Ben Voll wird nach dem letzten Hoffenheimer Elfmeter von seinen Kollegen gefeiert.

Ben Voll (2.v.r.) wurde nach dem letzten Hoffenheimer Elfmeter von seinen St. Pauli-Kollegen gefeiert. Foto: WITTERS

Elfer-Drama am Millerntor: St. Paulis Nummer zwei wird zum Helden – „genau der Weg“

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Sie haben die Serie von fünf Pleiten beendet – und wie! Die Profis des FC St. Pauli steckten im Pokal-Drama gegen die TSG Hoffenheim etliche Rückschläge weg, hatten im Referee einen weiteren Gegner auf dem Platz, waren eigentlich schon raus, erzielten den Last-Minute-Ausgleich – und feierten am Ende ihre Nummer zwei. Ben Voll war mit zwei gehaltenen Strafstößen Matchwinner im Elfmeterschießen, das die Hamburger mit 8:7 für sich entscheiden konnten. Nach 90 Minuten hatte es 1:1, nach 120 2:2 gestanden.

Um 23.36 Uhr flog das Dach weg im mit 28.123 Zuschauer:innen nicht ausverkauften Millerntor. Voll, der für den etatmäßigen Stammkeeper Nikola Vasilj ran durfte, parierte den Versuch von Hoffenheims Albian Hajdari und krönte damit eine Willens- und Energieleistung der in den vergangenen Wochen so gepeinigten Braun-Weißen. „Es freut mich für die ganze Mannschaft, weil sie einfach extrem viel investiert hat“, sagte Coach Alexander Blessin. „Wir haben als Team gewonnen.“

St. Pauli startet furios: Hauke Wahl trifft

Alle hatten sich etwas vorgenommen an diesem verregneten Herbst-Abend. Wirklich alle. Die Fans, die vor zehn Tagen beim Bundesliga-Heimspiel gegen den selben Gegner so leise gewesen waren wie schon lange nicht mehr. Und die Spieler natürlich nach fünf Niederlagen in Serie. Entsprechend war es vom Anpfiff weg zum einen laut auf den Rängen und zum anderen turbulent auf dem Rasen.

Nach 18 Sekunden hatte Joel Chima Fujita bereits den ersten Abschluss, der zum ersten Eckball führte. Den brachte Louis Oppie vors Tor, James Sands verlängerte am ersten Pfosten per Kopf und fand so Hauke Wahl am zweiten, der die Kugel über die Linie drückte – das 1:0 nach nur 43 Sekunden! Endlich mal wieder eine Führung, auch wenn die zunächst ohne großen Effekt blieb. Hoffenheim zeigte sich komplett unbeeindruckt, bei St. Pauli kam – kein Wunder – die breite Brust nicht ad hoc zurück. Tim Lemperle hatte per Kopf die große Ausgleichschance (9.), setzte die Kugel aber knapp daneben. Auch den restlichen Druck überstand Braun-Weiß und kam peu à peu besser rein.

Kiezklub mit starker erster Hälfte

Und so kam dank der resoluten Arbeit gegen den Ball die spielerische Sicherheit zusehends zurück. Die Hausherren kombinierten teils durchaus ansehnlich und hatten durch Connor Metcalfe (18., 33.) und Oppies Distanz-Hammer, der sein Ziel knapp verfehlte (24.), weitere Möglichkeiten, zudem scheiterten weitere gefährliche Szenen erst am letzten Pass. Auf der Gegenseite musste Ben Voll nur bei einem Abschluss von Grischa Prömel fest zugreifen (38.).

Ausgleich bringt St. Pauli völlig aus dem Konzept

Es sah gut aus – und war kurz nach dem Wechsel Makulatur. Hoffenheim bekam drei Eckbälle in Folge, den letzten nutzte Prömel per Kopf zum Ausgleich. Diesmal zeigte das Tor Wirkung. Auf die Fans, die plötzlich wieder die Unterstützung deutlich herunterfuhren. Und auf die Mannschaft, die merklich taumelte, kaum noch etwas auf die Kette bekam und von den Kraichgauern deutlich dominiert wurde. Allerdings: Nennenswerte Gelegenheiten ließen die Hausherren keine mehr zu, ehe es gegen Ende aus dem Nichts turbulent wurde.

Ben Voll verhindert ganz späten K.o.

Zunächst blockte Wouter Burger einen Distanzschuss von Mathias Pereira Lage im Strafraum mit dem angelegten Arm (83.). Eine Szene, die später noch wichtig werden sollte. Und dann hatte Abdoulie Ceesay Nationalkeeper Oliver Baumann schon überwunden, aber Bernardo klärte die Kugel auf der Linie (85.). Das ganze Stadion war jetzt wieder da – und sah fast den späten K.o., als Ihlas Bebou frei auf Voll zulief, diesen ausspielen wollte, es aber nicht schaffte (89.). Die erste Glanztat des 24-Jährigen, der noch mehr folgen sollten.

Höchst umstrittener Elfmeter gegen St. Pauli

Zunächst aber ging es in die Verlängerung, und zwar wieder deutlich ausgeglichener. Bis sich Referee Daniel Schlager final in den Mittelpunkt pfiff. Der hatte sich schon zuvor äußerst erfolgreich dagegen gewehrt, als Heim-Schiri durchzugehen, und setzte dahingehend mit einem Elfmeterpfiff den Höhepunkt. Bazoumana Touré schoss James Sands exakt so an den angelegten Arm wie zuvor Pereira Lage Burger auf der Gegenseite, aber diesmal gab es Strafstoß (106.). Den verwandelte Andrej Kramaric zum 1:2, und es wäre nachvollziehbar gewesen, hätte sich St. Pauli jetzt aufgegeben.

Mathias Pereira Lage gelingt Last-Minute-Ausgleich

Stattdessen warfen die Kiezkicker noch einmal alles rein und belohnten sich in letzter Sekunde dafür. In der zweiten Minute der Nachspielzeit bekam Hoffenheim den Ball nicht geklärt, Pereira Lage war zur Stelle und bugsierte die Murmel zum enthusiastisch gefeierten Ausgleich in die Maschen (120.+2). Wahnsinn!

Und das galt auch für das, was danach kam. Weil bei St. Pauli Eric Smith, Louis Oppie, Martijn Kaars, Manolis Saliakas, Joel Chima Fujita, James Sands und Abdoulie Ceesay verwandelten, derweil Pereira Lage verschoss, für Hoffenheim nur Kramaric scheiterte, musste beim Stand von 7:7 Hauke Wahl ran und verwandelte souverän. Was folgte, war Ben Volls vermutlich größter Auftritt in seiner bisherigen Karriere und eine riesige Party auf dem Rasen und auf den Rängen.

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„Das tut unglaublich gut“, frohlockte Matchwinner Voll mit dem MVP-Award des Abends in der Hand, der froh war „nach der gestrigen Trainingseinheit“, nicht auch noch an den Punkt gemusst zu haben. „Wie die Jungs sich reingehauen haben, ist genau der Weg, den wir gehen müssen“, fügte Voll hinzu. Recht hatte er.

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