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Prigoschin Midterms
  • Putin-Vertrauter Prigoschin
  • Foto: imago/ITAR-TASS

Putin-Vertrauter behauptet vor US-Wahlen: „Ja, wir mischen uns ein!“

Ja, wir haben die Wahl manipuliert“: Erstmals hat ein ranghoher Russe und Vertrauter von Wladimir Putin zugegeben, 2016 Einfluss auf das US-Präsidentschaftsrennen genommen zu haben. Und: „Wir werden uns weiterhin einmischen“, kündigt er an. Sein „Geständnis“ darf jedoch angezweifelt werden. Es sorgt dennoch für Wirbel – denn es platzt mitten in die laufenden Midterms. Wie neutral ist diese Wahl überhaupt?

Es ist die spannendste und wichtigste Zwischenwahl aller Zeiten – wenn man einigen US-Kommentatoren Glauben schenken mag: Am Dienstag wählen die Amerikanerinnen und Amerikaner ein neues Repräsentantenhaus. Unmittelbar vorher sorgt Jewgeni Prigoschin, ein enger Vertrauter des russischen Präsidenten, für Wirbel.

Der russische Geschäftsmann und Gastronom, der oft als „Putins Koch“ bezeichnet wird, behauptete am späten Montagabend in einem Eintrag auf VKontakte, dem russischen Facebook: „Wir haben uns eingemischt, wir mischen uns ein und wir werden uns weiterhin einmischen. Sorgfältig, genau, chirurgisch und auf unsere eigene Weise, da wir wissen, wie es geht.“ Der 61-Jährige antwortete damit laut Nachrichtenagentur AFP offenbar auf eine Anfrage, sich zu einem Medienbericht zu äußern, wonach Russland auch Einfluss auf die aktuellen US-Midterms nimmt.

Jewgeni Prigoschin vor US-Midterms: „Ja, wir mischen uns ein!“

Prigoschin schob in seinem Beitrag einen weiteren kruden Medizin-Vergleich hinterher: „Während unserer punktgenauen Operationen werden wir beide Nieren und die Leber auf einmal entfernen“. Was er damit meinte? Unklar.

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Ebenso unklar war, ob Prigoschins Aussagen überhaupt ernst zu nehmen sind. Auf VKontakte ergänzte sein Pressedienst: „Die Geschichte der Einmischung schauen Sie sich bitte an im Film ,Das 16. – Der Geständnisfilm von Jewgenij Prigoschin’“. Dabei handelt es sich um eine recht plumpe Komödie darüber, wie Prigoschins „Troll-Fabrik“ angeblich die US-Wahl 2016 manipuliert habe. Sogenannte Trolle sind Personen, die im Netz versuchen, Wählende zu beeinflussen – etwa mit Lügen, die Kandidaten und den Wahlprozess diskreditieren sollen.

Irre Fake News im Umlauf – sie helfen vermutlich hauptsächlich den Republikanern

Letzteres ist auch im aktuellen Wahlkampf ein Riesenproblem gewesen: „Fehlinformationen werden bei dieser Halbzeitwahl und bei der Wahl 2024 im Mittelpunkt stehen“, prognostizierte der Wirtschaftsprofessor Bhaskar Chakravorti jüngst gegenüber der Nachrichtenagentur AP.

Interessant: Profitiert haben dürften von den ganzen Fake News wohl hauptsächlich die Republikaner. Mehrere Studien belegen, dass besonders Anhänger dieser Partei dazu neigen, Verschwörungsmythen zu teilen und für bare Münze zu nehmen.

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In der Tat kursierten zuletzt wilde Schwurbeleien, viele davon schon seit 2020, als Donald Trump sich weigerte, seine Niederlage gegen Joe Biden anzuerkennen. So wurde und wird behauptet, bei der Briefwahl werde zugunsten der Demokraten betrogen, es würden Menschen ohne Staatsbürgerschaft abstimmen – und sogar Tote!

Einige Fake News nahmen besonders irre Züge an: 2020 etwa hieß es in spanischsprachigen Facebook-Anzeigen, Biden, ein Demokrat, sei in Wahrheit Kommunist. Und nachdem vor einigen Tagen ein 42-Jähriger in das Privathaus von Nancy Pelosi, Sprecherin des Kongresses, eingedrungen war und deren Mann attackiert hatte, wurde im Netz die abstruse Erzählung verbreitet, der Angreifer sei ein Sexarbeiter gewesen, den ein betrunkener Paul Pelosi selbst ins Haus gelassen habe.

Nancy Pelosi ist die Mehrheitsführerin der Demokraten im Repräsentantenhaus – und ein Hassobjekt der Republikaner. picture alliance/dpa/AP | J. Scott Applewhite
Nancy Pelosi
Nancy Pelosi ist die Mehrheitsführerin der Demokraten im Repräsentantenhaus – und ein Hassobjekt der Republikaner.

Es deutet Vieles darauf hin, dass ein Großteil der Manipulationsversuche aus Russland gesteuert wird

„Das Problem von Falschinformationen ist erheblich. Damit lassen sich bestimmte Gruppen radikalisieren und mobilisieren“, sagte Tyson Barker von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) zum „Tagesspiegel“. Man könne das etwa bei Latinos beobachten: Würden Demokraten von Republikanern ständig als „Sozialisten“ bezeichnet, schaffe das bei vielen in dieser Gruppe eine kognitive Verbindung mit den Regierungen, vor denen sie geflohen seien, so Barker.

Meist lässt sich nicht aufklären, wer hinter den gestreuten Fake News steckt. Es deutet aber vieles darauf hin, dass ein Großteil der Manipulationsangriffe aus Russland gesteuert wurden und werden. So kam ein US-Geheimdienstbericht 2021 zu dem Schluss, dass Moskau etwa bei der Wahl 2020 versuchte, gezielt Unfrieden im Land zu säen und das Ergebnis zu manipulieren. Putin selbst und seine Regierung hätten die Maßnahmen „genehmigt und durchgeführt“. Das Ziel: Donald Trump im Amt halten, denn Russland stufte einen Wahlsieg Bidens als „nachteilig für russische Interessen“ ein, hieß es in dem Bericht. Auch 2016 soll Moskau die Wahl beeinflusst haben: Ein Sonderermittler untersuchte später mögliche illegale Absprachen zwischen Russland und Trumps Team.

Donald Trump bei einem Wahlkampf-Auftritt in Ohio picture alliance/dpa/AP | Michael Conroy
Donald Trump Ohio
Donald Trump bei einem Wahlkampf-Auftritt in Ohio

Ob und in welchem Umfang auch bei den Midterms Manipulationsversuche liefen, ist derzeit unklar. In Washington zeigte man sich jedenfalls nicht überrascht von Prigoschins Äußerungen. Eine Sprecherin des Weißen Hauses sagte: „Es ist bekannt und gut öffentlich dokumentiert, dass mit Jewgeni Prigoschin verbundene Organisationen auf der ganzen Welt versucht haben, Wahlen zu beeinflussen. Auch in den Vereinigten Staaten.“

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