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Schwarzer Rauch steigt im Dorf Tleil auf, wo ein Tankwagen explodiert ist.
  • Schwarzer Rauch steigt im Dorf Tleil auf, wo ein Tankwagen explodiert ist.
  • Foto: picture alliance/dpa/AP | Str

Ein Jahr nach der Katastrophe: Neue Explosion erschüttert Libanon – wieder viele Tote

Der Libanon erlebt die schwerste Wirtschaftskrise seiner Geschichte. Die Explosionskatastrophe im Hafen von Beirut vor rund einem Jahr verschärfte die Lage. Doch die Hiobsbotschaften reißen nicht ab.

Rund ein Jahr nach der Explosionskatastrophe im Hafen von Beirut ist der Libanon erneut von einer schweren Detonation mit Dutzenden Opfern erschüttert worden. Mindestens 28 Menschen kamen ums Leben, als sich im Norden des Landes ein Treibstofftank entzündete, wie ein Sprecher des Gesundheitsministeriums in Beirut am Sonntag erklärte. Mindestens 79 Menschen wurden nach Angaben des Roten Kreuzes verletzt. Die Ursache des Unglücks war zunächst unklar.

Katastrophe in Beirut 2020: Mindestens 190 Menschen starben

Vor gut einem Jahr waren bei einer gewaltigen Explosion im Hafen von Beirut mehr als 190 Menschen getötet und rund 6000 verletzt worden. Die Hinterbliebenen sprechen sogar von 218 Todesopfern. Große Teile des Hafens und der anliegenden Wohngebiete wurden zerstört.

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Die Detonation soll durch große Mengen der hochexplosiven Chemikalie Ammoniumnitrat ausgelöst worden sein, die über Jahre ungesichert im Hafen gelagert wurden. Die genauen Umstände sind noch immer unklar.

Libanon: Die Lage ist verheerend

Die neue Explosion reiht sich in eine Reihe von Hiobsbotschaften ein, die das Land immer wieder treffen. Der Libanon leidet seit fast zwei Jahren unter der schwersten Wirtschaftskrise seiner Geschichte. Die Regierung ist kaum noch handlungsfähig, große Teile der Bevölkerung sind in Armut abgerutscht. Die Inflation liegt bei rund 120 Prozent. Die libanesische Lira hat mehr als 90 Prozent ihres Wertes verloren.

Die Krise hat zu einem massiven Versorgungsmangel geführt, der sich in den vergangenen Tagen weiter verschärfte. So fehlt es an Treibstoff für Stromproduktion und Verkehr. Am Samstag bildeten sich vor geschlossenen Tankstellen lange Schlangen frustrierter Autofahrer, die vergeblich darauf warteten, tanken zu können.

Seit Wochen müssen die Menschen im Land täglich über Stunden ohne Strom auskommen. In Krankenhäusern und Apotheken mangelt es an lebenswichtigen Medikamenten. Gesundheitsminister Hassan rief dazu auf, Verletzte der Explosion außerhalb des Landes zu behandeln.

Schlimme Szenen auf den Straßen

Der Fernsehkanal MTV zeigte Bilder von Menschen mit schweren Brandverletzungen. Ein Reporter des Senders berichtete, es seien viele Menschen am Ort der Explosion gewesen, die versucht hätten, Treibstoff zu bekommen. Libanesische Medien spekulierten, der dort gelagerte Kraftstoff habe nach Syrien geschmuggelt werden sollen.

Die Armee erklärte, unter den Opfern seien auch Soldaten. Der Treibstoff sei zuvor beschlagnahmt worden, um ihn zu verteilen. Der Bürgermeister der betroffenen Gemeinde Al-Talil sagte der Nachrichtenseite An-Nahar, jemand habe ein Feuerzeug entzündet. Augenzeugen berichteten hingegen dem Sender Al-Jadeed von Schüssen.

Freiwillige des Libanesischen Roten Kreuzes stehen am Einsatzort in dem Dorf Tleil, an dem ein Tanklastzug explodiert ist. picture alliance/dpa/AP | Str
Freiwillige des Libanesischen Roten Kreuzes stehen am Einsatzort in dem Dorf Tleil, an dem ein Tanklastzug explodiert ist.
Freiwillige des Libanesischen Roten Kreuzes stehen am Einsatzort in dem Dorf Tleil, an dem ein Tanklastzug explodiert ist.

Präsident Michel Aoun erklärte, diese neue Tragödie lasse die Herzen aller Libanesen bluten. Viele Libanesen reagierten wütend auf die Explosion, für die sie das Versagen der Politik und des Staates verantwortlich machen.

Der Libanon ist seit Monaten politisch gelähmt. Die Regierung war kurz nach der Explosion im Beiruter Hafen Anfang August 2020 zurückgetreten und ist nur noch geschäftsführend im Amt. Wegen eines monatelangen Machtkampfs konnte noch immer kein neues Kabinett gebildet werden. Libanons politische Elite sieht sich schweren Vorwürfen der Korruption und Selbstbereicherung ausgesetzt. (mik/dpa)

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