdient“

Tut es weh, wenn man jetzt die Mannschaften in Bochum und Fürth jubeln sieht?

Ja, weil wir es vielleicht noch mehr als letzte Saison selbst in der Hand hatten. Wenn wir die Qualität, die wir zum Beispiel gegen Braunschweig auf den Platz gebracht haben, konstanter in der Saison gezeigt hätten, gerade gegen die Teams aus dem unteren Drittel, wären wir am Ende mit Sicherheit auch oben gelandet. Bochum und Fürth haben es sich verdient, wir haben es über die ganze Saison gesehen einfach nicht. So knallhart muss man sein.

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Dabei war der HSV mal wieder lange Zeit auf dem richtigen Weg. Gerade in der Hinrunde waren vielen Auftritte überzeugend. Die Mannschaft wirkte stabil. Wann ist man von diesem Weg abgekommen?

Wenn man die kompletten 34 Spieltage nimmt, waren wir zu instabil. Das gilt vor allem für die Defensivarbeit. Wir haben einige richtig gute Spiele gemacht, aber einige waren eben auch nicht ausreichend. Und das geht so nicht. Im Endeffekt müssen wir ehrlich zu uns sein. Wir haben die Qualität, die im Kader steckt, zu selten auf den Platz gebracht.

Haben Sie eine Erklärung dafür?

Zuallererst muss sich jetzt jeder selbst hinterfragen, was hätte er anders und besser machen können. Ich glaube, da gibt es nicht den einen Grund. Es waren viele kleine Facetten. Wenn es manchmal fünf, sechs Spieler sind, die es nicht schaffen, ihre Leistung konstant auf den Platz zu bringen, dann ist es schwer, Spiele zu gewinnen. Das Zusammenspiel zwischen Trainer und Mannschaft zu perfektionieren und die taktischen Ideen umzusetzen, das haben wir über die gesamte Saison gesehen, leider einfach nicht konstant geschafft. Der Trainer hat sich immer viele Gedanken gemacht und hat wahrscheinlich auch noch akribischer als einige Spieler gearbeitet. Wir haben versucht, die Vorgaben umzusetzen, das hat aber nicht immer geklappt. Ein Problem war möglicherweise auch, dass sich über die ganze Saison nie so richtig eine Achse bilden konnte, die in den negativen Phasen, den Rest der Mannschaft trägt. Zu viele Spieler haben nicht konstant Leistung gebracht, hatten mit Verletzungen zu kämpfen oder wurden durch System-Umstellungen wieder rausrotiert.

HSV-Kapitän Leibold: „Waren nicht immer ehrlich zueinander“

Horst Hrubesch hat zuletzt gesagt, dass die Kommunikation ein wichtiger Punkt sei und man ruhig auch mal böse im Umgang untereinander sein dürfe. Stimmen Sie dem zu?

Vielleicht waren wir in der Kommunikation nicht immer ehrlich zueinander und haben unsere Meinung nicht klar genug geäußert, weil man gedacht hat, das wird schon irgendwie werden. Vielleicht wollte man zudem nicht öffentlich draufhauen, weil es möglicherweise einen falschen Eindruck erzeugt hätte. Der Trainer hat über lange Zeit versucht, die bestmögliche Arbeit abzuliefern. Das Gleiche gilt für die Spieler. Ich denke, es gab in der Saison Momente, in denen hätte man intern auch mal kritischer miteinander umgehen müssen. Wir haben in der Mannschaft bereits schon besprochen, dass wir das nächste Saison auf jeden Fall mal anders angehen sollten.

Es muss also am Umgang miteinander gearbeitet werden?

Ja. Und das gilt für den ganzen Verein. Es ist wichtig für uns als Mannschaft, die Trainer und alle, die beim HSV arbeiten, dass man Dinge noch kritischer hinterfragt und die Mannschaft häufiger in die Pflicht nimmt. Man sollte das Team nicht immer schützen. Der Druck ist beim HSV da – von Spieltag eins an. Da muss man sich nichts vormachen. Vielleicht wird er zum Ende der Saison noch mal ein bisschen größer. Man muss sich von Saisonstart an bewusst sein, dass die Erwartungshaltung an den HSV groß ist und daran wird sich auch nichts ändern.

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Sie wurden im vergangenen Sommer zum neuen HSV-Kapitän ernannt und haben damit mehr Verantwortung übernommen. Sind Sie glücklich mit der Rolle?

Ich erfülle die Aufgabe mit Stolz und großer Freude. Es macht Spaß, Kapitän des HSV zu sein. Ich habe das gerne gemacht und kann mir gut vorstellen, es weiterzumachen. Aber auch ich muss mich natürlich kritisch hinterfragen. Ich habe auch meine Fehler gemacht und meine Leistung nicht immer gebracht. Ich werde selbst mit mir hart ins Gericht gehen und gucken, was ich verbessern muss.

Tim Leibold: „Müssen konstant unsere Leistung bringen“

Was sagen Sie den Kritikern, die jetzt erzählen, der HSV hat dreimal den Aufstieg verspielt, sie werden es nie schaffen?

Das hat sich in den letzten Jahren einfach so aufgebaut. Wir können in der nächsten Saison in der Hinrunde 45 Punkte holen, wenn wir dann die ersten beiden Spiele der Rückrunde verlieren, wird es das Thema wieder geben. Das ist letztlich auch nur menschlich. Egal, was von außen alles kommt, wir haben es selbst in der Hand und müssen immer in unserem Einflussbereich bleiben. Das wird sich auch in der nächsten Saison nicht ändern. Es liegt an uns. Wir müssen konstant unsere Leistung bringen, uns stetig weiterentwickeln und als Mannschaft einfach noch enger zusammenwachsen.

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Mit Bremen und Schalke gibt es zwei prominente Absteiger. Kann es ein Vorteil sein, dass der HSV in der nächsten Saison womöglich in der Zweiten Liga nicht mehr so für alle Gegner im Mittelpunkt stehen wird?

Das kann ein Vorteil sein, doch wir sollten immer auf uns schauen. Jetzt gibt es auf jeden Fall noch mal ein paar mehr größere Vereine, gegen die sich viele andere Mannschaften unbedingt zeigen wollen. Das kann für alle eine spannende Zweitliga-Saison mit vielen guten Spielen werden. Freuen kann ich mich im Moment allerdings noch nicht so richtig darauf, weil die Enttäuschung einfach noch zu sehr im Vordergrund steht. ​

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