Gewinn, Verlust: Was Saads Abschied für St. Pauli bedeutet – und wie es um Treu steht
Es gibt Abschiede von Spielern, die zur Kenntnis genommen, in seltenen Fällen sogar begrüßt werden. Und es gibt Transfers, die viele Fans emotional bewegen, aufwühlen, enttäuschen, wütend machen oder traurig – nicht selten beides. Liegt immer am Spieler und den Umständen. Es war klar, dass der Wechsel von Elias Saad zum FC Augsburg Wellen schlagen und innerhalb der Anhängerschaft des FC St. Pauli für Emotionen und Diskussionen sorgen würde. Der Verlust ist nicht nur ein sportlicher, denn der Verein verliert einen echten Hamburger Jungen und der Weggang markiert das Ende einer besonderen Aufsteiger-Story. Viele Fans bedauern den Abschied, einige äußern Unverständnis, manche sind sauer. Der nächste Schlag für den braun-weißen Anhang bahnt sich an.
Nicht zu halten. Das galt oft auf dem Spielfeld, wenn Saad mit einer Körpertäuschung und seinem schnellen Antritt einen Gegner stehen ließ. Und das galt auch jetzt, bei der Zukunftsplanung des Flügelflitzers, der schon früh die Weichen auf Abschied stellte und seinen Wechsel mit dem „richtigen Schritt zur richtigen Zeit“ begründet, den er gehen will. Immer wieder hat Saad seine Ambitionen durchklingen lassen oder klar geäußert, etwa im MOPO-Interview im Februar von seinem Wunsch gesprochen, irgendwann europäisch zu spielen. Dass er auch wirtschaftlich das nächste Level erreichen wollte, darf man ihm nicht zum Vorwurf machen.
Oke Göttlich dankt Elias Saad nach Wechsel zu Augsburg
Böses Blut oder Misstöne scheint es bei dieser Trennung nicht zu geben, wofür auch der Kommentar von Präsident Oke Göttlich unter Saads Abschieds-Post bei Instagram spricht. „Lieber Elias, es ist großartig wie du deine Chance hier genutzt hast. Danke für alles und herzlichen Glückwunsch“, schreibt Göttlich. Das ist nicht unbedingt Standard.
Lange schien Borussia Mönchengladbach Favorit unter den interessierten Erstligisten im Buhlen um Saad. Vergleichsweise spät ist Augsburg nach MOPO-Informationen intensiv in den Poker eingestiegen, warb intensiv im Zuge des für Außenstehende überraschenden Trainerwechsels von Jess Thorup zu Sandro Wagner, der anders als sein Vorgänger auf jüngere und entwicklungsfähige Spieler setzen und sie weiterentwickeln soll. Spieler wie Saad.

Der FCA wollte den 25-Jährigen, der spät in den Profifußball kam, unbedingt. Die Augsburger haben viel vor, wollen unter der Regie des Co-Bundestrainers aus dem (mehrfach) unteren Mittelmaß der Bundesliga Schritt für Schritt weiter nach oben.
Elias Saad wollte früh den nächsten Schritt machen
Es ist nicht so, dass St. Pauli kein Interesse an einem langfristigen Verbleib von Saad gehabt hätte, schließlich hat der Verein den gebürtigen Hamburger als Rohdiamant im Dezember 2022 von Viertligist Eintracht Norderstedt verpflichtet und ihm seinen steilen Aufstieg ermöglicht, vom Zweitligaspieler zum tunesischen Nationalspieler und schließlich Bundesligaspieler. Saad hat für ein vergleichsweise bescheidenes Salär bei St. Pauli gespielt. Das, was Vereine wie Augsburg oder Gladbach zahlen können, ist für die Hamburger mindestens eine Nummer zu groß.
Die Saad-Seite hat frühzeitig einen mindestens etablierten Bundesligisten als passende zweite Station im Profifußball anvisiert, einen Verein, der den Fokus mehr auf das Spiel mit dem Ball legt. Nachvollziehbar im Sinne der sportlichen Weiterentwicklung. Es soll dann auch Signale gegeben haben, dass bei Saad eine vorzeitige Verlängerung seines 2026 auslaufenden Vertrages bei St. Pauli nicht die Wunschlösung war.
Ablösesumme: Bis zu drei Millionen Euro für Saad
Damit war klar: wenn St. Pauli für den wechselwilligen Spieler noch Geld bekommen will, dann jetzt. Nach MOPO-Informationen liegt die Ablösesumme nicht bei kolportierten zwei, sondern im Bereich von 2,5 Millionen Euro und könnte durch gewisse Prämien sogar auf über drei Millionen Euro anwachsen.
So mancher Fan hatte nach Bekanntgabe des Wechsels und Berichten über zwei Millionen Euro Ablöse genörgelt, St. Pauli habe Saad viel zu billig abgegeben und unter Wert verkauft. Das mag auch an seinem bei „Transfermarkt.de“ auf vier Millionen Euro geschätzten Marktwert liegen. Letztlich ist die Vertragslaufzeit entscheidend. Bei einer Laufzeit bis 2027 wäre eine höhere Summer realistisch gewesen. Und unter dem Strich hat Saad rein statistisch in seinem ersten und von Verletzungen verkürzten Bundesligajahr 18 Spiele absolviert und drei Tore sowie zwei Assists verbucht.
Sportlicher Verlust für St. Pauli, großer finanzieller Gewinn
Wäre eine höhere Ablösesumme drin gewesen? Schwer zu sagen. Möglicherweise hätte sich St. Pauli bei einem längeren Poker aber am Ende auch mit weniger Geld zufriedengeben müssen. Viel Konjunktiv. Der Transfer gibt dem Kiezklub jedenfalls die finanziellen Möglichkeiten, die Mannschaft zu verstärken, auch über 2026 hinaus. Und: Es darf nicht vergessen werden, dass St. Pauli Saad vor zweieinhalb Jahren für rund 100.000 Euro Ablöse. Der Gewinn ist also erheblich.

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Sportlich ist Saads Abgang ein Verlust, denn der Offensivmann hat sein Potenzial mutmaßlich noch nicht ausgeschöpft und wird noch besser – wie viel besser wird sich zeigen. Das hängt auch von seiner Rolle und Spielzeit bei seinem neuen Arbeitgeber ab. St. Pauli hat mit dem vielseitigen Offensiv-Mann Mathias Pereira Lage und Ricky-Jade Jones bereits zwei Spieler verpflichtet, die auf den Außenbahnen stürmen können. Aber der Kiezklub wird dennoch personell nachlegen, um den Sturm weiter zu verstärken.
Auch als Typ wird Saad fehlen, denn er war neben Hauke Wahl der einzige gebürtige Hamburger in der Mannschaft und aufgrund seiner rasanten und oft spektakulären Spielweise einer der Fan-Favoriten. Und nicht zuletzt war seine Aufsteiger-Geschichte bei St. Pauli eine Feel-Good-Story, die auch bundesweit Beachtung fand.
Philipp Treu: Wechsel zum SC Freiburg Frage der Zeit
Die Fans der Kiezkicker müssen sich derweil auf den nächsten schmerzhaften Abschied einstellen. Es war klar, dass Philipp Treu nach seiner grandiosen Premieren-Saison in der Bundesliga kaum zu halten sein würde (MOPO berichtete) und das Interesse mehrerer namhafter Vereine auf sich gezogen hat. Der SC Freiburg macht Ernst, lockt mit klarer Stammplatz-Aussicht, die dem Außenverteidiger-Turbo wichtig ist, und mit Europapokal. Das ist nichts Neues. Nach MOPO-Informationen wird der Wechsel Treus zurück an seine alte Wirkungsstätte und zu Trainer Julian Schuster, der auch persönlich massiv um ihn geworben haben soll, immer konkreter.

Der Spieler hat sich entschieden und will den Schritt zurück nach vorn. Es dürfte nur noch eine Frage der genauen Ablöse und der Modalitäten zwischen St. Pauli, wo Treu noch einen Vertrag bis 2026 hat, und Freiburg sein – also auch eine Frage der Zeit. Es ist logisch, dass der SC seinen Neuzugang zum Trainingsstart am 6. Juli (11 Uhr) im Europa-Park-Stadion an Bord haben will. Gut möglich also, dass der Deal vorher perfekt gemacht wird.
Die Parallelen zur Causa Saad sind unübersehbar. Der Spieler will auf das nächste Level, sportlich wie finanziell, und St. Pauli eine möglichst hohe Entschädigung bevor der Spieler ablösefrei ist. Mit dem Unterschied, dass es bei Treu noch einmal ein anderes Level ist – sowohl, was seine gezeigten Leistungen in der abgelaufenen Saison, seinen künftigen Klub und auch die zu erwartende Ablösesumme angeht, die sich im Bereich von fünf Millionen Euro bewegen dürfte.
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