St. Paulis späte Transfer-Kracher – kommt noch ein Bundesliga-Profi?
Die Kiezkicker sind der Zeit voraus. Folgt man den fußballerischen Darbietungen in den bislang sechs Testspielen, dann könnte es heute losgehen mit der neuen Saison. Die Leistung stimmt, die Mannschaft steht. Oder nicht? In den vergangenen Jahren war der Kiezklub im Endspurt der Transferphase höchst erfolgreich, hat hochkarätige Spieler verpflichten können, von denen einer mehr denn je Einfluss auf dem Rasen und das Team hat. Schlägt St. Pauli auch in diesem Spätsommer nochmal zu? Was Sportchef Andreas Bornemann sagt und wie er wirklich über das bis nach Saisonstart offene Transferfenster denkt, das seinem Klub kickende Kracher ermöglicht hat.
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Die Kiezkicker sind der Zeit voraus. Folgt man den fußballerischen Darbietungen in den bislang sechs Testspielen, dann könnte es heute losgehen mit der neuen Saison. Die Leistung stimmt, die Mannschaft steht. Oder nicht? In den vergangenen Jahren war der Kiezklub im Endspurt der Transferphase höchst erfolgreich, hat hochkarätige Spieler verpflichten können, von denen einer mehr denn je Einfluss auf dem Rasen und das Team hat. Schlägt St. Pauli auch in diesem Spätsommer nochmal zu? Was Sportchef Andreas Bornemann sagt und wie er wirklich über das bis nach Saisonstart offene Transferfenster denkt, das seinem Klub kickende Kracher ermöglicht hat.
Gelassen wirkt Andreas Bornemann in diesen Tagen. Aber man sollte sich nicht täuschen lassen. Der Sportchef des FC St. Pauli ist wie die gesamte Profiabteilung unter Spannung in der Endphase der Vorbereitung. Von Hektik oder Handlungsdruck ist allerdings gar nichts zu spüren. Die simple Erklärung: beides gibt es aktuell nicht beim Kiezklub.
St. Pauli vor Saisonstart in Kaiserslautern „gut aufgestellt“
Zehn Tage vor dem ersten Saisonspiel beim 1. FC Kaiserslautern und nach dem erfolgreichen Trainingslager in Südtirol könnte der sportliche Ist-Zustand beim FC St. Pauli, der alles seine Vorbereitungsspiele mit insgesamt 26:3 Toren überzeugend gewonnen hat, kaum besser sein.
„Wir sind gut aufgestellt und haben, was den Kader angeht, ein sehr gutes Gefühl“, sagt Bornemann vor der Generalprobe gegen Hapoel Tel Aviv am Samstag (15 Uhr) am Millerntor im Gespräch mit der MOPO. „Wir haben keinerlei Druck, noch unbedingt etwas machen zu müssen. Das ist eine gute Position.“
Zeit für weitere Verpflichtungen ist mehr als genug. Die Transferperiode läuft noch bis zum 1. September um 18 Uhr und damit bis 30 Minuten vor dem Anpfiff des 5. Saisonspiels der Braun-Weißen in Braunschweig.
Nutzt St. Pauli das Transferfenster wieder für einen späten Coup?
32 Tage zwischen dem 1. Spieltag und dem sogenannten Deadline Day. Ein Zeitfenster, das die Chance auf Bundesligaspieler bietet – und in dem St. Pauli in der Ära Bornemann wegweisende Transfers gelungen sind, die man als Coup bezeichnen kann.
„Das längere Transferfenster, der spätere Beginn der Bundesliga und die dortige Kaderbewegung bieten Chancen, keine Frage“, sagt der 51-Jährige. „Natürlich haben auch wir in den vergangenen Jahren von dieser späten Dynamik profitieren können.“
Herausragende Beispiele: Guido Burgstaller und Marcel Hartel. Beides Verpflichtungen aus der ersten Liga, Topspieler und prägende Figuren, die die Mannschaft besser gemacht haben. Dauerbrenner und -renner Hartel ist gerade erst zum Vize-Kapitän der Kiezkicker aufgestiegen.
Guido Burgstaller und Marcel Hartel als Paradebeispiele
Späte Kracher. Burgstallers Wechsel von Schalke 04 zu St. Pauli war erst am am 30. September perfekt. Zu dem Zeitpunkt hatten die Braun-Weißen schon zwei Zweitliga-Spieltage absolviert.“
„Bei Guido Burgstaller hätten wir im Juni oder Juli mit einer Anfrage nicht so gute Chancen gehabt“, so Bornemann, der den Österreicher aus gemeinsamen Nürnberger Tagen kannte. „Aber bei Guido war es eine besondere Situation, da kam vieles zusammen, was am Ende eine Verpflichtung möglich gemacht hat.“
Kurz gesagt: Schalke plante nicht mehr mit dem Großverdiener, der noch zwei Jahre Vertrag hatte, wollte ihn aber schnell von der Gehaltsliste bekommen, löste für den Wechsel zu St. Pauli den Vertrag auf und zahlte dem damals 31-Jährigen auch noch eine üppige Abfindung. So konnte Burgstaller die Summe mit dem deutlich geringeren Gehalt beim Kiezklub gegenrechnen.
Bornemann: Verein sollte sich „nie darauf verlassen“
Auch bei Marcel Hartel öffnete die sich verschlechternde sportliche Perspektive bei seinem Verein spät die Tür. Als klar war, dass er bei Arminia Bielefeld in der Saison 2021/22 keine große Rolle spielen würde, wechselte er am 10. August für 350.000 Euro Ablöse (aus heutiger Sicht ein Super-Schnäppchen) zu St. Pauli, gab drei Tage später am 3. Spieltag sein denkwürdiges Debüt beim 3:2-Derbysieg und hat seitdem nur ein einziges (!) Spiel verpasst. Wie Burgstaller, der im Sommer 2022 auf eigenen Wunsch zu Rapid Wien wechselte, war auch Hartel ein absoluter Toptransfer.
„Natürlich hoffen alle Vereine, auf den letzten Metern noch einen Unterschiedsspieler verpflichten zu können“, so Bornemann. „Man kann nie damit rechnen oder sollte sich darauf verlassen, dass es funktioniert.“ Deshalb sei es auch „ein Risiko, darauf zu setzen oder sich zu verlassen. Wer darauf angewiesen ist, kann nur noch reagieren und ist in einer ungünstigen Verhandlungsposition.“
St. Pauli kann, aber muss (aktuell) nicht. Eine gute Ausgangslage. Es ist die Kunst des Lauerns.
St. Pauli hält „bis ganz zum Schluss die Augen offen“
Wird der Kiezklub auf dem Transfermarkt nochmal aktiv? Bornemann schließt das nicht aus, denn das Ziel ist und bleibt, mit dem bestmöglichen Kader die Saison zu bestreiten. Auch in diesem Spätsommer werden wieder Bundesligaspieler auf den Markt kommen, die bei den Planungen ihrer Vereine nicht mehr die gewünschte Rolle spielen, eine Liga tiefer aber Unterschiedsspieler sein können.
„Die letzten ein, zwei Veränderungen im Kader nach dem Saisonstart können durchaus für einen Qualitätsschub und – je hochkarätiger sie sind – zu Verschiebungen bei den Kräfteverhältnissen in der Liga führen“, so Bornemann. „Es ist nur logisch, dass auch wir bis ganz zum Schluss die Augen offenhalten und schauen, was möglich und sinnvoll ist.“
Deadline Day erst am 1. September – Bornemann sieht es kritisch
Ein weiterer torgefährlicher Flügelspieler und ein Stürmer von sofortigem Startelf-Format dürften ins Beuteschema passen. Ohne dass sie zwingend nötig wären.
Kurios: Obwohl St. Pauli zuletzt zweimal entscheidend von dem späten Transferschluss profitiert hat, ist Bornemann kein Freund davon. Aus Prinzip. „Ich fände es generell gut, wenn die Transferperiode mit dem ersten Spieltag beendet wäre und dann alle Mannschaften mit einem festen Kader die Halbserie bestreiten.“