Brutal und blutig: Darum startet Hamburgs größtes Theater so krass in die Saison
„Eintritt ab 18 Jahren“ – wer das liest, weiß, was er zu erwarten hat: harte Gewalt (etwa im Kino), Sex (auf dem Kiez), generell Verstörendes (hier wie da). Jetzt gibt es so einen Hinweis auch im Schauspielhaus: „Die Aufführungen sind nicht jugendfrei und für Besucher:innen unter 18 Jahren nicht zugänglich“, steht im Programmheft. Deutschlands größtes Sprechtheater startet brutal und blutig in die Saison. Denn gezeigt wird genau das: Gewalt, Sex, Verstörendes. Und Hitler.
„Eintritt ab 18 Jahren“ – wer das liest, weiß, was er zu erwarten hat: harte Gewalt (etwa im Kino), Sex (auf dem Kiez), generell Verstörendes (hier wie da). Jetzt gibt es so einen Hinweis auch im Schauspielhaus: „Die Aufführungen sind nicht jugendfrei und für Besucher:innen unter 18 Jahren nicht zugänglich“, steht im Programmheft. Deutschlands größtes Sprechtheater startet brutal und blutig in die Saison. Denn gezeigt wird genau das: Gewalt, Sex, Verstörendes. Und Hitler.
Darum geht‘s: Am 24. August hat „A&E / Adolf & Eva / Adam & Eve“ Premiere. Eine Performance-Installation des US-Künstlers Paul McCarthy (77) und der Berliner Schauspielerin Lilith Stangenberg (34). An drei Abenden ist sie zu sehen – jedes Mal anders. Denn eigentlich handelt es sich bei dem Stück um die Dreharbeiten dreier Film-Episoden.
Gewalt, Sex,generell Verstörendes — und Hitler
Okay, und worum geht’s inhaltlich? Das ist ein bisschen kompliziert. Seit 2017 arbeiten McCarthy und Stangenberg am Projekt „NV / Night Vater“, das vom Skandal-Film „The Night Porter“ (1974) beeinflusst ist. Darin geht es um die sadomasochistische Beziehung zwischen einem Ex-SS-Offizier und einer jungen Frau, die in einem Konzentrationslager war. Und um Macht, Missbrauch und Gewalt. Die Themen entwickelten das Duo über die Jahre weiter – mit anderen Figuren: erst Adam und Eva, dann Adolf (Hitler) und Eva (Braun). Es gehe um „Urthemen wie Angst und Schrecken, Tod und Wahnsinn“, sagt Lilith Stangenberg. „Das Biest und der Mensch liegen viel näher beieinander als man denkt. Diese Tendenz zum Bösen, die gibt’s in jedem von uns.“
Was passiert auf der Bühne? Ein Blick auf eine Beziehung, die von Gewalt, Macht und Missbrauch geprägt ist. Alles sehr explizit, vieles sehr körperlich, einiges nackt. „Man muss schlucken, wenn man die Performance sieht“, so Dramaturg Henning Nass. Das Stück war vorab für die Presse nicht zu sehen, die Bühne schon: Dort steht eine Art Wohnung mit offenen und verschlossenen Wänden, einige Möbel sind blutverschmiert. „Es gibt ein Skript“, erklärt Paul McCarthy, „aber wir suchen das Unerwartete. Das Skript ist nur ein Skelett.“ Wenn Stangenberg und McCarthy performen, sind sie vom Zuschauerraum aus nicht immer zu sehen, Kameras zeigen darum auch Nahaufnahmen auf zwei Bildschirmen. Das Publikum kann sich durch den Raum bewegen und näher ans Geschehen rücken. „Es lässt sich vorab nicht sagen, wie lange die Performance dauert“, erklärt Nass. „Das kann eine Stunde sein, drei, aber auch fünf.“
Und warum das alles? Es soll tatsächlich ein Film rauskommen – über Mann und Frau als Archetypen in einem patriarchalen System. Über die Brutalität, zu der Männer fähig sind. Und über die „schauderhaften historischen Figuren Adolf Hitler und Eva Braun. Es ist gut, sie abzunutzen und sie nicht zu konservieren, denn dann kommen sie irgendwann wieder“, so Stangenberg. Ob der Film allerdings je fertig wird, ist unklar. „Wir haben 200 oder 300 Terabyte Material gedreht in den vergangenen Jahren“, sagt McCarthy, „editiert haben wir vielleicht zwei oder drei.“
Performance für Hartgesottene im Schauspielhaus
Wer soll sich das ansehen? Hartgesottene. Andererseits: „Ich habe ,Bullet Train‘ mit Brad Pitt im Kino geguckt – da werden gefühlt 100 Leute getötet, auf eine überzeichnete Comic-hafte Art. Auch da ist die Gewalt zum Großteil nur Trick“, so Nass.
Warum gibt’s ausgerechnet das zum Start der Spielzeit? „Es ist eine Art Prolog, wenn man so will“, sagt Schauspielhaus-Intendantin Karin Beier. „Da der Zuschauer- und auch der Bühnenraum auf eine sehr besondere Art genutzt werden, wäre es nicht möglich gewesen, ,A&E’ innerhalb des ,normalen’ Repertoire- und Probenbetrieb zu zeigen!“ Sie habe Paul McCarthy in Los Angeles erleben können, so Beier weiter. „Seine Arbeit beeindruckt mich und hat meine persönlichen Grenzen berührt. Diese Performance ist eine Besonderheit für die Stadt und unser Publikum.“
Schauspielhaus: 24. bis 26.8., 19 Uhr, auf Englisch, ab 18 Jahren, 35 Euro (wer alle drei Abende besucht, zahlt für 25./26.8. nur je 10 Euro, die Buchung der Folge-Karten ist nur an der Tages- oder Abendkasse unter Vorlage der ersten Eintrittskarte möglich)