Reisen (fast) ohne Kontrolle: Wir machen es dem Virus viel zu leicht!
Zehntausende Neuinfektionen täglich, dazu eine Sieben-Tage-Inzidienz von gut 450: Die aktuelle Corona-Situation in Deutschland ist unschön. Keiner habe das vorhersehen können, behaupten Politiker. Doch das ist Quatsch: Virolog:innen und Modellierungs-Expert:innen haben schon im Sommer vor genau solchen Szenarien gewarnt. Aber wir brauchen uns über die aktuellen Zahlen dennoch nicht zu wundern – wir machen nicht wirklich viel, um die Ausbreitung des Virus einzudämmen, wie unsere Reporterin erlebt hat.
Als wir am Samstagmittag (Ortszeit) am Flughafen in Los Angeles auf unseren Heimflug warten, ist unsere größte Sorge der Temperatur-Unterschied von rund 25 Grad zwischen Kalifornien und Europa. Zwar kursieren da bereits die ersten Meldungen zu Omicron, aber das ist alles – im wahrsten Sinne – weit weg, im südlichen Afrika. Verunsichert sind wir deswegen nicht. Am Check-in müssen wir länger warten. Verständlich, denken wir. Das Personal schaut sicher ganz genau auf alle möglichen Reisedokumente: Impfnachweis, Corona-Test… Doch als wir an der Reihe sind, wirft die Mitarbeiterin unserer Airline KLM nur einen kurzen Blick auf unsere digitalen Impfausweise: „Are these from Germany?“ Ja, die sind aus Deutschland. Abgescannt wird von ihr nichts, auch unsere Impfpässe will sie nicht sehen, geschweige denn einen negativen Corona-Test. Sie fragt noch, ob wir eine digitale Einreiseanmeldung haben. Nö, brauchen wir nicht, die USA sind kein Risikogebiet. Alles klar. Wir kriegen unsere Boarding-Pässe, zwei Stunden später sitzen wir im Flieger nach Amsterdam.
Zehntausende Neuinfektionen täglich, dazu eine Sieben-Tage-Inzidienz von gut 450: Die aktuelle Corona-Situation in Deutschland ist unschön. Keiner habe das vorhersehen können, behaupten Politiker. Doch das ist Quatsch: Virolog:innen und Modellierungs-Expert:innen haben schon im Sommer vor genau solchen Szenarien gewarnt. Aber wir brauchen uns über die aktuellen Zahlen dennoch nicht zu wundern – wir machen nicht wirklich viel, um die Ausbreitung des Virus einzudämmen, wie unsere Reporterin erlebt hat.
Als wir am Samstagmittag (Ortszeit) am Flughafen in Los Angeles auf unseren Heimflug warten, ist unsere größte Sorge der Temperatur-Unterschied von rund 25 Grad zwischen Kalifornien und Europa. Zwar kursieren da bereits die ersten Meldungen zu Omicron, aber das ist alles – im wahrsten Sinne – weit weg, im südlichen Afrika. Verunsichert sind wir deswegen nicht. Am Check-in müssen wir länger warten. Verständlich, denken wir. Das Personal schaut sicher ganz genau auf alle möglichen Reisedokumente: Impfnachweis, Corona-Test… Doch als wir an der Reihe sind, wirft die Mitarbeiterin unserer Airline KLM nur einen kurzen Blick auf unsere digitalen Impfausweise: „Are these from Germany?“ Ja, die sind aus Deutschland. Abgescannt wird von ihr nichts, auch unsere Impfpässe will sie nicht sehen, geschweige denn einen negativen Corona-Test. Sie fragt noch, ob wir eine digitale Einreiseanmeldung haben. Nö, brauchen wir nicht, die USA sind kein Risikogebiet. Alles klar. Wir kriegen unsere Boarding-Pässe, zwei Stunden später sitzen wir im Flieger nach Amsterdam.
Wie gefährlich ist es, an einem Flughafen wie Schiphol umzusteigen?
Währenddessen herrscht dort bereits große Aufregung. Wenige Stunden zuvor ist am Schiphol Airport ein anderes KLM-Flugzeug aus Südafrika eingetroffen, sämtliche Passagiere wurden beim Aussteigen abgefangen und in einen separaten Bereich eskortiert, wo alle zum PCR-Test mussten. „Stundenlang“, so schilderten es Betroffene auf Twitter, wurden sie in einem engen, unbelüfteten Raum festgehalten, nicht alle Anwesenden trugen Masken. 61 Proben fielen positiv aus, mindestens ein gutes Dutzend von ihnen war mit Omicron infiziert.
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All das erfahren wir, als wir Sonntagfrüh (Ortszeit) in Amsterdam landen und unsere Handys wieder anschalten. Wir sind verunsichert: Was heißt das für uns? Müssen auch wir sofort zum Corona-Test? Wird jetzt viel strenger überprüft, wer einreist? Dürfen wir überhaupt in die EU einreisen? Was wird aus unserem Anschlussflug nach Hamburg? Wie gefährlich ist es, an einem Flughafen wie Schiphol umzusteigen, wo Reisende aus aller Welt aufeinandertreffen und nicht alle immer zuverlässig Maske tragen?
Keiner will wissen, wo wir losgeflogen und ob wir womöglich Corona-infiziert sind
Im Nachhinein zeigt sich, dass sich anscheinend keiner der Verantwortlichen solche Gedanken macht wie wir. Weder wartet beim Aussteigen die Polizei auf uns noch werden wir beziehungsweise unsere Corona-Dokumente irgendwo kontrolliert. Die Einreise in die EU findet völlig unspektakulär an einem Automaten statt, von dem wir unsere Reisepässe und Gesichter abscannen lassen. Eine gelangweilt wirkende Grenzbeamtin schaut hin und wieder aus ihrem Glaskasten, ob die Schlange vor den Scan-Automaten auch nicht zu lang wird. Keiner will wissen, wo wir losgeflogen und ob wir womöglich Corona-infiziert sind.
Wir sind irritiert. Das war‘s jetzt? Ja. Drei Stunden später steigen wir in ein weiteres Flugzeug. Da wir den Transit-Bereich zwischendurch nicht verlassen, findet keine weitere Kontrolle statt. Im Flieger neben uns sitzt eine junge Frau, auf deren Handy ich eine digitale Einreiseanmeldung erkennen kann – sie war also in einem Hochrisiko- oder Virusvariantengebiet.
Auch in Hamburg: keine Kontrolle
Wir sind überzeugt: Spätestens in Hamburg muss sich doch irgendwer dafür interessieren, welche Reiseroute wir genommen haben – Amsterdam ist schließlich einer der größten Transit-Flughäfen Europas UND es gab dort bereits Omicron-Fälle. Pustekuchen.
Wir steigen in Hamburg aus dem Flugzeug, laufen kurz den Gang entlang, eine Rolltreppe runter, durch eine Klapptür und stehen am Gepäckband. Erneut schaut sich keiner unsere Dokumente an, auch sonst wird kein Fluggast kontrolliert – auch die digitale Einreiseanmeldung der Frau neben uns will niemand sehen.
Das sagt die Bundespolizei zu den fehlenden Kontrollen
Wie kann das sein? Die MOPO fragt bei der für die Kontrollen am Hamburger Flughafen zuständigen Bundespolizei nach. Pressesprecher Marcus Henschel sagt, die Bundespolizei führe in Hamburg wie an anderen Flughäfen „stichprobenartige Kontrollen in größtmöglichem Umfang“ durch. Daher sei es wohl schlicht Zufall, dass es bei unserer Maschine keine Überprüfung gegeben habe. Eine „Komplett-Kontrolle“ aller Maschinen und Passagiere sei derzeit seitens der Bundespolizei nicht vorgesehen. Verstärkt kontrolliert würde aber natürlich bei Maschinen, die aus Hochrisiko- oder Virusvarianten-Regionen kämen.
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Hinzu komme: Die Niederlande, also unser Transit-Land, sei Teil des Schengen-Raums, so Henschel. Dementsprechend hätten wir bei unserem Flug von Amsterdam nach Hamburg eine Binnen-Grenze überquert. Für die Einreise nach Europa sei Schiphol zuständig gewesen, erklärt Henschel.
Die MOPO fragt auch dort nach, warum die Kontrollen derart lax sind. Eine Antwort erhalten wir bis Redaktionsschluss nur von der Airline KLM. Dort heißt es, man halte sich bezüglich der Reisevoraussetzungen an die Vorgaben der niederländischen Regierung.
Wir tun viel zu wenig, um die Corona-Ausbreitung zu verhindern
Nun ist es so, dass es bis zu unserer Abreise in den USA keinen nachgewiesenen Omicron-Fall gab. Aber in Amsterdam eben schon. Und das war zum Zeitpunkt unserer Ankunft in Hamburg auch bekannt. Zudem sind die Niederlande schon länger als Hochrisikogebiet ausgewiesen. Doch weder dort noch hier hatten wir das Gefühl, dass die Verantwortlichen an einer lückenlosen Nachvollziehbarkeit potenzieller Infektionsketten interessiert sind.
Das Phänomen ist nicht neu: Auch in der Gastronomie und anderen Einrichtungen läuft es eher zäh, was Kontrollen anbelangt. Solange wir das nicht besser hinkriegen, braucht es uns wirklich nicht zu wundern, dass die Infektionszahlen explodieren, Krankenhäuser überfüllt sind und das Virus fröhlich weiter mutiert. Wir tun viel zu wenig, um das zu verhindern.