Entscheidung gefallen: 2. Liga schickt Göttlich in die Wahl des DFL-Präsidiums
Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin! Was den DFB-Pokal angeht, ist diese Parole arg verfrüht, aber dennoch haben sich St. Pauli-Präsident Oke Göttlich und auch Sportchef Andreas Bornemann auf den Weg in die Hauptstadt gemacht. Dort treffen sich die Vertreter der 36 Profivereine, am Mittwoch steigt die DFL-Generalversammlung. Wegweisend: die Neuwahl der Gremien. Für Göttlich geht es darum, seinen Platz im DFL-Präsidium zu behaupten und damit weiterhin Einfluss zu behalten, wenn es um Richtungsentscheidungen und die Zukunft der Deutschen Fußball Liga geht. Auf dem Spiel stehen der gefährdete Zusammenhalt zwischen der ersten und zweiten Liga angesichts des Machthungers der Großklubs. Göttlich kandidiert zudem für einen zweiten Posten – und hat seit dem frühen Dienstagabend gute Karten.
Er ist ein Dauerbrenner, es lässt sich sogar sagen: Establishment. Auch wenn dieses Etikett beim obersten Vereinsvertreter des FC St. Pauli merkwürdig anmuten mag. Seit 2019 gehört Göttlich dem DFL-Präsidium an und vertritt seitdem innerhalb des Gremiums die Interessen der kleineren Klubs und der Zweitligisten, geht dabei auch immer wieder auf Konfrontationskurs zu den Branchenriesen, konstruktiv, aber auch gerne mal rhetorisch angriffslustig und zugespitzt.
DFL-Präsidium: Oke Göttlich steht wieder zur Wahl
Jetzt steht wieder die Wahl des Präsidiums an. Göttlich kandidiert erneut – ist aber nun Präsident eines Erstligisten. Wird er damit immer noch als Stimme der Zweitligisten wahrgenommen, vor allem von den Vereinen im Unterhaus, die ihre Interessenvertretung wählen?
„Unsere sportpolitischen Positionen sind Zweitliga-Positionen, auch wenn wir jetzt eine zweite Saison in der Bundesliga spielen“, betonte Göttlich unlängst in der MOPO. „Als Mitglied des DFL-Präsidiums für die Zweite Liga ist es wichtig, dass die Zweite Liga eine starke Stimme behält, die sich gegenüber raumgreifenden Erstligisten durchzusetzen vermag. Aus diesem Grund habe ich größte Lust, die Zweite Liga dabei zu verstärken. Weniger wirtschaftliche Vorhersehbarkeit, mehr sportliche Spannung bei Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit für Zweitligisten und Aufsteiger in dieser Liga beschäftigt mich für den Erhalt dieses tollen Sports sehr.“
2. Liga schickt Kiezklub-Boss Oke Göttlich ins Rennen
Und die Chancen stehen seit dem frühen Dienstagabend gut. Da fand die Teilversammlung der 2. Liga statt, und danach war klar: Göttlich soll künftig als Sprecher die Interessen der 2. Liga im Präsidium der DFL vertreten. Mitbewerber Alexander Jobst von Fortuna Düsseldorf kassierte dagegen eine krachende Niederlage. Jobst hatte sowohl für die Wahl durch die Teil- als auch für die Wahl durch die Generalversammlung kandidiert, schafft es aber nicht ins Gremium. Die Wahl durch die Teilversammlung gewannen Holger Schwiewagner (Geschäftsführer SpVgg Greuther Fürth) und Steffen Schneekloth (Präsident Holstein Kiel). Sämtliche Personalien müssen auf der am Mittwoch stattfindenden Generalversammlung der DFL allerdings noch final bestätigt werden.
Göttlich hatte für die Wiederwahl des Trios mit Schneekloth und Schwiewagner geworben, auf die Erfolge der vergangenen Jahre verwiesen und sich für Kontinuität stark gemacht. „Die Zusammenarbeit verläuft in den Gremien der DFL konstruktiv. Dank der gemeinsam mit Steffen Schneekloth und Holger Schwiewagner erarbeiteten Ideen ist es der Zweiten Liga in den letzten Jahren verstärkt gelungen, im engen Austausch mit den Klubs klare Positionen in Richtung der Branchenführer zu platzieren“, erklärte Göttlich dem „Kicker“ und sagte im Hinblick auf die Generalversammlung: „Ich hoffe, dass sich dieser positive Trend in den anstehenden Wahlen fortsetzt.“
Oke Göttlich kandidiert noch für einen zweiten Posten
Der anerkannte und in seinen Positionen gefestigte und deshalb verlässliche Göttlich kandidiert am Mittwoch auch für einen zweiten Posten. Der Kiezklub-Präsident steht zur Wahl als 2. Stellvertretender Sprecher des DFL-Präsidiums nach Watzke und Leki (1. Stellvertreter). Es wäre eine herausgehobene(re) Position innerhalb des Gremiums, in dem der 49-Jährige bislang einfaches Mitglied ist. Die beiden weiteren Kandidaten sind der bisherige 2. Stellvertretender Sprecher Schneekloth sowie Jobst. Vergeben wird dieser Posten durch das Votum aller 36 Klubs – und eigentlich ist er für einen Zweitliga-Vertreter vorgesehen.
Es wäre eine große Überraschung und persönliche Enttäuschung, wenn Göttlich nicht erneut ins DFL-Präsidium gewählt würde, aber danach sieht es jetzt nicht mehr aus. Bei der Sprecher-Wahl könnte er Amtsinhaber Schneekloth ausstechen, der nach dem Abstieg von Holstein Kiel zwar ein „echter“ Zweitliga-Mann ist, aber es in Sachen Bekanntheit und Strahlkraft nicht mit dem Hamburger aufnehmen kann. Schneekloth dürfte jedoch als normales Mitglied weiterhin im DFL-Präsidium bleiben.
FC Bayern München macht mit Dreesen die Rolle rückwärts
Das neunköpfige DFL-Präsidium setzt sich aktuell aus dem Vorsitzenden Hans-Joachim Watzke (Borussia Dortmund), dessen Wiederwahl als sicher gilt, seinem Stellvertreter Oliver Leki (SC Freiburg), Axel Hellmann (Eintracht Frankfurt), Dr. Michael Diederich (FC Bayern München), Göttlich, Steffen Schneekloth (Holstein Kiel), Holger Schwiewagner (SpVgg Greuther Fürth) sowie den beiden DFL-Geschäftsführern Marc Lenz und Steffen Merkel.
Es wird auf jeden Fall einen Wechsel geben. Bayern München hat überraschend seinen Finanzvorstand Diederich nicht erneut für die Wahl nominiert, sondern Vorstandsboss Jan-Christian Dreesen. Kurios: Diederich hatte Dreesen Ende 2024 im DFL-Präsidium ersetzt, nachdem Letzterer das Amt angeblich auf einen Wunsch niedergelegt hatte – mutmaßlich, weil er in dieser Phase beim Rekordmeister vor dem Aus zu stehen schien. Mittlerweile hat sich das Blatt gewendet.
Dreesen und Hellmann kandidieren als Mitglied im DFL-Präsidium zur Wahl durch die Teilversammlung der Ersten Bundesliga. Da es nur um zwei Plätze geht und beide die einzigen Kandidaten sind, wird die Wahl zum Selbstläufer. Gleiches gilt für die Wahl von Watzkes Stellvertreter. Amtsinhaber Leki ist der einzige Kandidat.

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Novum: Fernando Carro vor Wahl in den DFL-Aufsichtsrat
Für Spannung und Diskussionen sorgt die Kandidatur von Fernando Carro für den DFL-Aufsichtsrat, denn der Geschäftsführer von Bayer Leverkusen ist ein Vertreter eines Vereins, der als Werksklub von einer Ausnahme der 50+1-Investorenregel profitiert (wie der VfL Wolfsburg). Aus diesem Grund wäre die die als wahrscheinlich geltende Wahl des streitbaren wie international sehr gut vernetzten Spaniers ein Novum. Kritiker seiner Kandidatur befürchten, dass mit seiner Wahl die Interessen der Topklubs gestärkt werden. Befürworter sagen: lieber ein in DFL-Verantwortung eingebundener Carro als ein dauerhafter Quertreiber von außen. Carro hat mehrfach die Aufspaltung der Ligen gefordert.
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Göttlich wiederum, der mit dem Bayer-Boss in der Vergangenheit mehrfach über Kreuz lag, setzt sich für den Zusammenhalt von Oberhaus und Unterhaus sowie der weiteren unterschiedlichen Interessengruppen unter den 36 Klubs ein.
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