„Waren die ersten Alkoholiker“: St. Pauli-Legende spricht über wilde Suff-Nächte
Dietmar Demuth war nicht nur ein guter Fußballspieler und später auch erfolgreicher Trainer – er war ein echtes St. Pauli-Original, dessen Biografie untrennbar mit dem FC St. Pauli verbunden ist. Als Innenverteidiger trug er in den 1970er und 80er Jahren in insgesamt 226 Spielen das braun-weiße Trikot und erzielte dabei 23 Tore. In der Saison 1977/78 schrieb er Vereinsgeschichte, als er das erste Bundesliga-Tor für den FC St. Pauli erzielte.
Damals war die Mannschaft umgeben vom Mythos des Trinkfreudigen und Unangepassten – eine Truppe voller Typen. „Wir waren ja 1977 die ersten Alkoholiker, die mit St. Pauli in die Bundesliga aufstiegen: Walter Frosch, Gino Ferrin und Rolf Höfert, Dieter Schiller, Manfred Mannebach – all die Zugmagneten“, erinnert sich Demuth im Gespräch mit der „Welt“. „Wir hatten als Spieler in Eimsbüttel eine feste Kneipe. Wenn wir von Auswärtsspielen ankamen, war das erste Ziel: trinken“, blickt der heute 70-Jährige zurück und legt nach: „Wir haben montags gesoffen, dienstags gesoffen, mittwochs gesoffen, donnerstags gesoffen …“ Es waren Jahre, in denen Gemeinschaft und Zusammenhalt mehr zählten als Taktikschulungen – das Mittagessen gab’s bei „Schaschlik-Schorsch“, danach ging es auf den Kiez, zum Billard oder in die Stammkneipe.
Demuth stieg auch als Trainer mit St. Pauli auf
Auch nach seiner aktiven Karriere blieb Demuth dem Verein eng verbunden. Nach ersten Stationen als Amateur- und Co-Trainer übernahm er im Jahr 2000 das Amt des Cheftrainers beim FC St. Pauli. Unter seiner Führung gelang dem Verein 2001 der Aufstieg in die Bundesliga – ein Triumph, der mit einem der denkwürdigsten Spiele der Klubgeschichte gekrönt wurde: dem 2:1-Sieg gegen den FC Bayern München. Aus jener Partie erzählt Demuth mit einem Augenzwinkern, dass Spieler wie Holger Stanislawski und Nico Patschinski zur Halbzeitpause nach einem Feuer für ihre Zigaretten gefragt hätten. Geraucht wurde allerdings nur auf dem Klo – in der Kabine herrschte Rauchverbot.
Diese Mischung aus Disziplin, Lockerheit und der Bereitschaft, auch mit „echten Patienten“ zu arbeiten, wie Demuth sie nennt, machte ihn bei den Spielern beliebt. Demuth nennt Namen wie Patschinski, Harry Rath oder Scheinhardt: „Mir sind solche Spieler hundertmal lieber als einer, der keine eigene Meinung hat.“
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Heute, mit 70 Jahren, ist Dietmar Demuth wieder an der Seitenlinie aktiv. Seit dem 1. Januar 2025 ist er Cheftrainer beim MSV Neuruppin in der Brandenburgliga. Nach dreieinhalb Jahren Fußballpause übernahm er den Klub in akuter Abstiegsnot – und führte ihn mit neun Siegen und einem Unentschieden aus 13 Spielen souverän zum Klassenerhalt.
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