Nach üblem EM-Fehlstart: Ukrainer wollen „unsere Landsleute stolz machen“
Der Krieg fährt immer mit, darauf legt die Ukraine bei der EM großen Wert. Auch in Düsseldorf werden daher am Freitag die Trümmerteile einer von Russland zerstörten Tribüne aus dem ehemaligen EM-Ort Charkiv zu sehen sein.
Als Mahnmal, wie Verbandspräsident Andriy Shevchenko schon auf der ersten Station in München sagte. Die Mannschaft der Ukraine spiele in Deutschland immer auch für „Millionen von Soldaten“.
Wenige Stunden nach Shevchenko Worten verlor die Ukraine unerwartet deutlich mit 0:3 gegen Rumänien. Heißt: Eine weitere Pleite gegen die Slowakei würde am Freitag (15/MagentaTV) wohl schon das Ende aller Träume bedeuten.
Matthäus und Riedle sehen den Krieg als Ursache
Viele Beobachter machen auch die emotionale Wucht, unter der die Elf von Trainer Sergiy Rebrov antritt, für die verkrampfte Leistung im ersten Spiel verantwortlich. „Wir wissen, was in der Ukraine seit anderthalb Jahren passiert. Das kann man nicht aus den Köpfen streichen“, sagte etwa Lothar Matthäus bei MagentaTV.
Der deutsche Rekordnationalspieler ist mit dieser Ansicht nicht allein. Die Ukrainer seien vielleicht „von den Emotionen um das Thema Krieg überrannt“ worden, sagte RTL-Experte Karl-Heinz Riedle. Bei der Nationalhymne hatten die in blau-gelbe Fahnen gehüllten Spieler mit den Tränen gekämpft, sogar die 40.000 Fans der Rumänen stimmten laute „Ukraine“-Gesänge an. „Natürlich kriegt man das mit“, so Riedle.
Zinchenko spricht von „zusätzlicher Motivation“
Nationaltrainer Rebrov will dieser Logik aber nicht folgen. „Wir spielen seit mehr als zwei Jahren mit diesem mentalen Druck. Trotzdem sind wir hier, und wir haben das verstanden. So ist der Fußball. Manchmal passiert so etwas“, sagt er bestimmt. In der Tat: Auch in den Playoffs zur EM stand die Ukraine unter großem Druck, überstand aber sowohl das Halbfinale in Bosnien-Herzegowina (2:1) als auch das Alles-oder-Nichts-Spiel gegen Island (2:1) – sogar jeweils nach Rückstand.
Druck ist folglich immer da, bei der Endrunde aber ist die Bühne so groß wie nie zuvor. Das gilt erst recht am Freitag. Der Krieg soll dann nicht zum alles bestimmenden Thema werden, so sieht es die Mannschaft.
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Die Situation in der Heimat sei eine „zusätzliche Motivation“, sagt Defensivspieler Oleksandr Zinchenko vom FC Arsenal, für ein mögliches Achtelfinale einer EM gelte das aber ebenso. „Wir wollen unsere Landsleute stolz machen“, sagt Zinchenko: „Uns aber natürlich auch.“ (sid/lw)