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Idar Oberstein
  • Die Aral-Tankstelle in Idar Oberstein: Hier erschoss ein Corona-Leugner einen 20-jährigen Studenten.
  • Foto: picture alliance/dpa/Foto Hosser | Christian Schulz

Mord nach Masken-Streit: „Für mich war das klar ein Terroranschlag“

Es ist der erste Mord eines Corona-Extremisten in Deutschland. Mario N. hatte am Sonntag in Idar-Oberstein (Rheinland-Pfalz) einem 20-jährigen Tankstellen-Mitarbeiter in den Kopf geschossen, der ihn mehrfach auf die Maskenpflicht hingewiesen hatte. Die Bewertung der Tat in der Politik geht weit auseinander.

Bei dem Mord des 49-Jährigen „handelt es sich um einen Einzelfall“, erklärte ein Sprecher von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) am Mittwoch. Eine Einschätzung, die viele nicht zufrieden stellt. Denn die Tat findet vor allem auf Telegram in den einschlägigen Querdenker-Foren große Zustimmung. Mario N. hatte in der Vernehmung durch die Polizei erklärt, er habe ein Zeichen gegen die Corona-Maßnahmen setzen wollen.

Wie der Täter an die Mordwaffe kam? Unklar

„Wir sehen bereits jetzt, dass dieser schreckliche Mord instrumentalisiert wird“, sagte die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) mit Blick auf Äußerungen von Corona-Leugnern und Querdenkern. Die Gewalttat werde dort gerechtfertigt und sogar begrüßt. „Wir sehen, dass sich Angehörige dieser Szene zunehmend radikalisieren und auch vor Gewalttaten nicht zurückschrecken. Hass tötet.“

Michael Blume, Antisemitismusbeauftragter in Baden-Württemberg, erforscht die Ideologie der Querdenker. picture alliance/dpa | Bernd Weissbrod
Michael Blume
Michael Blume, Antisemitismusbeauftragter in Baden-Württemberg, erforscht die Ideologie der Querdenker.

Michael Blume, Forscher und Beauftragter gegen Antisemitismus des Landes Baden-Württemberg, warnt seit Monaten vor einer Radikalisierung der Querdenker. „Ich werte den schrecklichen Mord klar als Terroranschlag“, sagte er auf „Twitter“. Wie der Täter an die Tatwaffe kam, ist bis jetzt unklar.

Auf Twitter folgte Mario N. vielen AfD-Accounts

Ein bis 2019 genutzter Twitter-Account von Mario N. zeigt, wer das Weltbild des Mörders maßgeblich geprägt hat. Er folgte u.a. CDU-Rechtsausleger Hans-Georg Maaßen, Bild-Chefredakteur Julian Reichelt und diversen AfD- und Verschwörungs-Accounts. Vor allem die AfD hat immer wieder von einer „Corona-Diktatur“ geschwafelt oder Masken als „Maulkörbe“ bezeichnet.

Der TV-Satiriker Jan Böhmermann veröffentlichte Teile des Accounts von Mario N.. Der Mörder folgte vielen rechten und verschwörungstheoretischen Accounts bzw. Influenzern.

Konfliktforscher Andreas Zick hält Mario N. zwar für einen Einzeltäter: „Aber auch die beziehen sich meist auf eine Szene, der sie sich zuordnen.“ Die Feindbilder der Querdenker hätten sich immer stärker aggressiv aufgeladen, bei den Protesten sei immer mehr Gewalt, zunehmend auch gegen Polizei und Journalisten ausgeübt worden, so Zick. Auch Stephan Kramer, Chef des Verfassungsschutzes in Thüringen, hält den Mord „angesichts der stetigen Eskalation der letzten Wochen für keine Überraschung“.

Bizarrer Wahlspot der CDU

Einer der führenden Corona-Leugner und Querdenker hatte kürzlich bei einem Wahlkampfauftritt von Armin Laschet (CDU) die Bühne gestürmt und mit dem CDU-Kanzlerkandidaten „diskutiert“. Bizarr: Die CDU hat zwei tage nach dem Mord einen Wahlkampf-Spot veröffentlicht, in dem die Szene zu sehen ist. Diese mit der Aussage unterlegt, die CDU stehe dafür, auch mit denen zu reden, „die eine kritische Haltung haben“ – „gerade mit denen“. SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil zeigte sich entsetzt, dass ausgerechnet jetzt ein radikaler Querdenker verharmlost werde. Er forderte die CDU auf, den Spot zurückzuziehen.

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Thürigens Innenminister Georg Maier (SPD) will noch deutlich weiter gehen. Er forderte, Massangerdienste wie Telegram stärker ins Visier zu nehmen. Bisher werden nur einzelne Querdenker durch den Verfassungsschutz beobachtet.

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