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  • Viele sehen ihn als Merkel-Mann: Armin Laschet, CDU-Parteivorsitzender.
  • Foto: picture alliance/dpa

Schlacht um die Unions-Kandidatur: Kommentar: Der Trümmerhaufen, der mal die CDU war

Preisfrage: Fällt Ihnen ein Grund ein, die Union zu wählen? Auch die Schlacht um die Kandidatur ist vor allem eines: abschreckend.

Wer ein Gefühl für den Zustand dieser Partei bekommen wollte, dem genügte ein Blick in dieses Gesicht: Katja Leikert, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der CDU/CSU, versuchte bei Lanz zu erklären, was da geschehen war  mit Söder und Laschet in der Fraktionssitzung am Mittwoch. Und es geriet zum Offenbarungseid. Sie stammelte, die abgegriffenen Phrasen purzelten wiederkehrend aus ihr heraus, es gebe Beschlüsse, eine „intensive Diskussion“, „zwei starke Kandidaten“.

Sie sah verkniffen, angestrengt und leblos aus. Und nicht sehr zuversichtlich. Das Merkel-Haus zerfällt in tausend Stücke, zerschlagen und zerpustet vom bösen Wolf aus Bayern.

„Massaker“ bei Fraktionssitzung der Union

„Ein Massaker“ sei es gewesen, bilanziert der kauzige CSU-Haudegen Ramsauer, als er über diese Sitzung spricht. Und er lächelt dabei. Wie er überhaupt das alles einerseits ganz furchtbar findet, weil da ja auch „Verletzungen“ bleiben würden, aber andererseits auch jederzeit erkennbar ist, wie bollestolz er auf seinen Chef Söder ist, dass der den desolaten Haufen CDU mal so richtig aufgemischt hat.

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Markus Söder ist, so schildern es in diesen Tagen wieder viele, ein Mann mit ausgeprägtem Machtbewusstsein, wenig bis keinen Skrupeln und sehr spitzen Ellenbogen. Einst hat er Rot-Grün zum „Kartell der Schuldigen“ in Sachen Kindermissbrauch gezählt, weil die sich angeblich nicht genug für eine Gesetzesverschärfung eingesetzt hatten. Das klang, als hätte Sozi Schröder persönlich die Kinder zum Schafott geführt, und galt vielen als Tabubruch.

Markus Söder: Mann mit Machtbewusstsein und spitzen Ellenbogen

Söder hat noch vor Kurzem Kreuze an Behörden-Wände genagelt, weil er sich so als Leitkultur-Hengst etablieren und gegen den Islam positionieren wollte. Populistisch und schädlich war das, in einem Land, in dem Religion und Verwaltung nichts miteinander zu tun haben dürfen.

Er sprach im überaus hässlichen AfD-Slang von „Asyltourismus“, ganz so, als sei Flucht eine Variante von TUI-All-Inclusive, weil er meinte, ganz rechts seien wichtige Stimmen zu holen.

Der CSU-Parteivorsitzende Markus Söder

Prinzipienlos, überehrgeizig, unsympathisch und ein Opportunist: So beschreibt eine Biografin den CSU-Parteivorsitzenden Markus Söder.

Foto:

picture alliance/dpa

Söder, so hat es die Autorin einer Söder-Biografie im „Spiegel“ sehr deutlich zusammengefasst, sei prinzipienlos, überehrgeizig, unsympathisch und ein Opportunist.

Söder führt in allen Umfragen vor Laschet

Und die Leute lieben ihn zurzeit.

In allen Umfragen zur K-Frage führt er haushoch vor Laschet. In der Fraktionssitzung, beim „Massaker“, sollen sich viel mehr Abgeordnete für Söder ausgesprochen haben als für Laschet. Selbst im CDU-Präsidium, das für Laschet votierte, warnten viele: Bei uns an der Basis wollen sie Söder!

Das liegt wahrscheinlich daran, dass Laschet in der Pandemie immer ein bisschen wirkt wie der nette, aber schusselige Onkel, der die Sachen manchmal durcheinanderkriegt. Oder wie ein Wendehals, der heute alles öffnen und morgen alles schließen will, je nachdem  wie der Wind weht.

Söders Lieblings-Rolle: der abgeklärt-souveräne Pandemie-Manager

Und daran, dass Söder, der Erfinder der „Bavaria One“, einer bayerischen Weltraummission mit seiner Visage als Logo (!), sein gewaltiges Ego im vergangenen Jahr in eine für ihn plötzlich perfekt passende Rolle gießen konnte: die des ruhigen, abgeklärt-souveränen Pandemie-Managers.

Tatsächlich hatte Söder früh erkannt, dass bestimmte Mechanismen der Infektionslage stetig und wiederkehrend sind. Und in der Kakophonie des Hin und Hers, des Wankelmuts, da waren seine Talkshow-Auftritte, ruhig und staatstragend intoniert, wohltuend klar und konsistent.

Söder als Projektionsfläche für die Sehnsucht nach der alten Union 

Man hörte Herrn Söder deswegen gerne zu. Und das hatte es zuvor so nördlich des Weißwurst-Äquators noch nie gegeben.

Kritiker monieren, dass das Handeln hinter dem Gerede nicht immer so konsequent war. Und Bayern ist auch nicht besser durch die Pandemie gekommen als andere Bundesländer.

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Aber es reichte offenbar, um die Menschen zu verzaubern. Vergessen all das, was war bei den einen. Bei den anderen, den Merz-Fans, Law & Order-Fetischisten, Old-School-Kapitalisten, da taugt Söder mit seiner breitbeinigen Konstitution wohl eher als Projektionsfläche für ihre Sehnsucht nach der alten Union als Laschet, den viele als Merkel-Mann sehen. Und das trotz Söders zuletzt zur Schau getragenen Bienen-Romantik und Anbiederei an die Grünen – die nimmt aber vermutlich auch in der Fraktion niemand wirklich ernst.

Söder will eigene Rücksichtslosigkeit kaschieren

Jetzt zerlegt und ignoriert er also mal handstreichartig die Entscheidungen der traditionsreichen und verfassungsgemäßen Partei-Gremien. Wieder so ein Populist, der „modernes“ Vorgehen einfordert und doch damit nur seine Rücksichtslosigkeit kaschieren will.

Die Union ist nicht mehr einig. Sie hat keine inhaltlich klare gemeinsame Basis mehr, seit Merkel auf dem Rückzug ist. Was soll das sein, konservativ, heutzutage? Wie rechts darf’s sein? Was ist mit dem Klima? Was mit der Wirtschaft? Immer weiter wachsen, geht das noch? Wie viel Integration, wie viel Abgrenzung? Außer der Linken mit Frau Wagenknecht vielleicht ist wohl keine Partei in diesen zentralen Fragen so unsicher aufgestellt wie die CDU.

CDU hat ihre Hausaufgaben nie gemacht

Was daran liegt, dass die Hausaufgaben nie gemacht wurden. Nichts scheint organisiert, geplant, ausdiskutiert. Alles wirkt getrieben und zerfleddert. Dazu noch ein Kandidat ohne Prinzipien – das ließe einen endgültig Schlimmes für die Zukunft fürchten.

Aber Söder und die CDU – vielleicht passt das wirklich einfach gut zusammen. Sachsen-Anhalts CDU-Ministerpräsident Haseloff machte sich mit diesen Worten zum „Spiegel“ stark für den König der Umfragewerte: „Leider geht es jetzt nur um die harte Machtfrage: Mit wem haben wir die besten Chancen? Es geht nicht um persönliche Sympathie, Vertrauen oder Charaktereigenschaften. Es hilft nichts, wenn jemand nach allgemeiner Überzeugung absolut kanzlerfähig ist, aber dieses Amt nicht erreicht, weil die Wählerinnen und Wähler ihn nicht lassen.“

Im Umkehrschluss heißt das: Wir machen den zum Kanzlerkandidaten, der am ehesten unsere Jobs rettet. Der Rest ist nicht so wichtig. Opportunisten unter sich.

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