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Gegen-Offensive
  • Ein ukrainischer Soldat steht vor einem zerstörten Gebäude.
  • Foto: picture alliance/dpa/AP | Andrew Kravchenko

Schlägt die Ukraine nun mit einer Million Soldaten zurück?

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ist bekannt für markige Worte. Er und sein Kabinett setzen diese bewusst ein. Als nun aber sein Verteidigungsminister Oleksij Resnikow verkündete, man wolle die von Russland eingenommenen Gebiete im Süden des Landes zurückerobern, und zwar mit einer Million Kämpfern – da stutzten doch einige. Wie realistisch ist diese Zahl?

Als am 24. Februar die russische Armee die Ukraine angriff, da hatte das ukrainische Heer rund 80.000 Soldaten. Plus 400.000 Reservisten. Ein paar Freiwillige kamen dazu, einige aus dem Ausland, auch aus Deutschland. Dennoch: Eine Million dürfte eher unwahrscheinlich sein, zweifelt der Militär-Experte Phillips O’Brien von der schottischen Universität St. Andrews. Eine halbe Million sei vielleicht realistisch.

Nicht alle Kämpfer voll einsatzbereit

Wie aber kommt Kiew auf die Zahl von einer Million? Der Militär-Experte Gustav Gressel von der Denkfabrik „European Council on Foreign Relations“ in Berlin rechnete dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ vor, dass wohl alle Dienstposten mitgezählt wurden. Also auch Soldaten, die etwa in der Logistik tätig sind, aber nicht unbedingt für den Frontdienst hochgradig geeignet.

So käme man schon mal auf rund 700.000 Mann. Zählt man dann noch Nationalgarde, Polizei und Grenzpolizei dazu, die etwa 300.000 Mann ausmachen, ergibt sich die angekündigte Million.

Süd-Offensive könnte für Entlastung im Donbass sorgen

Militär-Experten vermuten, dass mit einer Offensive im Süden des Landes auch die ukrainischen Kräfte im Osten entlastet werden sollen. Eventuell hilft da auch schon die Ankündigung ein wenig. Im Donbass droht eine ukrainische Eliteeinheit derzeit eingekesselt zu werden.

Mit einer tatsächlichen Offensive im Süden könnten diese Truppen auf jeden Fall Entlastung erfahren. Zudem wären die Gebiete im Süden auch strategisch wichtig, da sie den Osten mit der seit 2014 von Russland annektierten Krim verbinden.

Ukraine mit mehr Kampfstärke als Russland

So oder so: Die Kampfstärke der Ukraine ist im eigenen Land höher als die der Streitkräfte Putins. 190.000 russische Soldaten sollen zu Beginn des Krieges geschickt worden sein. 30.000 bis 40.000 davon sollen laut britischer Regierung mittlerweile im Kampf gestorben sein, weitere 80.000 bis 100.000 sind verletzt. Die Ukraine hingegen spricht von rund 7000 Gefallenen in den eigenen Reihen.

Dementsprechend offensiv wird in Russland derzeit offenbar angeworben. Westliche Geheimdienste berichten, dass etwa das berüchtigte Söldner-Netzwerk „Gruppe Wagner“ Kämpfer in Gefängnissen anwerbe.

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Bei Waffen und Munition ist Russland der Ukraine derzeit noch überlegen. Allerdings scheint die Bereitschaft der westlichen Verbündeten zu weiteren Lieferungen ungebrochen. Mittelfristige Erfolge im Süden sind daher durchaus im Rahmen des Möglichen.

Am Dienstag veröffentlichte das ukrainische Militär schon Videoaufzeichnungen, die die Zerstörung eines russischen Munitionsdepots zeigen sollen. Eine erfolgreiche Offensive würde auch den Vormarsch Russlands, etwa in Richtung Odessa, unmöglich machen. (km)

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