Mann zu Boden gestoßen: Harsche Kritik an Polizeieinsatz in Berlin
Erst eine Ladung Pfefferspray, dann einen Rempler mit dem Schlagstock – und der Mann schlägt lang aufs Straßenpflaster: Das aggressive Vorgehen einer Polizeieinheit bei der 1.-Mai-Demonstration in Berlin hat Empörung ausgelöst.
Auf Twitter kursieren Videos, die die verstörende Szene auf der Oranienstraße in Kreuzberg zeigen, versehen mit Kommentaren wie „Massive Polizeigewalt“ und „Jetzt drehen sie völlig durch“: Dutzende Polizisten einer Einheit aus Mecklenburg-Vorpommern schreiten die mit feiernden Menschen gefüllte Straße hinunter, ihre Formation nimmt die gesamte Fahrbahnbreite ein. Ein offenbar betrunkener Mann in blauem Shirt und kurzer Hose stellt sich den Beamten entgegen. Wenige Meter vor dem Aufeinandertreffen sprüht die Polizei Tränengas auf den Mann. Kurz darauf rempelt ihn ein Beamter mit Schlagstock in der Hand um.
Der Mann schlägt lang auf den Boden, die Bierflasche in seiner Hand geht zu Bruch. Die Beamten setzen ihren Weg ungerührt fort, wie in dem Video zu sehen ist. Der Vorfall weckt Erinnerungen an einen umstrittenen Polizeieinsatz in Hamburg am 1. Mai dieses Jahres.
1. Mai in Berlin: Harsche Kritik an Polizeieinsatz
„Wir nehmen die Hinweise sehr ernst“, versichert Berlins Polizeipräsidentin Barbara Slowik. „Wir werden den Vorfall sehr gründlich aufarbeiten, ganz sicher.“ Weiter könne sie aber so kurz nach dem Abend noch nichts zu dem Thema sagen.
Damit Slowik das möglichst bald kann, hat das Innenministerium in Schwerin den Berlinern Unterstützung bei der Aufklärung zugesichert. Das Landesbereitschaftspolizeiamt werde die zuständigen Behörden in der Bundeshauptstadt vollumfänglich bei der Aufarbeitung unterstützen. Bis zum Mittwochmorgen habe es aus Berlin aber noch keine Anfragen gegeben.
Polizeieinheit aus Mecklenburg-Vorpommern tritt aggressiv auf
Nach dem gewaltfreien Verlauf der Demonstration am 1. Mai war die Polizeieinheit aus Mecklenburg-Vorpommern mit Schlagstöcken und Pfeffersprayflaschen in den Händen die mit Partygängern gefüllte Oranienstraße auf und ab gelaufen, ohne dass es dazu einen Anlass gab. Erst dadurch wurde die entspannte Stimmung wieder aufgeheizt, es kam zu Sprechchören gegen die Polizei, später warfen Personen vereinzelt Flaschen.
Mit Blick auf eine zweite umstrittene Situation verteidigte Slowik das Vorgehen der Polizei. Gegen 20.00 Uhr stand die langgezogene Demonstration mit 12.000 Teilnehmern am Kottbusser Tor still, nach vorne ging es nicht weiter, hinten warteten tausende Menschen, rechts und links hatte die Polizei mit Mannschaftswagen, die Stoßstange an Stoßstange standen, alles abgesperrt. Über einen längeren Zeitraum konnte fast niemand den Bereich verlassen.
Kritik an vermeintlichem „Kessel“ der Polizei in Berlin-Kreuzberg
Veranstalter und Unterstützer kritisierten, die Polizei habe einen „Kessel“ gebildet, mehrere Menschen hätten Panikattacken bekommen. „Das Kottbusser Tor einzukesseln war mehr als fahrlässig.“ Auch Journalisten sahen die Polizeitaktik der seitlichen Abriegelungen kritisch.
Das könnte Sie auch interessieren: Tausende bei Gewerkschafts-Demos in Hamburg und im Norden
„Zu allen Zeiten konnten die Teilnehmenden den Demonstrationszug rückwärts gerichtet verlassen. Und auch nach Westen“, rechtfertigt Slowik das Vorgehen der Polizei. „Das war, so mein Stand, möglich. Teilweise wurden auch die Absperrungen auf der Mittelinsel geöffnet. Das mag nach und nach passiert sein.“
Es sei zudem Aufgabe des Veranstalters, die Teilnehmer über das Ende der Demonstration zu informieren. Diese Informationen hätten aber gefehlt. (tst/dpa)