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Scholz jubelt
  • Ja, der Scholzomat hat gute Aussichten, Bundeskanzler zu werden.
  • Foto: picture alliance/dpa | Wolfgang Kumm

Kopf an Kopf: Der Wahlkrimi vom Sonntagabend

Was für eine Zitterpartie! 24,1 Prozent für die Union, 25,9 für die SPD – um 22.24 Uhr sah es nach einem knappen Fotofinish pro Scholz aus. CDU/CSU schneiden bei der Bundestagswahl 2021 historisch schlecht ab, die Genossen legen deutlich zu. Die Grünen kommen auf den dritten Rang. Und die Linke zitterte sich entlang der Fünf-Prozent-Hürde durch den Abend.

Sowohl Olaf Scholz (SPD) als auch Unions-Kandidat Armin Laschet leiteten aus den Ergebnissen den Anspruch ab, Kanzler zu werden. „Viele Wählerinnen und Wähler haben deutlich gemacht, dass sie einen Wechsel in der Regierung wollen und dass der nächste Kanzler Olaf Scholz heißen soll“, verkündete Scholz selbst im Willy-Brandt-Haus unter dem Jubel der Parteigenoss:innen. Ein ungewohntes Bild, wie auch ARD-Moderatorin Tina Hassel spitz bemerkte.

Scholz und Laschet erheben Anspruch aufs Kanzleramt

Doch auch Armin Laschet sah die Wähler:innen auf seiner Seite, trotz massiver Verluste. „Eine Stimme für die Union ist eine Stimme gegen eine linksgeführte Bundesregierung. Und deshalb werden wir alles daran setzen, eine Bundesregierung unter Führung der Union zu bilden“, sagte er vor den Parteimitgliedern. Er setze nun auf eine „Zukunftskoalition“ mit Grünen und FDP.

Redebeiträge von Politiker:innen nach Wahlergebnissen sind ja häufig sehr ermüdend. Irgendwie haben alle immer einen Wahnsinns-Erfolg zu verbuchen. Oder man muss „erst mal die endgültigen Ergebnisse abwarten“. Nur wer es so richtig verbockt hat, sagt etwas immer noch recht Beschönigendes wie: Man müsse die Situation jetzt erst mal ganz genau analysieren.

Spannendes Kopf-an-Kopf-Rennen

Dieses Mal stimmte es aber sogar, dass erst im Lauf des Abends klarer werden sollte, wer als Sieger aus dem Kopf-an-Kopf-Rennen hervorgehen würde. Und auch die Grünen jubelten trotz des dritten Platzes. Ein Plus von knapp fünf Prozentpunkten im Vergleich zu 2017 – da darf sich gefreut werden.

Bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe lag die SPD bei 25,9 Prozent, vor der CDU/CSU mit 24,1 – ein riesiger Erfolg für Kanzlerkandidat Olaf Scholz, dessen Sozialdemokraten es vor wenigen Monaten in Umfragen auf gerade einmal 15 Prozent gebracht hatten. Spannend: Die meisten Wechselstimmen gab es von ehemaligen Wähler:innen der Union, 1,39 Millionen vor allem Ältere entschieden sich diesmal für die Genossen.

Die Grünen kamen auf 14,7 Prozent. Um den vierten Platz rangen FDP (11,5) und AfD (10,4). Und die Linke lag bei exakt 5 Prozent. Darunter würden sie rausfliegen. Allerdings mit dem Sicherheitsnetz Direktmandate.

Linke zittert bis zum Schluss

Wer drei davon erhält, zieht dennoch mit allen Zweitstimmen in den Bundestag ein, auch wenn dieser Wert unter der Hürde liegt. 2017 holte die Linke fünf Direktmandate, war am frühen Abend zuversichtlich, dass sie mindestens drei davon halten würde. Dietmar Bartsch (Linke) in der ARD: „Da bin ich relativ entspannt.“ Und tatsächlich: Am späten Abend sah es so aus, als ob sie zwei Direktmandate in Berlin plus eines in Leipzig erringen könnten.

Die Mehrheitsverhältnisse ändern sich damit deutlich, die konkrete Sitzverteilung hängt unter anderem davon ab, ob die Linke ins Parlament kommt. Die ARD-Hochrechnung von 22.24 Uhr ergibt folgende Verteilung: Die SPD holt 205 Mandate, die Union 194. Die Grünen kommen auf 117 Sitze. Die FDP zieht mit 91 Abgeordneten in den Bundestag ein, die AfD mit 82 und die Linke mit 40 Abgeordneten. Der Südschleswigsche Wählerverband (SSW), als Partei nationaler Minderheiten von der Fünf-Prozent-Hürde befreit, könnte laut ARD-Prognose einen Abgeordneten in den Bundestag schicken.

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Damit zeichnet sich eine komplizierte Regierungsbildung ab. Die Verhandlungen darüber dürften Wochen dauern. Einzig denkbares Zweierbündnis wäre eine erneute Große Koalition, die aber weder SPD noch Union wollen. Deshalb dürfte es voraussichtlich zum ersten Mal ein Dreierbündnis im Bund geben. Rechnerisch möglich sind mehrere Möglichkeiten, am wahrscheinlichsten dürfte es auf eine „Ampel“ (SPD-Grüne-FDP) oder „Jamaika“ (CDU/CSU-Grüne-FDP) hinauslaufen.

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