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Prostituierte in Hamburg
  • Eine Prostituierte in ihrem Arbeitszimmer auf St. Pauli in Hamburg (Symbolbild).
  • Foto: picture alliance/dpa/Markus Scholz

„Freier können nicht erkennen, ob eine Frau zur Prostitution gezwungen wird“

Schmuddelig und kriminell – diese Attribute werden Prostituierten und Bordellbetreibern meist zugeschrieben. Das muss enden, fordern die Betroffenen. Ihr Gewerbe soll endlich so akzeptiert werden, wie jeder andere Beruf. Dafür brauche es eine Reform des Prostituiertenschutzgesetzes.

Das Prostitutionsschutzgesetz halte nicht, was der Name verspreche. Es sei vielmehr ein Prostituiertenkontrollgesetz, hieß es am Donnerstag bei dem Treffen von Prostituierten, Bordellbesitzern und Rechtsanwältinnen im Bordell Artemis in Berlin. Die Anwesenden nutzten unter der Leitung von Stephanie Klee vom Bundesverband Sexuelle Dienstleistungen den Internationalen Hurentag, um auf Missstände in ihrer Branche aufmerksam zu machen.

Prostituierte fordern eine Reform des Gesetzes

Der allgemeine Tenor während des Podiumsgesprächs: Das Gesetz von 2016 sei ein Rückschritt, helfe nicht gegen Menschenhandel und Zwangsprostitution und stigmatisiere alle in dem Gewerbe. Keine erwachsene Frau müsse jedes Jahr auf’s Neue über Drogen und Geschlechtskrankheiten aufgeklärt werden, wie es das Gesetz vorsehe, machte Stephanie Klee deutlich. Das sei demütigend und schütze niemanden. Dasselbe gelte für die Registrierungspflicht.

Teil des Gesetzes ist ebenfalls die sogenannte Freierbestrafung, die im Juli vergangenen Jahres verschärft wurde und seit Oktober in Kraft ist. Demnach kann ein Kunde mit bis zu drei Jahren bestraft werden, wenn er leichtfertig die sexuellen Dienstleistungen eines Opfers von Menschenhandel oder einer Zwangsprostituierten annimmt. Doch wie erkennt ein Kunde, dass sich die Frau nicht freiwillig prostituiert? Daran, dass sie für wenig Geld auf der Strasse arbeitet? An blauen Flecken?

Stephanie Klee: Freier können Zwangsprostitution nicht erkennen

„Ein Kunde kann nicht erkennen, ob eine Frau zur Prostitution gezwungen wird“, sagte Klee. Schon die Zeit des Treffens sei dafür viel zu knapp. „Sich als Zwangsprostituierte zu outen, bedarf eines großen Vertrauensverhältnisses, das langfristig aufgebaut werden muss“, sagte auch Bianca Wach. Sie betreibt die Zimmervermietung Rose in Berlin. „Das besteht nicht gegenüber Behörden, von denen man abhängig ist, und auch nicht gegenüber Kunden. Wer zur Prostitution gezwungen wird, wird alles dafür tun, dies zu verheimlichen, um keinen Stress mit dem Zuhälter zu bekommen.“

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Sind Staat und Gesellschaft beim Thema Zwangsprostitution also völlig machtlos? Das nicht, aber es brauche andere Strukturen und starke Sexarbeiter, die den Beruf professionell ausüben und sich trauen, zur Polizei zu gehen, sagte Klee. Doch anstatt Beratungsstellen mit erfahrenem Personal auszubauen, seien einige zuletzt geschlossen worden. Wer für Frauenrechte und Feminismus ist, dürfe nicht die Prostituierten bekämpfen – sondern das System, dass Frauen entrechtet und diskriminiert, so die Rechtsanwältin Seyran Ates. Das Prostitutionsgesetz samt Freierbestrafung wirke hingegen wie ein Prostitutionsverbot durch die Hintertür.

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