„Empörung und Enttäuschung“: Irvine spricht über Attacke von St. Pauli-Aufsichtsrat
Die Angelegenheit hat hohe Wellen geschlagen, sorgt für emotionale Debatten, Irritationen, Enttäuschungen und Verletzungen – und sie ist noch lange nicht ausgestanden. Während sich FC St. Pauli nicht mehr öffentlich zum Trubel um Jackson Irvine äußern will und auch Interview-Anfragen an den Kapitän der Kiezkicker abblockt, hat sich der Australier jetzt gegenüber einem Sender in seiner Heimat geäußert und offen über die jüngsten Attacken von St. Pauli-Aufsichtsrat René Born gegen seine Person gesprochen – mit deutlichen Worten. Und er spricht auch über den Vorwurf, er kümmere sich zu viel um Dinge außerhalb des Fußballs.
Es ist immer noch eine ungewohnte Situation für Irvine, dass er in einer Länderspielpause nicht mit der Auswahl Australiens durch die Welt jettet. Die „Socceroos“ haben ihr Ticket für die WM 2026 seit Juni in der Tasche, weshalb der 32-Jährige die Abstinenz ein wenig besser aushalten kann, andererseits schlägt er sich gerade mit ganz anderen Problemen herum, die mit seinem Verein zu tun haben.
Jackson Irvine über Attacken von René Born
„Es ist eine andere Herausforderung“, sagt Irvine im Interview mit „ABC News“ zu seiner aktuellen Situation. „Die meiste Zeit meiner Karriere war ich gesund und musste mich nicht mit einer Dynamik beschäftigen, die mit meinem Leben abseits des Platzes zu tun hat.“ Damit spricht der Mittelfeldspieler die von einigen Seiten aufkommende Kritik an seinen Nebenbeschäftigungen an. „Wenn du spielst, ist alles etwas einfacher und es wird nicht so viel darüber geredet, was du tust und was nicht, was keinen Sinn ergibt, weil du während einer Verletzung natürlich mehr Zeit und Kapazitäten hast.“ Er betont: „Natürlich liegt mein Fokus auf meinem Reha-Prozess, das ist mein Haupt-Job.“
Deutliche Worte findet Irvine für die jüngsten Angriffe durch St. Pauli-Aufsichtsrat Born via Social Media, die seine Frau Jemilla mit einer Instagram-Story öffentlich gemacht hatte. „Niemand ist größer als der Klub“, hatte Born unter einem Fashion-Foto des Kiezkickers und seiner Frau kommentiert. Und dann nochmal unter der Gürtellinie und für einen Funktionsträger auf inakzeptable Weise nachgelegt: „Das ist unser Klub, nicht deiner. Du wirst in wenigen Monaten weg sein und für einen Euro mehr woanders spielen. Wir werden immer hier sein, während du nicht mehr als eine Fußnote bist.“
Irvine: Viel Unterstützung von Fans und Community
„Hart“ sei das gewesen, sagt Irvine. „Wir sind seit über vier Jahren Teil dieser Gemeinschaft und haben viele Beziehungen in allen Ecken der Stadt aufgebaut. So etwas von einer Person in dieser Position zu hören, war natürlich zutiefst verletzend.“

Doch es gebe auch eine andere Seite der Medaille. „Worauf wir uns mehr fokussieren, ist das hohe Level an Unterstützung von Fans, von Leuten aus unserer Community. Wir leben im Herzen von St. Pauli, wir sind ein Teil dieser Community. Jeder, mit dem wir gesprochen haben, teilt unsere Enttäuschung und Empörung und unterstützt uns.“ Über den „offiziellen Aspekt“ des Vorfalls wolle er öffentlich nicht reden. „Wir fühlen die Liebe und den Support von den Menschen um uns herum und das ist das Wichtigste.“
Problem-Thema: Irvines Haltung im Nahost-Konflikt
Auf die Frage des Interviewers, ob er wisse, warum es zu diesem Vorfall gekommen sei, wiederholte Irvine, dass er nicht ins Detail gehen wolle. „Die meisten Leute, die meine Geschichte in den vergangenen Monaten verfolgt haben, wissen, warum das passiert ist. Da geht es um viel tiefere Dinge, weit weg vom Fußball.“
Das hat vor allem mit Irvines Haltung im Nahost-Konflikt zu tun. Mehrfach hatte er in der Vergangenheit seine Solidarität mit der notleidenden Bevölkerung in Gaza erklärt, mit Worten in Interviews, mit Social-Media-Posts und dort mehr oder weniger deutlichen Symbolen. Für Aufsehen und Kritik hatte im Sommer vor allem das Tragen eines „FC Palestine“-Trikot auf einem Festival in Portugal gesorgt, dessen Symbolik eine Karte der Region ohne die Umrisse Israels zeigt. Bis heute hat Irvine sich nicht eindeutig inhaltlich von der Botschaft distanziert, die dieses Symbol für viele Menschen sendet: kein Existenzrecht für Israel. Es gibt Personen innerhalb des FC St. Pauli und auch in der Fanszene und im Umfeld, die Irvines Verhalten in dieser Angelegenheit für absolut inakzeptabel halten. Born soll dazu gehören.
Irvine hofft auf „Lösung“ im aktuellen St. Pauli-Drama
Die zunehmende Kritik an seinen Aktivitäten außerhalb des Fußballplatzes, an seinen Freizeitbeschäftigungen und auch an Geschäftsfeldern, die er und seine Frau erschließen, wirkt bisweilen wie eine Stellvertreter-Diskussion.
In dem gut 16-minütigen Interview, in dem der Interviewer Irvine nicht direkt auf den Nahost-Konflikt, seine Haltung dazu oder den Trikot-Vorfall angesprochen hat, wirkt der Kiezklub-Kapitän nicht unversöhnlich, spricht grundsätzlich mit viel Wohlwollen über den FC St. Pauli und was den Verein besonders mache.
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„Ich hoffe, dass die Angelegenheit gelöst wird“, sagt Irvine abschließend dazu. „Das ist nichts, mit dem du dich auseinandersetzen willst, insbesondere, wenn man aus einer Verletzung kommt – und natürlich auch nicht in Bezug auf meine Familie, die ich sicher wissen will und dass es ihr gutgeht.“
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