Millionen Deutsche praktizieren Yoga. Und für die allermeisten sind die Effekte ausschließlich positiv.
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Sex-Falle Yoga: Wenn der Guru übergriffig wird

Harmonie, Bewegung und herabschauender Hund – Yoga tut Körper und Seele gut. Was Recherchen des Online-Magazins „Vollbild“ jetzt allerdings aufdecken, trifft wie ein Hexenschuss beim Morgengruß: In der vermeintlich friedlichen Yoga-Szene geht es manchmal viel zu weit mit der Körperlichkeit: Mehrere Opfer berichten dem SWR von ungewollten Berührungen und Belästigungen bis hin zu sexualisierter Gewalt.

Yoga bewegt die Bundesrepublik: In den letzten fünf Jahren hat sich die Zahl der Aktiven vervierfacht, laut Marktforschungsinstitut GfK praktizieren mittlerweile 16 Millionen Menschen regelmäßig. Und es gab in der Vergangenheit schon spektakuläre Fälle von Gewalt und Missbrauch: Dem weltberühmte Hot-Yoga-Gründer Bikram Choudhury und auch Swami Vishnudevananda, dem Gründer von Sivananda Yoga, wurden Vergewaltigung und Machtmissbrauch vorgeworfen. Aber das ist lange her.

Das SWR-Magazin „Vollbild“, abrufbar in der ARD-Mediathek, hat in der Szene recherchiert, mit Betroffenen gesprochen: Ein Dutzend Yoga-Schülerinnen berichten von übergriffigem Verhalten. Ein Lehrer soll eine junge Frau beim Hochschulsport an die Brüste gefasst und im Intimbereich berührt haben. „Das war für mich so ein schlimmes Ereignis, dass es mir schwerfällt, darüber zu sprechen“, erzählt sie in dem Bericht.

Beim Yoga herrschen hierarchische Strukturen

Yoga, für viele ein Sinnbild für Achtsamkeit – wirklich ein Umfeld für Belästigung, ja sogar sexualisierte Gewalt? Das kann und will man sich ja kaum vorstellen. Aber auf der anderen Seite: Die Vertrautheit, die körperliche Nähe von Lehrern und Schülerinnen gehört beim Yoga dazu. Und für die Opfer ist das Gefühl, dass etwas zu weit geht, sich sogar wie Missbrauch anfühlt, oft erst einmal schwer zu benennen.

Pia Witthöft ist Psychologin und erklärt in der Sendung, dass viele Menschen Halt und Zugehörigkeit im Yoga suchen. Dort herrschten aber durchaus hierarchische Strukturen: „Ich ordne mich als Schülerin der Lehre unter. Und ich soll möglichst auch nicht widersprechen.“

Aber viele tun das zum Glück dann doch: „Uns sind sowohl psychischer wie auch sexueller Missbrauch bekannt“, erklärt etwa die Beratungsstelle „Gegen unseren Willen e.V.“ in dem Film. „Besonders oft begegnet uns sexueller Missbrauch.“ Und auch „Lara e.V.“, eine Berliner Fachstelle gegen sexualisierte Gewalt an Frauen, kennt das Thema Missbrauch im Yoga.

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Yogis, gemeinsam auf der Matte, praktizierend und meditierend, wirken oft wie eine eingeschworene Gemeinschaft. Oder sogar wie eine Art Sekte? Fakt ist: Sektenberatungsstellen haben mit dem Thema zu tun. Sekteninfo NRW berichtete auf Anfrage des SWR, dass „starke Hierarchien in der Yogakultur, wenn sie weltanschaulich geprägt sind und nicht nur ein Sportangebot darstellen, in einzelnen Fällen zu Machtmissbrauch führen.“ Von einer Häufung könne man nicht sprechen, „allerdings trauen sich Frauen inzwischen häufiger, darüber zu sprechen und sich Hilfe zu holen.“

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