Prinzessin Aiko
  • 80 Prozent der Japaner:innen sähen sie gerne auf dem Thron: Prinzessin Aiko (20).
  • Foto: kyodo - Pool/dpa +++ dpa-Bildfunk

Kaiser-Familie droht auszusterben: Wird sie der erste weibliche Tenno?

Die japanische Erbmonarchie ist naturgemäß träge – schließlich ist sie die älteste der Welt. Fast alle 126 Kaiser (japanisch: „Tenno“) waren Männer. Aber weil die aktuelle Herrscherfamilie schlicht zu wenig Jungs produziert hat, steht lauter als jemals zuvor die Frage im Raum: Könnte doch eine Frau Tenno werden? Okay, anno dunnemals, 592-628, gab es eine Kaiserin, aber die wurde auf Bildern dann einfach als Mann dargestellt. Danach gab es noch ein paar weibliche Übergangslösungen, die dann aber schnell weichen mussten, wenn ein Mann parat stand. Prinzessin Aiko aber, die am Mittwoch 20 wird, könnte dereinst dauerhaft auf dem Thron sitzen.

20 – das bedeutet in Japan Volljährigkeit. Alkohol trinken, rauchen, zur Wahl gehen. All das darf die einzige Tochter des kaiserlichen Ehepaares aber nicht. Stand heute darf sie nicht einmal öffentlich ihre Meinung kundtun. Und eigentlich, ja eigentlich bliebe ihr auch der Thron verwehrt. Weil sie kein Mann ist. Jedoch: Tenno Naruhito (61) und seine Frau Masako (57) haben nur das eine Kind, ein Mädchen.

Schon 2005 hätte es fast eine Gesetzesänderung gegeben

Daher war es 2005 schon fast zum Äußersten gekommen. Es gab konkrete Überlegungen, das für viele frauenfeindliche Hofgesetz zugunsten Aikos zu ändern. Fast wurde ein entsprechender Gesetzentwurf eingebracht. Doch dann – puh, dürften sich einige Traditionalisten gedacht haben! – wurde Aikos Cousin Hisahito (heute 15) geboren. Ein möglicher Thronfolger war gefunden, die Gesetzesänderung vom Tisch.

Doch als kürzlich Naruhitos Nichte und Hisahitos Schwester Mako (29) ihren bürgerlichen Studienfreund Kei Komuro heiratete (MOPO berichtete) und damit aus dem Hof ausschied, gewann die Debatte über die Thronfolge wieder an Fahrt. Seither richten sich plötzlich wieder viele Augen auf die junge Literaturstudentin Aiko.

Das stille Leben der Prinzessin Aiko

Hinter dem dichten Chrysanthemenvorhang des Kaiserhauses lebt sie in den Augen vieler ein Leben, wie es sich für eine Prinzessin gebührt. Wie ihr Vater, Kaiser Naruhito, besuchte Aiko die frühere Adligenschule Gakushuin. Seit vergangenem Jahr studiert sie an der Gakushuin-Universität japanische Sprache und Literatur. Wie ihre Mutter liebt sie Tiere, hat einen Hund namens Yuri und züchtet seit ihrer Grundschulzeit Seidenwürmer – eine Aufgabe, die Kaiserinnen grundsätzlich haben. In ihrer Abschlussarbeit an der Oberschule beschäftigte sich Aiko mit „Katzen und Hunden der Heian-Zeit“ (794-1185) in der Literatur. Im Mai dieses Jahres verabschiedete sie ihr geliebtes kaiserliches Reitpferd Toyoyoshi-go in den Ruhestand.


„MOPOP – Der Kultur-Newsletter“ bringt Ihnen jeden Donnerstag gute Nachrichten frei Haus. Ob auf, vor und hinter den Bühnen – wir sind für Sie dabei und sprechen mit den spannendsten Menschen. Dazu gibt’s Tipps zu Veranstaltungen und Neuerscheinungen und vieles mehr. Wir freuen uns auf Sie! Hier klicken und anmelden.


Als Aiko acht Jahre alt war, soll die kleine Prinzessin ebenso wie andere Kinder von Jungs an ihrer Schule gemobbt worden sein. Nachdem sie eine Weile dem Unterricht ferngeblieben war, brachte ihre Mutter Masako sie täglich zur Schule und holte sie wieder ab. Ein Vertreter des Hofes hielt sich zudem im Klassenzimmer auf. Eine Klassenfahrt ihrer Tochter soll die damalige Kronprinzessin Masako laut Medien gar in ihrem Dienstwagen samt ihrem höfischen Tross begleitet haben. „Das Volk verfolgt Aikos Leben mit großem Interesse“, erklärt Ernst Lokowandt, ein intimer Kenner des japanischen Kaiserhauses.

Lesen Sie auch: Prinzessin kann endlich ihre große Liebe heiraten – einen Bürgerlichen

In einer Umfrage befürworteten jüngst mehr als 80 Prozent der Befragten eine Frau auf dem Thron. Bis Ende des Jahres soll ein Expertengremium einen Vorschlag zur Lösung der Thronfolgeproblematik ausarbeiten. Denn sollte Cousin Hisahito einst keine Kinder bekommen, würde die heutige Herrscherfamilie aussterben. Noch wehren sich vor allem nationalistische Kräfte. Aber die älteste Erbmonarchie scheint in Bewegung. (km/dpa)

Email
Share on facebook
Share on twitter
Share on whatsapp