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Aufnahme von Gerhard Schröder bei einer ANhörung im Bundestag.
  • Um ihn wird es immer einsamer – der ehemalige SPD-Vorsitzende und Bundeskanzler Gerhard Schröder. (Archivbild)
  • Foto: picture alliance/dpa | Kay Nietfeld

Keine Parteitags-Einladung, Löschung von Internetseite: Wie die SPD Schröder ächtet

Zwar ist das Parteiausschlussverfahren gegen Gerhard Schröder gescheitert, doch geächtet wird er von der SPD-Führung trotzdem. Beim nächsten Parteitag ist der frühere Kanzler und Parteivorsitzende unerwünscht. Mit seiner unerschütterlichen Treue zum russischen Präsidenten Wladimir Putin hat sich Schröder endgültig ins Abseits seiner Partei manövriert.

Die SPD-Spitze wird den früheren deutschen Bundeskanzler und Parteivorsitzenden Gerhard Schröder nicht zum Bundesparteitag im Dezember einladen. „Wir werden es so halten, wie wir es jetzt bei der Feier zum 160-jährigen Bestehen der SPD auch gehalten haben“, sagte die Parteivorsitzende Saskia Esken. Zum Jubiläums-Festakt am vergangenen Dienstag in der Berliner Parteizentrale erhielt der wegen seiner Russland-Nähe in der Kritik stehende Schröder im Gegensatz zu anderen Ex-Parteivorsitzenden keine Einladung.

Esken sieht Schröder nur noch als Geschäftsmann

Auch bei den Parteitagen ist es Tradition, dass die früheren Parteichefs eingeladen werden. Schröder war nach seiner Kanzlerschaft bei einigen Tagungen des höchsten Parteigremiums dabei und trat sogar als Redner auf – zuletzt 2017 zur Unterstützung des damaligen Kanzlerkandidaten Martin Schulz. Zu diesem Zeitpunkt war der heute 79-Jährige schon zwölf Jahre lang Lobbyist für die russische Energiewirtschaft. Lange Zeit hat das viele Verantwortliche in der Partei aber nicht gestört.

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Beim kommenden Parteitag vom 8. bis 10. Dezember in Berlin muss Schröder nun draußen bleiben. „Ich kann in Gerhard Schröder den Altkanzler und ehemaligen Parteivorsitzenden nicht mehr erkennen. Ich sehe ihn als einen Geschäftsmann, der seine Geschäftsinteressen verfolgt“, sagt Esken. Bei dem Parteitag – dem ersten seit der russischen Invasion in der Ukraine vor 15 Monaten – soll es unter anderem um die Neuaufstellung der Außenpolitik der SPD und damit auch der Russlandpolitik gehen.

Schröder war von 1990 bis 1998 Ministerpräsident in Niedersachsen, dann bis 2005 Kanzler und von 1999 bis 2004 auch Parteivorsitzender. Er lebt in Hannover. Nach seiner Abwahl als Regierungschef war er viele Jahre für russische Energiekonzerne tätig und gilt bis heute als enger Freund des russischen Präsidenten Wladimir Putin, von dem er sich auch nach dem russischen Angriff auf die Ukraine nicht lossagte. Wenige Wochen nach Kriegsbeginn besuchte Schröder Putin sogar in Moskau – angeblich um zu vermitteln.

Parteiausschlussverfahren scheiterte

Zuletzt sorgte Schröder für Aufregung, als er am 9. Mai zusammen mit seiner Frau Soyeon Schröder-Kim beim Empfang der russischen Botschaft in Berlin zum Jahrestag des Sieges über Nazi-Deutschland im Zweiten Weltkrieg auftauchte. Unter den Gästen waren auch Ex-SED-Generalsekretär Egon Krenz und AfD-Chef Tino Chrupalla.

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Die Parteiführung hat sich nach der russischen Invasion immer wieder deutlich von Schröder distanziert und ihn für isoliert in der Partei erklärt. Ein von 17 Parteigliederungen ins Rollen gebrachtes Parteiausschlussverfahren scheiterte aber.

In der Begründung der Schiedskommission des Parteibezirks Hannover hieß es, es lasse sich „nicht mit hinreichender Sicherheit feststellen“, dass Schröder gegen Statuten, Grundsätze oder die Parteiordnung verstoßen oder sich einer ehrlosen Handlung schuldig gemacht habe. Mitte Mai lehnte die Bundesschiedskommission Anträge auf Berufung ab. Das Verfahren ist damit abgeschlossen, Schröder darf sein Parteibuch bis auf Weiteres behalten.

Schröder-Kaffeetassen nicht mehr lieferbar

Die Parteispitze hat aber schon längst mit der Ächtung des früheren Parteichefs begonnen, der einst für sein Nein zu einer deutschen Beteiligung am Irak-Krieg gefeiert wurde. Auf der Internetseite der SPD wird er längst nicht mehr zu den „großen Sozialdemokrat:innen“ gezählt. Sein Name wurde von der Liste gestrichen, auf der 33 Persönlichkeiten der 160-jährigen Parteigeschichte stehen.

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Der Kaffeebecher „Gerhard Schröder“ wurden schon im April vergangenen Jahres aus dem Sortiment des SPD-Onlineshops genommen. „Z. Zt. nicht lieferbar“ heißt es an der Stelle, an der er einmal angeboten wurde.

Auf die Frage, ob im Willy-Brandt Haus, der Berliner SPD-Parteizentrale, denn noch irgendwo Bilder von Schröder hängen, sagte Parteichefin Esken: „Wir haben im Willy-Brandt-Haus eine schöne Kunstsammlung, die unsere Büros und Flure ziert. Gerhard Schröder ist mir da noch nicht begegnet.“

Esken: „Wichtigeres zu tun, als über Gerhard Schröder zu sprechen“

Bei der Feier zum 160. Geburtstag der SPD tauchte Schröder immerhin noch kurz in einem Film zur Geschichte der Partei auf. In den Festreden spielte er aber so gut wie keine Rolle. Nur Kanzler Olaf Scholz nahm den Namen seines Vorgängers ein einziges Mal in den Mund – als es um das Spannungsverhältnis zwischen programmatischem Anspruch der SPD und Pragmatismus ging.

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Die Parteiführung ist von der Diskussion um Schröder zunehmend genervt. Sie würde sie am liebsten ganz beenden. „Die SPD hat wichtige Aufgaben als Partei und als führender Koalitionspartner – wir entwickeln uns programmatisch weiter und bringen uns in die Arbeit der Koalition ein“, sagt Esken. „Insofern haben wir Wichtigeres zu tun, als über Gerhard Schröder zu sprechen.“ (mp/dpa)

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