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  • Auch für den DFB ist die Situation nicht einfach.
  • Foto: picture alliance/dpa

Corona-Krise: Reicher DFB bald arm? Millionenverluste fressen Rücklagen auf

Köln –

Die Menschheit kämpft gegen die Ausbreitung des Coronavirus. Und nahezu jeder hat mittlerweile begriffen, dass die drastischen Maßnahmen und flächendeckenden Kontaktverbote notwendig sind, um Tausende Menschenleben zu retten.

Doch auch in dieser dramatischen Lage müssen wirtschaftliche Folgen bearbeitet werden. Für die deutsche Fußballszene geht es dabei ums finanzielle Überleben. Die Frage ist: Kann der reiche Dachverband DFB seinen Vereinen helfen? Ein Blick hinter die Kulissen zeigt, dass der Verband gar nicht mehr so reich ist und seine Rücklagen schneller aufgebraucht sein könnten als man denkt.

Zahlreiche Drittliga-Vereine melden Kurzarbeit an

Aktuell haben schon zahlreiche Vereine aus der 3. Liga Kurzarbeit angemeldet. Darunter der 1. FC Magdeburg. Bis mindestens zum 30. April soll der Spielbetrieb aussetzen, auch danach sieht es kritisch aus mit Spielen vor Publikum – finanziell schon jetzt eine Katastrophe für die Klubs und existenzbedrohend.

Die Bundesagentur für Arbeit übernimmt bei Kurzarbeit 60 Prozent des ausgefallenen Nettolohns. Bei Arbeitnehmern mit Kind sind es 67 Prozent. Die Beitragsbemessungsgrenze liegt im Osten Deutschlands derzeit bei 6450 Euro.

DFB kann Vereinen finanziell kaum helfen

Die staatliche Hilfe kann den Vereinen immerhin ein wenig nützen. Vom DFB etwas zu bekommen, ist da schon schwieriger.

Der Dachverband droht ebenfalls alle seine Rücklagen aufzubrauchen. Die Nationalmannschaft spült als Aushängeschild jährlich rund 100 Millionen Euro in die DFB-Kasse, auch hier bleiben nun Einnahmen durch wegfallende Spiele aus.

DFB-Schatzmeister Stephan Osnabrügge (49) erklärte zuletzt: „Für den DFB haben wir ein erstes Zahlenmodell entwickelt: Im schlechtesten Fall müssen wir mit einem Verlust von mehr als 50 Millionen Euro rechnen. Man mag sagen, macht ja nichts, der Verband ist ja reich. Aber das trifft es nicht.“

DFB-Rücklagen bald aufgebraucht

In den vergangenen drei Jahren schon musste der DFB 30,5 Millionen Euro Verluste ausgleichen, über 20 Millionen davon gingen für Steuernachzahlungen im Zuge des Skandals um die Vergabe der WM 2006 drauf.

Noch hat der DFB Rücklagen in Höhe von 132 Millionen Euro, 75 Millionen sind jedoch fix eingeplant für den insgesamt 150 Millionen Euro teuren Bau der neuen DFB-Akademie in Frankfurt. Schwupps – schon sind alle Ersparnisse nahezu aufgebraucht.

Osnabrügge erklärt:

Der DFB ist meines Wissens der einzige Sportverband in Deutschland, der von oben nach unten finanziert. Nicht wir leben von Mitgliedsbeiträgen, sondern wir unterstützen das System des gemeinnützigen Fußballs. Kann der DFB nicht mehr zahlen, schlägt dies unmittelbar auf unsere Mitgliedsverbände durch und trifft dort die Sportschulen, die Menschen, die den Amateurspielbetrieb organisieren, viele Tausende von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Wir haben daher als erstes geprüft, wie wir unsere Mitgliedsverbände, also unsere Regional- und Landesverbände, stützen können. Eine erste Maßnahme hat das DFB-Präsidium beschlossen. Die Zuwendungen des DFB an die Landesverbände, die für den kompletten Amateurfußball zuständig sind, werden nicht zu den bisherigen Fälligkeitsterminen, sondern flexibel nach Bedarf ausgezahlt.

DFB: Zwölf Millionen Euro sofort für die 21 Landesverbände

Heißt: Die 21 Landesverbände können die zwölf Millionen Euro, die sie vom DFB normalerweise in zwei Raten im Mai und November erhalten, nun sofort anfordern und damit finanziellen Spielraum in der Corona-Krise erlangen.

Den Profivereinen kann der DFB derweil finanziell kaum helfen, so Osnabrügge:

Unmittelbar ist der DFB für seine Mitgliedsverbände zuständig. Diesen können und dürfen wir helfen. Darüber hinaus organisiert der DFB eigene Spielklassen, also die 3. Liga, die Frauen-Bundesligen sowie die Junioren-Bundesligen. Für diese prüfen wir gezielte Maßnahmen, um die Liquidität der Klubs unserer Spielklassen aufrechtzuerhalten. Unser oberstes Ziel bleibt, den Spielbetrieb nach der Krise wieder aufnehmen zu können. Dabei ging und geht es niemals um Zuschüsse. Solche Zuschüsse sind uns steuerrechtlich nicht erlaubt, weil die Mittel des DFB gemeinnützig gebunden sind und ausschließlich für gemeinnützige Zwecke verwendet werden dürfen. Die Klubs unserer Spielklassen arbeiten aber wirtschaftlich, es handelt sich um den bezahlten Fußball.

DFB darf den Klubs keine Kredite gewähren

Auch Geld zu äußerst günstigen Zinsen an die betroffenen Klubs verleihen darf der DFB nicht. Osnabrügge habe dies prüfen lassen, jedoch mit keinem guten Ergebnis: „Es wäre mein Wunsch gewesen, Kredite für Klubs der DFB-Spielklassen anbieten zu können, mit deren Hilfe sie akute, durch die Corona-Krise entstandene Liquiditätslücken überbrücken können. Mittlerweile bin ich sehr ernüchtert. Nach steuerlichen und rechtlichen Gutachten bis hin zum Kontakt mit der Finanzaufsichtsbehörde „BaFin“ musste ich lernen, dass wir dafür eine Banklizenz bräuchten – obwohl wir ganz sicher an einem solchen Programm kein Geld verdienen wollten.“

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Auch Amateurvereine können nicht mit finanziellen Hilfen rechnen: „Leider gilt dasselbe Recht, das für den DFB gilt, auch für unsere Verbände. Eine unmittelbare finanzielle Unterstützung einzelner Amateurvereine ist dem Deutschen Fußball-Bund definitiv nicht möglich. Übrigens auch wirtschaftlich nicht: Wir haben 25.000 Vereine in Deutschland. Würde man jedem Verein 3000 Euro Unterstützung in der Krise geben, wären die Rücklagen des DFB aufgebraucht. Angesichts der Prognose, dass wir alleine dieses Jahr etwa 75 Prozent der verfügbaren Rücklagen zum eigenen Überleben brauchen werden, ist das ausgeschlossen. Zudem würden 3000 Euro pro Klub auch auf Vereinsebene nicht nachhaltig weiterhelfen.“ Der deutsche Fußball sieht schweren Zeiten entgegen.

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