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Meckerwiese
  • Damit die Leute Dampf ablassen konnten: 1966 wurde aus der Moorweide jeden Samstag die „Meckerwiese“. Jeder durfte auf die Trittleiter steigen und vom Leder ziehen
  • Foto: MOPO-Archiv

Der Tag, an dem die Moorweide zur „Meckerwiese“ wurde

Im Londoner Hyde Park gibt es „Speakers‘ Corner“, einen Platz, an dem jedermann öffentlich reden darf, wann und wie es ihm beliebt. Etwas Ähnliches wird in den 60er Jahren auch in Hamburg eingeführt. Und zwar auf der Moorweide, gegenüber vom Dammtorbahnhof. Es ist der 12. Februar 1966, als der Erste auf eine Küchenleiter kletterte und das Wort ergreift.

Schon stehen weitere Redewillige Schlange. Arbeiter, Studenten, Polizeikritiker, Hundebesitzer und andere wechseln sich ab. Insgesamt 43 Reden werden gehalten. Es geht um alle möglichen Themen: Etwa um Verteidigungsminister Kai-Uwe von Hassel und die nicht enden wollende Kette von Starfighter-Abstürzen. Ein Jugendlicher beschwert sich über die ältere Generation: „Die Alten haben von der Beat-Musik keine Ahnung. Wir Beat-Fans sind so, weil wir uns einsam fühlen“, sagt er, erntet allerdings Unverständnis.

Nach neun Monaten wurde das Projekt beendet – aber warum?

Als einer anfängt, von Adolf Hitler zu schwärmen, wird er von der Trittleiter gedrängt. MOPO-Archiv
Meckerecke
Als einer anfängt, von Adolf Hitler zu schwärmen, wird er von der Trittleiter gedrängt.

Von Woche zu Woche nimmt die Zahl der Teilnehmer auf der „Meckerwiese“ zu. Am zweiten Sonnabend kommen schon 800 Personen, nach 14 Tagen sind es 2000. Die Themen werden zunehmend politischer: Vietnam-Krieg, die Folgen der Berliner Mauer, auch Missstände im Hamburger Untersuchungsgefängnis werden angesprochen. Einmal gibt es wütende Proteste, als einer aufs Treppchen steigt und sagt, Hitler sei „ein guter Mensch“ gewesen. Ein anderes Mal stören Rocker die Veranstaltung, brüllen Redner nieder und greifen sie an.

Begeistert hören die Passanten den Rednern zu. MOPO-Archiv
Moorweide
Begeistert hören die Passanten den Rednern zu.

Eingeführt wird die „Meckerwiese“ vom damaligen Innensenator – als Ventil für die in den 60er Jahren immer weiter um sich greifende Unzufriedenheit in der Gesellschaft. Warum das Projekt nach neun Monaten schon wieder eingestellt wird – das hören Sie in unserem Podcast:

Hamburgs Geschichte zum Anhören

Den neuen historischen Podcast zu „Der Tag, an dem …“ finden Sie jeden Sonntag ab 10 Uhr hier: 

Das Buch „Der Tag, an dem…“, das in Zusammenarbeit mit dem Hamburger Junius-Verlag erschienen ist, bekommen Sie im Buchhandel oder ebenfalls in unserem Onlineshop.

Übrigens: Die neue Ausgabe von „Unser Hamburg“ ist am Kiosk und im MOPO-Shop erhältlich.

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