Indre Berendes mit der 1. Herren des Düneberger SV
  • Die Spieler der 1. Herren beim Düneberger SV haben Indre Berendes nahtlos akzeptiert und auch in den Verein wurde die Co-Trainerin sofort integriert.
  • Foto: Düneberger SV/Henrick Vahlendieck

Allein unter Männern: Wie eine Hamburger Trainerin den Herren-Fußball aufmischt

In der Hamburger Landesliga ist sie ein Unikat. Indre Berendes ist Co-Trainerin der 1. Herren beim Düneberger SV und damit die einzige Frau auf diesem Spielniveau. Wie sie mit diesem Alleinstellungsmerkmal umgeht? Mittlerweile ziemlich gelassen, doch das war nicht immer so.

Angefangen hat sie 2016 als Trainerin einer Jugendmannschaft, nun steht sie bei den Herren an der Seitenlinie. Der Unterschied zeigt sich für Berendes vor allem in einem Punkt ganz deutlich: „Die ganze Ansprache hat sich geändert, jetzt bräuchte ich ja eher einen Tritt, um auf Augenhöhe mit den Spielern zu reden.“ Doch am Ende sei nicht die Körpergröße, sondern Authentizität der Schlüssel, denn „die sehen sehr schnell, wenn ich unsicher bin“, resümiert die Co-Trainerin. In Düneberg wurde die 46-Jährige schnell akzeptiert. „Dann ändert es sich vom normalen Handgeben zu diesem Abklatschen“, erzählt sie von dem Moment, in dem sie wusste, sie gehört dazu.

„Muss jetzt nicht partout meine Weiblichkeit auf den Platz bringen“

Berendes ist sehr analytisch, akribisch stellt sie vor Trainingsbeginn die Hütchen auf. „Ich habe einen Trainingsplan im Minutentakt, wann mache ich was, aufgezeichnet mit bunten Stiften“, schmunzelt sie über ihre eigene Genauigkeit. Damit sei sie die perfekte Ergänzung zu Cheftrainer Dennis Tornieporth, der sie persönlich für den Posten empfohlen hatte, wie Vorstand Thomas Nowottnick verrät. Er bezeichnet beide mittlerweile als „kongeniales Duo“. Und wäre der Posten des Cheftrainers mit Tornieporth nicht schon qualitativ besetzt gewesen, „hätte ich sie auch als Chef-Trainerin eingestellt“, gibt er ausgelassen zu. Ihre Qualität ist unbestritten. „Sonst wäre sie ja nicht hier“, meint Kiosk-Verkäufer Gürkan Özer (Spitzname: Gurke), der seit 1982 im Klub ist. „Ihre Art wird im gesamten Verein geschätzt“, lobt er Berendes.

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Beim Düneberger SV werden „aktiv Frauen im Fußball unterstützt“, freut sich auch Alyssa-Michelle Wilkens (Co-Trainerin 2. Herren). Sie betont, wie wichtig ihr der Austausch mit Berendes ist: „Sie sieht’s auch auf meine Weise“, beschreibt sie die gemeinsame weibliche Perspektive. Berendes selbst sieht das ähnlich: „Da findet ein anderer Austausch statt.“ Mit Trainer-Kolleginnen bespricht sie z.B. Möglichkeiten der verbalen Durchsetzung im Training, während der Austausch mit männlichen Kollegen eher fachlich ist.

Apropos Austausch: Zu Bibiana Steinhaus-Webb pflegt Berendes nicht nur eine Freundschaft, auch der fachliche Rat der ehemaligen Bundesliga-Schiedsrichterin bedeutet ihr viel. Vor allem Steinhaus-Webbs „sehr entspannte Art und Weise“ mit Anfeindungen aufgrund des weiblichen Geschlechts umzugehen, habe Berendes geholfen diese Dinge weitestgehend zu ignorieren.


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Sie betont „nicht partout Weiblichkeit auf den Platz bringen“ zu müssen, Thema ist sie dennoch. Ob der Platzwart sie für eine Zuschauerin hält und vom Platz verweist oder ein Schiedsrichter auf der Suche nach den Trainern zielstrebig an ihr vorbeigeht: „Ich wüsste immer, wenn mich wirklich jemand persönlich angreifen würde, dann würden die sich davorstellen“, spricht sie stolz über ihre Mannschaft. Und so herzlich wie die Spieler Berendes zur Begrüßung umarmen, überrascht es nicht, dass es dazu bereits kam. „Sie haben schon was zurückgesagt“, berichtet sie erleichtert von einer Situation, in der ihr Anfeindungen am Platz begegneten.

Angriff auf die Tabellenspitze der Landesliga Hansa

Und auch wenn Berendes sagt: „Ich würde lügen, wenn ich behaupten würde das wäre ein einfacher Weg.“ – sie würde es immer wieder so machen. Und auch andere Mädchen und Frauen mit Ambitionen im Fußball ermutigt sie: „Ich glaube, dass gerade ganz viel im Umbruch ist und deswegen ist diese Sichtbarkeit wichtig.“ Ob sie es beabsichtigt oder nicht, in Hamburg sorgt sie genau dafür.

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Aber auch für Leistung: In der Tabelle der Landesliga Hansa steht die Co-Trainerin mit den 1. Herren des Düneberger SV nur zwei Zähler hinter dem Tabellenführer ETSV Hamburg. Das will Indre Berendes mit ihrem Team beim Topspiel (Freitag 19.30 Uhr, Mittlerer Landweg 40) natürlich ändern.

Die Einnahmen des vergangenen Heimspiels der 1. Herren gegen Voran Ohe (1:1) in Höhe von 1.400 Euro hat der Düneberger SV an „Ärzte ohne Grenzen“ gespendet, um den Erbebenopfern in der Türkei zu helfen.

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