„Erpressung“ und Vetternwirtschaft: Ex-Boss greift den DFB an
Der frühere Verbandspräsident Fritz Keller hat den DFB erneut kritisiert. „Beim DFB ist kaum jemand dabei, der schon mal einen Verein geleitet hat. Über Positionen entscheidet nicht die Qualifikation, sondern die eigene Biografie“, sagte der 66-Jährige in einem Interview des Wirtschaftsmagazins „netzwerk südbaden“. „Derjenige bekommt die Stelle, dem man noch einen Gefallen schuldet und nicht derjenige, der sich am besten dafür eignet.“
Eine Ausnahme sei Stephan Grunwald. „Zum ersten Mal gibt es einen kundigen Schatzmeister als hauptamtlichen Finanzdirektor“, sagte Keller. „Das übrige Gebilde, so meine Sicht auf den DFB, ist nicht mehr zeitgemäß. Einen Verband, der schon zu meiner Zeit 500 Millionen Euro Umsatz gemacht hat, muss man nachhaltig führen. Es geht da nicht um Funktionärswesen. Noch ein Gremium hier, noch ein Gremium dort. Das führt nicht zu Geschwindigkeit, sondern verlangsamt alles.“
Bernd Neuendorf trat Fritz Kellers Nachfolge an
Keller, jahrelang auch Vereinsboss des SC Freiburg, war von September 2019 bis Mai 2021 DFB-Präsident. Er musste zurücktreten, nachdem er den damaligen Vizepräsidenten Rainer Koch während einer DFB-Sitzung mit dem Namen eines NS-Richters bezeichnet hatte. Im März 2022 trat Bernd Neuendorf Kellers Nachfolge an.
„Ich wollte ein paar Sachen ändern, ich habe auch versucht, eine neue Kultur reinzubekommen. Dabei habe ich vielleicht ein paar Dinge naiv übersehen“, sagte Keller rückblickend über seine Zeit als Verbandschef. „Zum Schluss, als ich merkte, dass massiv gegen Mitarbeiter vorgegangen wurde, unter anderem mit Methoden, die nicht sauber waren, da ging es mir nicht gut. Das konnte ich vor mir selbst, vor meinen Mitarbeitenden, vor meiner Familie nicht mehr rechtfertigen.“
DFB: Fritz Keller mit „emotionalen Fehlern“
Er habe „beim DFB auch großartige Menschen gesehen, die sich nicht kleinkriegen lassen, die dem ganzen Druck und der Erpressung standgehalten haben: Da zeigt sich wahrer Charakter“, so Keller weiter. „Was ich sonst gelernt habe? Nicht mehr so naiv zu sein.“
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Er selbst habe „emotionale Fehler gemacht, die vor allem mit meiner Selbstbeherrschung zu tun haben. Aber ich bereue nichts, weil ich dennoch etwas hinterlassen konnte. Einige der Protagonisten, die in der Vergangenheit viel unter den Teppich kehren wollten, sind nicht mehr da. Zum Teil haben sie sich selbst rausgekegelt.“ Das könne eine Chance sein. (aw/dpa)