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Zugunglück
  • Zugunglück in Garmisch-Partenkirchen: Möglicherweise liegen unter den entgleisten Waggons weitere Opfer.
  • Foto: picture alliance / dpa/Angelika Warmuth

Update: Zug-Unglück bei Garmisch – immer noch werden Menschen vermisst

Bei dem Zugunglück in der oberbayerischen Urlaubsregion Garmisch-Partenkirchen sind möglicherweise mehr als die bisher bekannten vier Todesopfer zu beklagen. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) schloss nicht aus, dass unter den umgestürzten Waggons noch weitere Opfer entdeckt werden könnten.

Drei Tote waren unter dem umgestürzten Regionalzug gefunden worden, ein vierter Mensch starb auf dem Weg ins Krankenhaus. Herrmann machte sich am Freitagnachmittag vor Ort in Oberbayern ein Bild der Lage und sagte dem Bayerischen Rundfunk am Abend, dass noch mehrere Menschen als vermisst gelten. Es könne sich aber auch um die Schwerverletzten in den Kliniken handeln, dies müsse die Polizei noch ermitteln.

Neben der Bergung der Opfer und Versorgung der Verletzten stehen nun die Untersuchungen zur Unglücksursache im Mittelpunkt. Man stelle sich auf „langwierige Ermittlungen“ ein, sagte ein Polizeisprecher.

Laut Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) waren am Unglück weder ein zweiter Zug noch ein anderes Fahrzeug beteiligt. Im Bayerischen Rundfunk (Bayern 2, radioWelt) ergänzte Bernreiter, man müsse „davon ausgehen, dass irgendeine technische Ursache entweder am Fahrzeug oder am Gleis die Ursache“ sei. Die Strecke war nach Angaben eines Bahnsprechers mit elektronischen Stellwerken und moderner Sicherungstechnik ausgerüstet.

Das Landratsamt in Garmisch-Partenkirchen kündigte an, dass bis zum Ende der Bergungsarbeiten voraussichtlich Mitte nächster Woche auch der Autoverkehr in der Region von Behinderungen betroffen sein werde. So soll weiterhin der Verkehr von der Autobahn 95 großräumig umgeleitet werden, die Fernstraße bleibt in Richtung Süden gesperrt.

Münchens Kardinal Reinhard Marx sagte am Freitagabend, er sei „schockiert und traurig, dass bei diesem schlimmen Unfall Menschen aus der Mitte des Lebens gerissen, getötet oder teilweise schwer verletzt wurden“. Der Verlust, den die Angehörigen der Verstorbenen zu erleiden hätten, sei „schwer erträglich und mit Worten nicht begreifbar zu machen“.

Am Freitag, dem letzten Schultag vor den Pfingstferien, entgleiste gegen 12.30 Uhr in Garmisch-Partenkirchen ein Zugt. Mehrere Doppelstock-Waggons des Regionalzugs kippen um, rutschten eine Böschung hinab und blieben neben einer vielbefahrenen Bundesstraße liegen. Bis zum Freitagabend zählten Retter bei einem der schwersten Bahnunglücke der vergangenen Jahre in Deutschland mindestens vier Tote und etwa 30 Verletzte, darunter auch Kinder.

Zug entgleist auf dem Weg von Garmisch-Partenkirchen nach München

Der Zug war gegen Mittag auf dem Weg von Garmisch-Partenkirchen nach München, als mehrere Waggons im Ortsteil Burgrain aus zunächst unbekannter Ursache entgleisten. Ein amerikanischer Soldat war in einem der Autos auf der Straße neben der Bahnstrecke. „Es war schrecklich“, erzählte er dem „Garmisch-Partenkirchner Tagblatt“. „Einfach schrecklich. „Plötzlich ist der Zug umgekippt.“

Einsatzkräfte an der Unglücksstelle bei Garmisch-Partenkirchen picture alliance/dpa/Garmisch-Partenkirchner Tagblatt | Josef Hornsteiner
Zug entgleist: Einsatzkräfte an der Unglücksstelle bei Garmisch-Partenkirchen
Einsatzkräfte an der Unglücksstelle bei Garmisch-Partenkirchen

Rund 140 Menschen waren in dem Regionalexpress, als das Unglück geschah. Ein Sprecher des Landratsamtes Garmisch-Partenkirchen sagte, es sei nicht ausgeschlossen, dass um die Mittagszeit und somit zum Schulende viele Schüler in der Bahn waren. 15 Verletzte kamen in Krankenhäuser, 12 Hubschrauber waren dafür im Einsatz. Alle Altersgruppen seien unter den Verletzten, sagte ein Sprecher der Bundespolizei. „Die Menschen werden durch die Fenster gezogen.“

Es sind schreckliche Stunden für Angehörige, die zum Unglücksort in den Loisachauen eilen und dort auch seelsorgerisch betreut werden.

Drei Menschen tot geborgen, einer starb auf dem Weg ins Krankenhaus

Drei der voraussichtlich vier Todesopfer mussten am Abend noch geborgen werden. Sie lägen noch unter einem umgestürzten Waggon, berichtete Bayerns Innenminister Joachim Herrmann vor Ort, als bei den Rettungsarbeiten auch noch ein Wolkenbruch niederging. „Solange der Eisenbahnwaggon aber nicht angehoben ist, können wir nicht ausschließen, dass darunter weitere Tote liegen.“ Ein vierter Mensch sei auf dem Weg ins Krankenhaus gestorben. Als die Politiker sich ein Bild von der Lage machten, liefen die Notoperationen im Krankenhaus.

Die Unglücksstelle liegt neben einer Autobahn. ADAC Luftrettung/dpa
Unglück Garmisch-Partenkirchen
Die Unglücksstelle liegt neben einer Autobahn.

Die Bürgermeisterin von Garmisch-Partenkirchen, Elisabeth Koch, zeigte sich geschockt. „Es ist grauenvoll.“ Auch der Landrat des gleichnamigen Landkreises, Anton Speer, rang mit den Worten. „Der Schock sitzt noch tief.“ Er lobte die Retter, die innerhalb von 45 Minuten die Menschen aus dem Zug geholt hätten. Auch 15 Bundeswehrsoldaten halfen mit, die zufällig im Zug saßen.

Bundeskanzler Olaf Scholz spricht sein Beileid aus

In ganz Deutschland löste der Unfall Entsetzen aus. Bundeskanzler Olaf Scholz und Bayerns Ministerpräsident Markus Söder sprachen den Angehörigen ihr Beileid aus. Bundesinnenministerin Nancy Faeser machte sich nach dem Abschluss der Innenministerkonferenz von Würzburg auf den Weg nach Garmisch-Partenkirchen.

Zunächst blieb unklar, wie es zu dem Unglück kam. Am Nachmittag liefen vor Ort die ersten Ermittlungen. Polizei und Staatsanwaltschaft wollten mit Hilfe von Sachverständigen des Eisenbahnbundesamts herausfinden, warum der Regionalzug auf der eingleisigen Strecke entgleist ist. Man stelle sich auf „langwierige Ermittlungen“ ein, sagte ein Polizeisprecher.


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Klar schien, dass es keinen Zusammenstoß mit einem anderen Fahrzeug gab. Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter sagte, am Unglück sei „kein zweiter Zug und kein anderes Fahrzeug beteiligt“ gewesen. Die Strecke war erst 2013 und 2014 für den Stundentakt ausgelegt worden. Sie ist nach Angaben eines Bahnsprechers mit elektronischen Stellwerken und moderner Sicherungstechnik ausgerüstet.

Für die Region um die Zugspitze bedeutet das Unglück in den kommenden Tagen auch verkehrstechnisch eine große Herausforderung – auf einer Strecke, die ohnehin als Nadelöhr für Urlauber und Ausflügler bekannt ist. Nun waren die Bundesstraßen 2 und 23 gesperrt, zudem der letzte Abschnitt der Autobahn 95 von München nach Garmisch-Partenkirchen. Am Freitag bildeten sich lange Staus in der Region an der Grenze zu Österreich. Am Samstag beginnen in Bayern die Pfingstferien.

Bahnstrecke über Pfingsten nicht befahrbar

Dass die Bahnstrecke über Pfingsten nicht befahrbar sein wird, „das kann man schon sicher sagen“, sagte Verkehrsminister Bernreiter. Er gehe davon aus, dass die Strecke mindestens eine Woche gesperrt ist.

Bundesverkehrsminister Volker Wissing und Bahnchef Richard Lutz wollten sich am Samstag vor Ort ein Bild machen. Die Bilder seien schrecklich und machten tief betroffen und sprachlos, sagte Lutz. Die Bahn unterstütze die Ermittlungen der Behörden nach besten Kräften. Der Freitag sei nicht der Tag, um über die Unfallursache zu spekulieren. Ob der Regionalzug wegen des neuen 9-Euro-Tickets besonders voll war, konnte niemand sagen.

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Für die Retter hatte am Freitag die Bergung Priorität. „Dass die Toten geborgen werden können, ist das Allerwichtigste“, sagte Landrat Speer. Am Abend zogen Helfer einen weißen Sichtschutz auf, um die Opfer vor neugierigen Blicken zu schützen. Luftkissen würden gebraucht, um die weit über 100 Tonnen schweren Waggons zu heben, sagte der Vizepräsident des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd, Frank Hellwig. Er hoffe, dass keine weiteren Toten gefunden werden. (dpa)

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