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Zahlreiche Menschen demonstrieren in Stuttgart gegen den Militärischen Einsatz Russlands in der Ukraine und halten Schilder und Banner mit den Farben der ukrainischen Flagge.
  • International fordern Politiker und Demonstranten den Ausschluss Russlands vom SWIFT-Bankensystem. Die Bundesregierung weigert sich bislang.
  • Foto: picture alliance/dpa | Christoph Schmidt

Der SWIFT-Ausschluss: Kommt diese Hammer-Sanktion jetzt doch?

Vor drei Tagen marschierte Putin in die Ukraine ein. Seitdem versucht der Westen ihn mit Sanktionen zu stoppen – heiß umstritten dabei ist die Sperrung von Russland in dem internationalen Zahlungssystem SWIFT, die als schärfstes Sanktionsschwert gilt. Neben Deutschland hatten das bisher auch andere EU-Länder abgelehnt. Doch die ändern nun ihre Meinung.

Jetzt ist nur noch Deutschland gegen die Entscheidung, Russland vom internationalen Zahlungssystem SWIFT auszuschließen. Dieser Hammer-Schlag für die russische Wirtschaft war von Experten als „nukleare Option“ bezeichnet worden. Ohne das Kommunikationssystem des belgischen Finanzdienstleisters, an dem mehr als 11.000 Banken aus mehr als 200 Ländern angeschlossen sind, wären russische Unternehmen und Finanzinstitute quasi vom globalen Finanzsystem ausgeschlossen und könnten weder Rechnungen bezahlen noch selbst Zahlungseingänge erhalten.

Ukraine-Krieg: Deutschland bislang gegen SWIFT-Ausschluss

Die Ukraine, Großbritannien und auch die baltischen Staaten hatten die Sperrung befürwortet – Lettlands Außenminister forderte zusätzlich den SWIFT-Ausschluss von Belarus. Doch unter anderem die deutsche Bundesregierung hat den Schritt bislang noch verhindert. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte gesagt, man müsse noch Sanktionsmöglichkeiten zurückhalten „für eine Situation, wo das notwendig ist, auch noch andere Dinge zu tun“. Welche Situation er meint, sagte Scholz nicht.


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Unterstützt wurde diese Position bislang von anderen EU-Ländern wie Ungarn, Österreich und Italien, denn bei dem Schritt wird auch wirtschaftlicher Schaden für EU-Länder erwartet. Die deutsche Bundesregierung argumentierte, ein Ausschluss hätte starke Auswirkungen auf den Zahlungsverkehr in Deutschland und für deutsche Unternehmen im Geschäft mit dem Land. Auch Gas- und Ölgeschäfte mit Russland laufen über SWIFT.

Sanktionen gegen Russland: EU-Länder gegen Widerstand auf

Doch nach und nach haben die europäischen Partner den Widerstand nun aufgegeben: Aus der italienischen Regierung hieß es am Samstag über Twitter, dass Ministerpräsident Mario Draghi eine entsprechende Maßnahme gegen die Russen unterstütze. Zuvor hatte auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj getwittert, dass ihm Draghi bei einem Telefonat gesagt habe, dass Italien eine Abkopplung Russlands von SWIFT unterstütze.

Die österreichische Regierung hatte bereits am Freitagabend erklärt, dass sie eine solche EU-Entscheidung trotz Vorbehalte mittragen würde. Und auch der zyprische Finanzminister stellte am Samstag über Twitter klar, dass das Land dem Ausschluss nicht ablehnend gegenüberstehe, und widersprach damit Informationen, nach denen Zypern zuvor darauf verzichten wollte. Gegen Mittag gab auch Ungarn seinen Vorbehalt auf – damit ist Deutschland mit seiner Position nun weitgehend isoliert.

In Litauen demonstrieren Menschen gegen den Krieg - und fordern den SWIFT-Ausschluss. dpa
In Litauen demonstrieren Menschen gegen den Krieg - und fordern den SWIFT-Ausschluss.
In Litauen demonstrieren Menschen gegen den Krieg – und fordern den SWIFT-Ausschluss.

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Putins Einmarsch in die Ukraine: Stimmen für härteste Sanktion werden lauter

In Litauen haben deshalb am Samstag rund 100 Menschen vor der deutschen Botschaft in Vilnius demonstriert und ihren Unmut über die Haltung der Bundesregierung zum Ausdruck gebracht.

Und auch in Deutschland werden Stimmen lauter, einem Ausschluss zuzustimmen. CDU-Chef Friedrich Merz befürwortete die Sanktionen über Twitter, auch die Juso-Vorsitzende Jessica Rosenthal forderte am Samstag, den Weg für diese besonders scharfe Maßnahme frei zu machen. Auf der Plattform Change.org gibt es zudem eine an Scholz gerichtete Petition, den Widerstand aufzugeben. Derzeit haben mehr als 60.500 Menschen unterschrieben (Stand: 26. Februar, 15.30 Uhr).

SWIFT-Ausschluss: Grüne verteidigen Kurs der Bundesregierung

Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Jürgen Trittin verteidigte die Linie hingegen im „Spiegel“. „Ein sofortiges Ende jeglichen Zahlungsverkehrs würde nicht nur dazu führen, dass alle Russen ihre Kreditkarten nicht mehr nutzen können, keine Überweisungen an Verwandte und Zivilgesellschaft mehr möglich sind“, führte er aus. „Wir würden unsere Rohstoffrechnung nicht mehr zahlen und könnten nichts mehr importieren. Kein Aluminium für die Autoindustrie, kein Gas, kein Öl, keine Kohle.“ Das sei für viele schwieriger als für Deutschland. Es gehe nun darum, Gas, Öl und Kohle aus mehr unterschiedlichen Quellen zu beziehen und erneuerbare Energien auszubauen und so die Abhängigkeit zu vermindern.

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Darauf verweist bislang auch Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne). Ein Ausschluss Russlands aus SWIFT brächte laut Baerbock „massive Kollateralschäden“ – und könnte die deutsche Energieversorgung gefährden. Die 41-Jährige sagte am Freitag in der ARD, im Falle eines SWIFT-Ausschlusses Russlands könnten auch Energieimporte nicht mehr finanziert werden.

Baerbock sagte mit Blick auf den russischen Angriff der Ukraine: „Alles, was wir tun könnten, um diesen Wahn zu stoppen, würden wir tun. Aber ebenso müssen wir sehen, dass wir nicht Instrumente wählen, wo Putin am Ende drüber lacht, weil sie uns viel härter treffen.“

50 Prozent der Steinkohleimporte stammten aus Russland, sagte Baerbock: „Wenn wir diese Kohle nicht haben, werden die Kohlekraftwerke in Deutschland nicht weiterlaufen können.“ Die Regierung suche unter Hochdruck nach Alternativen, könne aber die Fehler der Vergangenheit jetzt nicht heilen. „Und natürlich tragen wir eine Verantwortung dafür, dass wir in Deutschland weiterhin eine stabile Strom- und Wärmeversorgung haben.“ (ncd/dpa)

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