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  • Sasels heutiger Fußballchef Söhren Grudzinski (l.) spielte 2002 mit dem FC Schönberg gegen den HSV und Mehdi Mahdavikia. Der HSV gewann 6:0
  • Foto: WITTERS

Initiative „Praxis Fußball“: Grudzinski: Das fordern wir Amateure in der Corona-Krise

Als Verteidiger lief Söhren Grudzinski (45) für Vereine wie Norderstedt, Barmbek-Uhlenhorst und Condor auf, war für Meppen, Paderborn, Schönberg und Oldenburg am Ball. Jetzt ist er Fußball-Abteilungsleiter des TSV Sasel. Mit der MOPO sprach er über das lange Warten auf den zweiten Neustart – und darüber, was sich in Hamburgs Fußball ändern sollte.

MOPO: Bis zum 10. Januar ruht der Ball auf jeden Fall. Freuen Sie sich schon auf das nächste Oberliga-Spiel des TSV Sasel am 24. Januar in Buchholz?

Söhren Grudzinski: Ich freue mich, wenn es weitergeht und die Mannschaft die Möglichkeit hat zu spielen. Es herrscht eine gewisse Müdigkeit, weil die Perspektive so unklar ist und nicht einmal trainiert werden kann. Wir müssen jetzt alles dafür tun, um mitzuziehen und die Kontakte zu reduzieren. Aber die Situation ist natürlich sehr unglücklich.

Sasel-Boss Söhren Grudzinski von der Initiative „Praxis Fußball“: Das fordern wir vom HFV

Wie hält die Mannschaft sich fit?

Die körperlichen Attribute sind wichtig, aber auch der Kopf muss mitspielen. Ohne klare Perspektive ist es schwer, den Spielern zu sagen, sie sollen fünfmal die Woche um die Alster laufen. Die spezifische Fußball-Fitness wie Antritt und Wendigkeit über Intervalle und Rhythmuswechsel zu trainieren, ist ohnehin nicht möglich.

Jugendtrainer verschicken Videos für Übungen im Garten

Aber es geht ja nicht nur um unser Oberliga-Team. Beim TSV Sasel spielen rund 1000 Fußballer in 48 Mannschaften. Schon im ersten Lockdown haben viele Jugendtrainer Videos verschickt, damit die Jugendlichen, wenn möglich, im Garten Übungen machen konnten.

Sie sind neben Sören Deutsch vom TSV Glinde Sprecher der Initiative „Praxis Fußball“. Worum handelt es sich dabei?

In der Initiative sind 70 Vereine zusammengeschlossen, wir tauschen uns rege aus. Viele Vereine sind sehr unglücklich über Entscheidungen des Hamburger Fußball-Verbands und die fehlende Kommunikation. Auf dem Verbandstag am 22. Juni haben wir dem Verband wegen der Corona-Pandemie quasi einen Freifahrtschein gegeben. Aber wir hätten nicht damit gerechnet, dass wir dann so einen Spielmodus vor die Füße geworfen bekommen.

Der besagt, dass nach der Hinrunde alle Punkte gestrichen werden und die Vereine wieder bei Null anfangen …

Genau, ohne dass die Vereine mit ins Boot geholt worden wären. Dagegen haben sich vor allem Matthias Nagel vom Ahrensburger TSV und Carsten Gerdey vom USC Paloma gewehrt, leider ohne Erfolg.

Initiative „Praxis Fußball“ will mehr Mitsprache der Vereine

Daraus entstand dann der Wunsch, dieser Tendenz als Praktiker aus den Vereinen entgegenzuwirken und sich einzubringen. Am Montag gab es die erste Videokonferenz mit dem HFV-Spielausschuss. Der Austausch mit dem Verband ist spürbar besser geworden.

Kann die Saison denn noch wie geplant ablaufen?

Persönlich glaube ich das nicht. Für die nächsten Tage und Wochen erhoffen wir uns vom Verband verschiedene Szenarien, wie es weitergehen soll, wenn es weitergeht. Was passiert, wenn es im Januar tatsächlich wieder losgeht? Was, wenn noch einmal unterbrochen werden muss? Ab wann wird eine Saison gewertet, und was geschieht mit dem Pokal-Wettbewerb? 

Initiative „Praxis Fußball“ fordert: Fünf Auswechslungen auch bei Amateuren

Sie wünschen sich einen Corona-Wochenendansprechpartner vom Verband. Warum?

Wenn in einer Mannschaft beispielsweise am Freitagnachmittag Corona-Verdachtsfälle auftreten, kann der betroffene Verein beim Verband niemanden mehr erreichen. Er muss dann dem Gegner absagen und bis Montag warten, um zu klären, wie weiter vorzugehen ist.

Söhren Grudzinski

Söhren Grudzinski ist derzeit Fußball-Abteilungsleiter des Oberligisten TSV Sasel

Foto:

TSV Sasel

Deshalb wäre es toll, wenn jemand vom Verband die wichtigen Mails vom Wochenende zeitnah abfängt und solche Fragen klärt. Der Verband hat uns bereits zugesichert, dass es zum Restart einen Corona-Beauftragten geben wird.

Auch das Recht auf fünf Einwechslungen zählt zu Ihren Forderungen.

Ja, denn bei einem erneuten Kaltstart mit gerade zwei Wochen Training nach zwei Monaten Pause ist das Verletzungsrisiko sehr hoch. Selbst die Bundesliga mit ihren völlig anderen Möglichkeiten ist bei fünf Wechseln geblieben. Viele Amateurvereine freuen sich schon, wenn sie überhaupt einen Physiotherapeuten haben.

Wenn Sie auf die zwei Monate zurückschauen, in denen gespielt werden konnte: Wie stressig ist Fußball in Zeiten der Pandemie?

Es ist aufwendig, den Spielbetrieb unter Corona-Bedingungen zu organisieren. Gerade kleinere Vereine haben da weniger Möglichkeiten, Ehrenamtliche aufzurufen, die sich um die Organisation kümmern.

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Der zweite Neustart könnte aber etwas einfacher werden als im August und September, weil wir inzwischen Erfahrungen gesammelt haben und die Hygienekonzepte erprobt sind. Wir müssen natürlich auf die konkreten Vorgaben von Bund und Ländern warten, aber wir sind vorbereitet.

Was ist Ihr Weihnachtswunsch für den „kleinen Fußball“?

Dass der Trainingsbetrieb im Jugendfußball wieder aufgenommen werden kann. Gerade dort sind die sozialen Kontakte und die Bewegung an der frischen Luft ganz wichtig. Der Fußball als solcher ist ja nach Studien kein Infektionstreiber. Keine Spiele mit anreisenden Gegnern, aber ein kontrollierter Trainingsbetrieb – das wäre schön.

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