Spannend wie ein Krimi: Hier gibt es Deutschlands beliebtestes Museum
Was haben Indiana Jones, Klaus Störtebeker und die Eiserne Jungfrau gemeinsam? Ihre Spuren führen in eine mittelalterliche Stadt, tief hinein ins Zeitalter von Henkern und Hexen und hin zu sagenhaften Schätzen. Spannende Kriminalgeschichten als Reise-Erlebnis, dazu „Schatz und Schatzsuche“ als Neueröffnung, gekrönt vom Rothenburger Goldschatz.
Rothenburg: Zeitreise ins Mittelalter
Pittoresk, beschaulich, romantisch. Hier eine Schandmaske mit herausgestreckter Zunge, dort ein Stachelstuhl, gegenüber eine Streckbank. Strafen für zankende Weiber, arglistige Diebe und krummbucklige Hexen! Daumen und Beinschrauben liegen parat, der Hexenhammer aufgeschlagen und der Pranger ist geöffnet. Also bitte, alles was Recht ist! Ja, ganz recht: Mittig im Postkartenbild der romantischen Mittelalterstadt Rothenburg steht ein einzigartiges Museum – eines, mit einem bedeutenden Ruf weltweit und im Inland. Im Ranking der Deutschen Touristiker wurde es in der Kategorie Museen wiederholt auf den ersten Platz als das beliebteste Museum Deutschlands gesetzt. Das Mittelalterliche Kriminalmuseum macht 1000 Jahre deutsche und europäische Rechtsgeschichte mit über 50.000 Exponate hochspannend erlebbar: Vom späten Mittelalter bis ins 19. Jahrhundert reichen die Zeugnisse, von Folter- und Hinrichtungsinstrumenten oder Anleitungen zu Hexenprozessen bis hin zu Einblicken ins Hanseatische Recht.
Folter, Mord und Totschlag
Ein Museum wie ein Krimi! Das bezeugen schon die Anfänge zur Museumsgründung. Es entstand tatsächlich auf einer nachgebauten mittelalterlichen Folterkammer, die sich der Rothenburger Rudolf Albrecht im vorletzten Jahrhundert im Stadtmauerturm eingerichtet hatte. Heute kommen weit über eine Million Besucher aus der ganzen Welt in die Mittelalterstadt, um hier Hexen zu schauen, um alles zu Leibes- und Lebensstrafen zu hören, von Folter, Mord und Totschlag. Einige der größten Kriminalfälle der Menschheit, von Galileo Galilei bis Klaus Störtebeker, sind in Wort und Bild beschrieben.
Halsgeigen und Falsche Fuffziger
Bereits der Eingang verheißt nichts Gutes: In Sichtweite hängt ein Bäckerschupfen. Was sich so harmlos nach Hefeteiggebäck anhört, pendelt als großer Schandkorb hoch über den Besuchern. Darin wurden im Mittelalter Bäcker gesperrt, die Brot mit zu geringem Gewicht oder von minderwertiger Qualität herstellten. Der schuldig Gesprochene wurde im Schandkorb oder auch mittels einer Wippe einige Male in Wasser oder in Unrat getaucht unter dem schadenfrohen Gejohle der Umstehenden.
Damals ging es nicht zimperlich zu. Schlief jemand in der Kirche beim Gottesdienst ein – setzte es eine Strafe. Streitende Ehepaare bekamen den doppelten Halsgeigen verpasst und mussten so stundenlang nebeneinander ausharren. Schandmasken bestraften den eitlen Gecken; und Falsche Fünfziger, also Falschspieler kamen gleich an den Pranger. Wollte man sich verteidigen, brauchte man zwei glaubhafte Augenzeugen – oder lieferte gleich besser ein Geständnis ab, bevor man die Folterinstrumente zunächst nur vorgezeigt bekam.
Freispruch oder Tod
Im Mittelalter gab es für Kapitalverbrechen nur zwei Alternativen: Freispruch oder Tod. So etwas wie eine Freiheitsstrafe entstand erst später, im Frühkapitalismus. Noch schlimmer traf es vermeintliche Hexen, die der Inquisition zum Opfer fielen. Der ‚Hexenhammer‘ von 1492, verfasst vom Dominikaner-Inquisitor Heinrich Kramer, ist ein Zeugnis der dunkelsten und unheilvollsten Kapitel des Mittelalters. Neben dem Buch gehören weitere Exponate zur europaweit einmaligen Hexensammlung. Daneben hängen Richtschwerter und ein rostbraun gefärbter Scharfrichterumgang mit Kapuze. Gar schauerlich!
Das könnte Sie auch interessieren: In dieser Stadt regeln Hexen und Teufel den Verkehr
Dracula und die Eiserne Jungfrau
Und dann – steht da sie: Die Eiserne Jungfrau! Der grausame Mumiensarkophag gilt als wohl schlimmste Tötungsmaschine aus dem Mittelalter. Oder doch nicht? Im Mittelalterlichen Kriminalmuseum klärt man auf: Der Mythos wäre doch mehr ein Marketing-Gag aus dem 19. Jahrhundert. Der metallbeschlagene Holzmantel der Eisernen Jungfrau stamme aus dem 15. Jahrhundert, die Dornen seien jedoch abgesägte Bajonettspitzen und erst nachträglich eingebracht wurden. Die Eiserne Jungfrau diente als Schandmantel und bestrafte Frauen, die darin eingesperrt – und wieder herausgelassen wurden. Der Mythos jedoch griff weltweit um sich, inspirierte Dracula-Geschichten und zu Filmen wie ‚Sleepy Hollow‘, die Band Iron Maiden und die Bühnenshow von Michael Jackson.
Sagenhafte Schätze
Da krallen sich doch schon gierig die Finger des schrecklichen Gollums ums glitzernde Gold: „Mein Schatz…“ ruft er und macht sich gleich davon mit dem sagenhaften Schmuckstück, der als legendäres Leitmotiv durch alle Teile von ‚Herr der Ringe‘ führt. Schätze wohin man schaut: Von der Schatzinsel über das Rheingold, dem Schatz der Nibelungen bis zum Schatz im Silbersee, immer geht es um sagenhafte Schätze – und die stehen nun im Mittelpunkt der neu eröffneten großen Sonderausstellung. Die thematische Reise zeigt noch bis Dezember 2024, die Gesamtheit der Geschichte der Schatzsuche, mit Exponaten, die vorher noch nie öffentlich präsentiert worden sind (kriminalmuseum.eu). Besucher machen sich auf die Spuren von großen Schatzsuchern, bekannt durch Legenden wie Indiana Jones oder Lara Croft, und sie folgen den Spuren von Reliquienjägern und Wünschelrutengängern. Im Mittelalter wurden auch magische Bücher oder gar Zauberspiegel befragt, wo sich denn der Schatz verberge… Magie war zwar verboten aber doch durchaus üblich, gab es damals ja noch weder Tresor noch eine Bank zum Aufbewahren von Wertsachen. Also wurden diese in früheren Zeiten kurzerhand eingemauert oder unter Holzplanken im Fußboden verborgen. Vergraben – und vergessen.
Goldmünzen unter dem Fußboden
So ertrug es sich auch in Rothenburg: Als die Stadtverwaltung 1999 ein Haus am Grünen Markt erwarb, fand man keine zehn Zentimeter im Boden einen Schatz voller Goldmünzen. Vergraben wurden sie vermutlich 1680 aus Furcht vor herannahenden französischen Soldaten. Die Truppen kamen jedoch nie in die Stadt, und der Goldschatz blieb in der Erde. Heute zeigt das Rothenburgmuseum (rothenburgmuseum.de) im ehemaligen Dominikanerkloster diesen geheimnisvollen Goldmünzschatz. Der Goldgehalt der Münzen liegt bei 90 bis 99 Prozent!
Auf der Stadtmauer von Turm zu Turm
Und wer weiß, welche Schätze unter den jahrhundertealten Gemäuern der Stadttore, Kirchen und Klöster noch liegen? Steigt man am Klingentor in die Kasematten hinunter wird Rothenburgs Geschichte lebendig. Hier steht man einerseits im Keller der Kirche St. Wolfgang als zugleich auch mitten in der Stadtmauer. Die umrundet die ganze Stadt: Die vier Kilometer lange Wehranlage aus dem 13. Jahrhundert führt mit sechs Haupttoren und vielen Zwischentürmen, mit Basteien und Wallmauern rings ums Städtele und bildet den Rothenburger Turmweg. Der verbindet die Tore und Türme der Stadt: Henkerturm und Galgenturm, Pulverturm und Strafturm, Weibertor und Sauturm, auch das Klingentor im Norden und das Sieberstor im Süden. Vom Burgtor wiederum ist es nicht weit bis zur Weinsteige. Davor erstrecken sich die reifenden Reben am sonnigen Hang und machen Appetit auf eine Einkehr in den Rothenburger Wirtshäusern. Aber lasst euch nicht erwischen nach Einbruch der Dunkelheit! Trunkenbolde sperrte man anno dazumal zum Ausnüchtern in die Trinkertonne – eine Ehrenstrafe im Mittelalter – aber das ist ja schon ein paar Jahrhunderte her.
Übernachtungstipp: Historisches Hotel Eisenhut: 4 traditionsreiche Patrizierhäuser in zentraler Lage nahe zum Marktplatz, www.hotel-eisenhut.de
Infos: www.rothenburg.de