• Ein Mann packt seine Ehefrau mit Gewalt an den Handgelenken (Symbolbild).
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Scheidungsprozess: Frau verweigert ihrem Ehemann den Sex – Gericht: schuldig!

Paris –

Sie verweigert ihrem Ehemann den Sex. Im Scheidungsprozess ist sie deswegen allein schuldig gesprochen worden – obwohl ihr Gatte gewalttätig sein soll. Die Französin kämpft gegen das Urteil und zieht vor den Europäischen Menschenrechtsgerichtshof.

Weil sie ihrem Ehemann sexuelle Kontakte verweigerte, ist die 66-Jährige vom Berufungsgericht in Versailles schuldig gesprochen worden. Die Auslegung des Zivilrechts wurde nun vom Kassationsgericht bestätigt, so berichtet die „taz“. Die Klage der Frau gegen das Urteil ist abgewiesen worden.

Scheidung: Frau wird wegen Sex-Verweigerung schuldig gesprochen

Die seit einem Arbeitsunfall behinderte 66-Jährige sagt zum Kassationsurteil laut Onlinemagazin „Mediapart“: „Ich empfinde das als Rechtsverweigerung und Skandal“. Nach 27 Jahren Ehe habe sie die Scheidung von ihrem Mann verlangt, da er oft abwesend war und gewalttätig sein soll. 

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Er beschuldigte sie im Prozess, seit 2004 ihren „ehelichen Pflichten“ nicht nachgekommen zu sein, also nicht mit ihm geschlafen zu haben. Die Frau widersprach seiner Aussage nicht, nannte jedoch als Gründe die Gewalt ihres Mannes sowie ihre geschwächte Gesundheit.

Gericht: 66-Jährige habe „eheliche Pflichten“ verletzt

Das Gericht in Versailles war 2019 dennoch zu der Ansicht gelangt, sie habe damit „in schwerer und wiederholter Weise ihre ehelichen Pflichten in einer Art und Weise verletzt, die ein weiteres Zusammenleben (für ihren Mann) unannehmbar gemacht“ habe. 

Eine eheliche Sex-Pflicht gibt es im Zivilgesetz nicht. Doch das Gericht beruft sich auf ein Präzedenzurteil von 1996. Hier heißt es: „Auch wenn es zulässig ist, aus medizinischen Gründen dem Gatten während einiger Wochen die sexuellen Beziehungen zu verweigern, ist dies nicht mehr der Fall, wenn die Weigerung mehr als ein Jahr dauert und nicht (in gegenseitigem Einvernehmen) vorgesehen war.“

Beschwerde beim Europäischen Menschenrechtsgerichtshof

Widerstand kommt von der Fondation des femmes und dem Collectif contre le viol. Die französische Justiz spreche Frauen mit dem Urteil das Recht ab, ihr Einverständnis zu sexuellen Beziehungen geben zu können – „die Ehe ist keine sexuelle Leibeigenschaft“.

Die letzte Chance der 66-Jährigen ist nun eine Beschwerde wegen „Einmischung in das Privatleben“ und „Verletzung der moralischen und körperlichen Integrität“ vor dem Europäischen Menschenrechtsgerichtshof. Sie wird dabei von feministischen Organisationen unterstützt. (vd)

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