Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU)

Bundeskanzler Friedrich Merz (Archivbild) Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

Koalition einigt sich auf Verschärfung beim Bürgergeld

Gerechtigkeitslücken wollen Union und SPD beim Bürgergeld beseitigen. Lange wurde hinter den Kulissen verhandelt. Nun soll die Reform kommen.

Nach wochenlangen Verhandlungen haben sich die Spitzen von Union und SPD auf Verschärfungen beim Bürgergeld geeinigt. Die neue Grundsicherung werde kommen, sagte Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) in Berlin. „Wir werden die Mitwirkungspflichten deutlich verstärken, wir werden auch die Sanktionsmöglichkeiten deutlich erhöhen.“

Die rund 5,5 Millionen Bürgergeld-Beziehenden müssen sich bei einer Umsetzung der Pläne daher auf strengere Auflagen einstellen. Dem Durchbruch im Koalitionsausschuss waren intensive Gespräche von Merz und Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) vorausgegangen.

Mit den Änderungen sollen Teile der Anfang 2023 in Kraft getretenen Bürgergeld-Reform rückabgewickelt werden, die Leistung soll künftig einfach nur noch Grundsicherung für Arbeitssuchende heißen. Im Zentrum stehen Verschärfungen, die die Pflichten der Bezieherinnen und Beziehern von Leistungen stärker hervorheben. Fördern und Fordern sollen besser in Balance gebracht, Missbrauch soll stärker unter Kontrolle gebracht werden. 

Bürgergeld-Reform: Was soll neu sein?

Konkret soll mit härteren Sanktionen belegt werden, wer gegen die Regeln der Jobcenter verstößt und etwa einen Termin nicht wahrnimmt oder eine Arbeitsaufnahme verweigert. Wer als Empfänger von Grundsicherung einen Termin im Jobcenter schwänzt, dem soll die monatliche Überweisung sofort um 30 Prozent gekürzt werden. Erscheint er beim zweiten Termin wieder nicht, soll sie noch einmal um 30 Prozent gekürzt werden. Bleibt auch ein dritter Termin ungenutzt, sollen die Geldleistungen komplett eingestellt werden. 

Alle Leistungen inklusive der Unterstützung zur Unterkunft sollen gestrichen werden, wer auch im Monat darauf nicht erscheint. „Wer nicht mitmacht, wird es schwer haben“, sagte Bas. „Wir verschärfen die Sanktionen bis an die Grenze dessen, was verfassungsrechtlich zulässig ist.“ Härtefälle werden berücksichtigt. 

Auch das Vermögen der Betroffenen soll weniger geschont werden. Karenzzeiten sollen wegfallen. Das Schonvermögen soll stattdessen an die Lebensleistung geknüpft werden.

Einigkeit der Koalition auch bei Rente und Verkehr

Einig wurden sich die Koalitionspartner auch beim Thema Aktiv-Rente. Sie sieht vor, dass Erwerbstätige nach dem Renteneintrittsalter bis zu 2000 Euro steuerfrei hinzu verdienen können. Wie von der Union gefordert, wird dieser Betrag nun zudem auch vom sogenannten Progressionsvorbehalt ausgenommen. Dieser führt dazu, dass auch steuerfreie Beträge die Steuerlast erhöhen, weil der Steuersatz wegen des höheren Gesamteinkommens steigt.

Im Streit um die Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur stellt die Koalition nun drei Milliarden Euro „für den Neubau der Straße“ zusätzlich zur Verfügung, wie Merz sagte. „Wichtig war uns, dass wir jetzt heute alle baureifen Projekte beginnen können.“ Nach zwei Jahren solle überprüft werden, ob die Mittel ausreichten.

Wie das Bürgergeld in die Kritik kam

18 Jahre nach dem Start des damals umgangssprachlich Hartz IV genannten Systems hatte das Bürgergeld die Regeln für Langzeitarbeitslose und Bedürftige vor zwei Jahren teils entschärft. Arbeitslose sollten weniger gegängelt, ihnen sollte mehr geholfen werden. Die Bürgergeldreform galt als wichtigstes Sozialreform der Ampel-Koalition.

Doch noch während der Regierungszeit der Ampel geriet das Bürgergeld immer mehr in die Kritik. Hauptkritikpunkte: Es gehe dabei nicht immer gerecht zu, Mehrarbeit würde sich oft nicht lohnen, Regelverstöße würden zu lasch behandelt. „Wer arbeitet, muss erkennbar mehr bekommen als jemand, der nicht arbeitet“, hatte etwa CSU-Chef Markus Söder im Einklang mit vielen Unionspolitikern gefordert. Im Koalitionsvertrag einigten sich Union und SPD dann auf Reformansätze, die Rechte und Pflichten verbindlich regeln sollen.

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Das Bürgergeld soll das verfassungsrechtliche gesicherte Existenzminimum auch beispielsweise bei Langzeitarbeitslosen gewähren. Alleinstehende erhalten 563 Euro im Monat. Kinder erhalten je nach Alter 357 bis 471 Euro. Im kommenden Jahr soll es die zweite Nullrunde in Folge geben, nachdem die Regelsätze 2023 und 2024 inflationsbedingt deutlich erhöht worden waren.

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