• Die Aktivistin Melina Crispin kämpft in Mainz gegen verbale sexuelle Belästigung („Catcalls“).
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„Wollt doch nur geleckt werden“: Frauen wehren sich gegen Belästigung – mit Kreide

Mainz/Wiesbaden –

Wohl jede Frau kennt sie: unpassende bis ekelhafte sexualisierte Sprüche. Mehrere Gruppen kämpfen derzeit gegen verbale sexuelle Belästigung. Sie schreiben die anzüglichen Kommentare genau dort auf die Straße, wo sie passiert sind. Ein Kampf gegen Windmühlen?

„Ok, darf ich Sie dann mal besteigen?“, schreibt Melina Crispin in großen Buchstaben mit gelber Kreide auf die Straße mitten in der Mainzer Innenstadt. Dazu: „#Stoppt Belästigung.“ Später fotografiert die Studentin aus Mainz ihr Werk und veröffentlicht es auf Instagram.

Mainz: Frauen kämpfen gegen verbale sexuelle Belästigung

„Ankreiden“ nennen die jungen Frauen aus Mainz und Trier, Wiesbaden, Offenbach oder Frankfurt ihre Aktion. Das Ziel: Verbale sexuelle Belästigungen, sogenannte „Catcalls“, öffentlich machen.

Denn die Sprüche und Kommentare spielen sich zwar in aller Öffentlichkeit ab, werden aber dennoch oft überhört und übersehen.

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Ihren Ursprung hat die „Chalk Back“-Bewegung, also das „Ankreiden“, in New York. Hier entstand auch der englische Begriff für das Phänomen „Catcalling“, das sich zwar meist gegen Frauen richtet, im Grunde jedoch jeden treffen kann. Dazu gehören neben unerwünschten Kommentaren und Gesten auch Pfiffe oder anzügliche Geräusche und Hupen oder Anfassen.

Unverständnis im Netz: Sprüche seien als Kompliment gemeint

Mittlerweile sammeln weltweit vorwiegend junge Frauen sexuelle Anfeindungen über Instagram. Wie Crispin ziehen die Aktivistinnen mit Straßenkreide bewaffnet los und schreiben die gesammelten Beleidigungen oder auch Übergriffe auf die Straße – genau dort, wo sie passiert sind. Dabei bekämen sie fast immer positive Rückmeldungen, berichten die Frauen. „Viele sind interessiert und wollen Genaueres wissen“, sagt Merle Möller aus Wiesbaden.

Nicht ganz so positiv sind die Reaktionen im Netz, wenn die Fotos der verbalen sexuellen Belästigungen veröffentlicht werden. Einige Männer verharmlosten sie online in den Kommentaren und verstünden nicht, wo das Problem liege, erklärt Crispin. Eine beliebte Argumentation: Die Sprüche seien als Kompliment gemeint.

Kompliment: Man muss es der Mutter sagen können

Einige Beispiele aus den diversen Accounts der beiden Bundesländer: „Wir – Sex?“, „Ihr wollt doch nur richtig geleckt werden“, „Geiler Arsch“, „So eine Hose sollte man nur tragen, wenn man den richtigen Arsch dafür hat“. Alles Komplimente?

Antonia Quell hat sich eine einfache Regel zurechtgelegt, um dieses Argument zu entkräften: „Alles, was ich mich nicht trauen würde, meiner Mutter ins Gesicht zu sagen, kann kein Kompliment sein“, erläutert die Studentin aus Fulda. Was man nicht mit „Danke“ beantworten könne, sei ebenfalls kein Kompliment.

Letztendlich zähle, was die Betroffenen dabei empfänden und wie der Spruch aufgenommen werde, finden die Aktivistinnen. Man müsse den Kontext mit betrachten, meint Lisa Mariaux aus Trier. „Die Sprüche kommen oft nachts, wenn Frauen alleine unterwegs sind oder eine ganz Gruppe von Männern auf eine Frau zugeht.“ Selbst wenn ein Spruch dann nur als Kompliment gemeint sei, sei es absolut nachvollziehbar, dass solche situativen Umstände eine bedrohliche Wirkung bei der betroffenen Person haben könnten.

Petition gegen „Catcalls“ gestartet

Quell hat online eine Petition gestartet. Sie und die fast 70.000 Unterzeichner wollen, dass verbale sexuelle Belästigung einen Platz im Strafgesetzbuch bekommt. Die Petition liege dem Bundesjustizministerium vor, bestätigt ein Sprecher. Es bedürfe noch größerer Aufmerksamkeit und des Bewusstseins der gesamten Gesellschaft, damit Sexismus aus der alltäglichen Kommunikation verschwinde, erklärt er.

Schon jetzt seien nicht sämtliche unter dem Begriff des „Catcalling“ zusammengefassten Handlungen straffrei, teilt eine Sprecherin des hessischen Justizministeriums mit. So käme etwa Nötigung oder Beleidigung in Betracht.

Selbst wenn die Petition jetzt noch keine Auswirkungen habe, ist sich Quell sicher, werde das Thema virulent bleiben. Dafür betreffe es zu viele Menschen. (dpa)

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