Kotzen, kacken, killen: Ekel-Stück schockiert Theater-Besucher in Hamburg
Kostümiert als Freizeit-Hitler und blonde „Billig-Schlampe“ entern zwei die Bühne: Performer Paul McCarthy (77) und Schauspielerin Lilith Stangenberg (34). Knapp zwei Stunden lang spielen sie zur Saisoneröffnung im Schauspielhaus ein Paar, das keinen Exzess auslässt: „A&E/Adolf & Eva/Adam & Eve“ schockiert, erzeugt maximalen Ekel – und begeistert jenen Teil des Publikums, der bis zum Ende durchhält.
Lallend und kichernd, offenbar volltrunken, kehren die beiden nach Hause in eine hässliche, dreckige Wohnung. Dort wartet ein vierköpfiges Kamerateam, das (fast) alles hautnah filmt, um es auf zwei Projektionsflächen überdimensional zu zeigen: den Lippenstift zum Beispiel, den sich Adolf in die Nase steckt, und Evas zuvor rot angemalte Brustwarzen. Aber halt auch den schrumpeligen Penis, den sie mühsam aus seiner Lederhose kramt, und ihr mit vaginalem Kunstblut verschmiertes Gesicht.
- Deutsch (Deutschland)
MOPO+ Abo
für 1,00 €Jetzt sichern!Die ersten 4 Wochen für nur 1 € testen!Unbeschränkter ZugangWeniger Werbung
Danach nur 7,90 € alle 4 Wochen
Wenn Sie E-Paper Kunde sind, betrifft diese Änderung Sie nicht.
Kostümiert als Freizeit-Hitler und blonde „Billig-Schlampe“ entern zwei die Bühne: Performer Paul McCarthy (77) und Schauspielerin Lilith Stangenberg (34). Knapp zwei Stunden lang spielen sie zur Saisoneröffnung im Schauspielhaus ein Paar, das keinen Exzess auslässt: „A&E/Adolf & Eva/Adam & Eve“ schockiert, erzeugt maximalen Ekel – und begeistert jenen Teil des Publikums, der bis zum Ende durchhält.
Lallend und kichernd, offenbar volltrunken, kehren die beiden nach Hause in eine hässliche, dreckige Wohnung. Dort wartet ein vierköpfiges Kamerateam, das (fast) alles hautnah filmt, um es auf zwei Projektionsflächen überdimensional zu zeigen: den Lippenstift zum Beispiel, den sich Adolf in die Nase steckt, und Evas zuvor rot angemalte Brustwarzen. Aber halt auch den schrumpeligen Penis, den sie mühsam aus seiner Lederhose kramt, und ihr mit vaginalem Kunstblut verschmiertes Gesicht.
„A&E“: Kameras filmen alles (fast) hautnah mit
Inspirieren ließ sich der durch provozierende Werke bekannt gewordene McCarthy zu diesem Abend vom Film „Der Nachtportier“ – in den 1970er Jahren sorgte er für einen Skandal, weil er die sadomasochistische Beziehung zwischen einem SS-Offizier und einer KZ-Insassin thematisiert. Die gegenseitige Gewalt wird übernommen, der Text hingegen erfährt eine deutliche Vereinfachung: Rund um „Fuck you“, „Motherfucker“ und „I‘ll fuck your Nazi-friends“ sind weitere F-Varianten zu hören, unterbrochen von englisch vorgetragenen Heiratsanträgen, Kinderwunsch und sonstigen Verwünschungen.
Mit bösen Beschimpfungen fängt es überhaupt erst an, gefolgt von gegenseitigem Bespucken, das in eine handfeste Prügelei ausartet und dann übergeht in unappetitliches, brutales Maulstopfen mit einem zuvor wenig liebevoll zubereiteten Sandwich. Für die weiteren Steigerungen muss dann tief in die von Filmemachern genutzte Trickkiste gegriffen werden: Natürlich trinkt er nicht ihren Urin oder isst ihre Exkremente, sondern irgendeine Flüssigkeit sowie eine wohlgeformte Wurst, die zwischen ihren Pobacken heraus wackelt. Aber mit dem passenden Text „eat my shit“ wirkt es verdammt echt und hat Würgelaute aus dem Publikum zur Folge, wie auch das gegenseitige in den Hals kotzen anstelle von Küssen.
Schauspielhaus-Publikum macht Würgelaute
Und natürlich ist die Vergewaltigung ebenso Fake wie die vitalisierend wirkende Spritze in den Penis, provoziert aber ebenfalls lautstarke Reaktionen im Saal, hier von weiblichen, da von männlichen Stimmen. Zwischendurch spielt das Paar mit Mum- und Daddy-Koseworten beinahe zärtlich Inzest. Das Finale entwickelt sich schließlich zum Blutrausch, auch hier mit Anleihen an Horrorfilm-Praktiken.
Das Stück ist nur für Menschan ab 18 Jahren
Ob das Publikum – so der Anspruch – Neues über den Krieg der Geschlechter mit nach Hause nimmt? Ein Zuschauer atmet nach der Vorstellung tief durch und regt an, jetzt lecker essen zu gehen, worauf seine Begleitung in schallendes, befreiendes Gelächter ausbricht.
Schauspielhaus: 25./26./27.8., 19 Uhr, 28.8., 18 Uhr, in engl. Sprache, ab 18 Jahren, 35 Euro, freie Platzwahl