Teutonia-Kapitän Marcus Coffie
  • Teutonia-Kapitän Marcus Coffie
  • Foto: IMAGO / Lobeca

Rassismus-Eklat: Gericht wertet Spiel gegen Ottensen! „Ein Schlag ins Gesicht“

Das Regionalliga-Spiel zwischen Teutonia Ottensen und dem Bremer SV ist am Sonntag kurz vor der Halbzeit abgebrochen worden. Weil Teutonias Marcus Coffie von einem Gegenspieler, der dies abstreitet, rassistisch beleidigt worden sein soll, gingen die Hamburger vom Platz. Das Schiedsrichter-Team hat keine Beleidigung wahrgenommen. Das NFV-Sportgericht entschied daher, das Spiel mit 0:5 gegen Ottensen zu werten. Teutonia ist empört.

Der Vorwurf Ottensens habe nach der Analyse des Sonderberichts des Schiedsrichters, der Stellungnahmen beider Vereine sowie der Sichtung von Videomaterial nicht abschließend geklärt werden können, hieß es in der Verbandsmitteilung.

Der Bremer SV bestreitet eine derartige Äußerung. Das Schiedsrichtergespann hatte keine der vorgeworfenen Äußerungen vernommen. Ottensen hatte am Samstag kurz vor der Halbzeitpause beim Stand von 2:1 für Ottensen das Spielfeld verlassen und sich geweigert, weiterzuspielen.

Teutonia 05 Ottensen reagiert empört

„Rassismus und Diskriminierung haben weder auf den Plätzen der Regionalliga Nord noch sonst irgendwo etwas zu suchen und werden vom Norddeutschen Fußball-Verband auf das Schärfste verurteilt. Die Ahndung und Bestrafung von derartigen Vergehen ist indes Sache der Schieds- und Sportgerichte“, hieß es in der Mitteilung.

Teutonia 05 reagierte empört, nannte das Urteil einen „Schlag ins Gesicht“: „Mit großem Unverständnis nehmen wir die Urteilsverkündung des Norddeutschen Fußballverbands zur Kenntnis. Dieses Urteil ist der Versuch einer Reduktion eines über die Grenzen des vergangenen Spieles hinausgehenden Problems auf die sportlichen Interessen des Bremer SV.

Teutonia hatte keinerlei sportliche Motive für den Abbruch dieses Spieles, im Gegenteil würde eine künstliche Erzeugung eines solchen Konfliktes vor dem Hintergrund des anstehenden Pokalfinales wohl kaum zu einer angemessenen, sportlichen Vorbereitung in unserem Interesse sein. Die Infragestellung, ob ein Vorfall dieser Art für ein Abbrechen des Spieles ausreichen könne, grenzt nicht nur an Ignoranz, sondern stellt alle bisher getätigten Schritte gegen den Rassismus in ein Licht, in dem diese aussehen wie Maßnahmen, die nur dann gern gesehen werden, wenn sie in die vorherrschenden Umstände von Vereinen oder Verband passen. Dass es sich bei dem Rassismus um ein Phänomen, um einen Angriff handelt, der Schmerzen in den betroffenen Personen erzeugt, die sich eben nicht auf solche, die den Körper betreffen, reduzieren lassen, ist längst bekannt.

Die Bedeutung dieser Entscheidung reicht deshalb weit über die Grenzen unseres Spieles gegen den Bremer SV hinaus. Es signalisiert an alle auf dem Fußballplatz mit rassistischen Beleidigungen konfrontierten Spielerinnen und Spieler, dass sich ihre Möglichkeiten mit dem Problem umzugehen auf die Sichtbarkeit des Geschehens für das Schiedsrichtergespann beschränken. Es wertet eine Aktion der Spieler, die eine Reaktion auf den Angriff auf ihre Persönlichkeit symbolisiert, nicht nur herab, sondern stellt sie unter das Licht der ,Wettbewerbsverzerrung‘.

Aufgrund all der benannten Faktoren ist die Entscheidung nicht nur ein Exempel dessen, was in dem Sport falsch läuft, was in unserer Gesellschaft noch immer falsch läuft, sondern es ist das neueste Element eines aktiven Wegschauens, das neueste Element einer Entscheidung, die den Rassismus im Sport und dadurch in der Gesellschaft toleriert.”

Coffie: „Rassismus ist und bleibt eine Krankheit“

https://www.instagram.com/p/Cs10naaMAsE/?igshid=MzRlODBiNWFlZA%3D%3D

Auch Coffie selber äußerte sich, schrieb bei Instagram: „Nach ein paar Tagen Abstand habe ich mich dazu entschieden etwas zu dem Vorfall am Samstag in Bremen zu sagen.

Die Entscheidung des Sportgerichts zeigt mir wieder auf, dass wir ein riesengroßes Problem in unserer Gesellschaft haben. Es ist ein Armutszeugnis wenn mich Menschen als Lügner beschuldigen oder behaupten, ich hätte mich verhört oder sonstiges. Mir ist wichtig zu sagen, dass ich nicht den Verein und deren Anhänger des Rassismus’ beschuldige. Es geht ,nur‘ um eine Person, die sich mir gegenüber rassistisch geäußert hat.

Rassismus ist ein Thema was mich, sowie meine Brüder und Schwestern im tiefsten Inneren trifft und verletzt. Rassismus ist und bleibt eine Krankheit, die noch immer allgegenwärtig ist. Ja, auch beim Sport gibt es Rassismus.

Es gibt so viele verschiedene Kampagnen gegen Rassismus, Banner gegen Rassismus, Werbespots gegen Rassismus. Ich selber trage bei den Spielen eine Kapitänsbinde mit den Worten ,NO TO RACISM‘.

Es reicht aber mit den leeren Worten. Es muss Zeichen geben und aufgezeigt werden, dass wir das nicht tolerieren. Dieses Zeichen gab es am Samstag von mir und meiner Mannschaft. Mit dem gemeinsamen Verlassen des Platzes haben WIR gezeigt, dass es für Rassismus keinen Platz gibt. Ich liebe den Fussball und ich verstehe auch die Wichtigkeit dieser besagten Partie doch es gibt wichtigeres im Leben und zwar das Leben selbst. Ich trage und repräsentiere meine Hautfarbe und Herkunft mit vollstem Stolz. Mir ist wichtig zu sagen, dass ich kein Opfer bin…

Ich bin ein Kämpfer, genauso wie viele andere die tagtäglich mit diesem Thema zu tun haben.. Das kleine schwarze Kind in der Schule, eine Erwachsene Person bei der Arbeit oder ich beim Fußball. Dem Sport der viele Menschen auf der Welt verbindet. Ich werde mein Leben lang dafür einstehen und mich dafür stark machen, damit eines Tages WIR als Sieger gegen Rassismus hervorgehen!”

Bremer SV durch das Urteil in der Relegation

Durch die Entscheidung des Sportgerichts steht die Reserve von Werder Bremen als Absteiger aus der Regionalliga Nord fest. Der Bremer SV spielt dagegen gegen den Oberliga-Zweiten U.S.I. Lupo Martini Wolfsburg in der Relegation. (la)

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