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Risiko Rauchen: Ärmere Menschen erkranken öfter an Lungenkrebs als wohlhabendere. Foto: Sebastian Gollnow/dpa 

Wie Kontostand und Krebsrisiko in Deutschland zusammenhängen

Die Rate von Krebs-Neuerkrankungen in Deutschland sinkt seit Jahren. Aber das Ausmaß dieses Rückgangs hängt von der sozioökonomischen Situation ab – und dieser Trend verstärkt sich. Eine Studie gibt Hinweise, warum.

Die soziale Ungleichheit in Deutschland beeinflusst die Rate an Krebs-Neuerkrankungen deutlich, wie ein deutsches Forschungsteam nach der Analyse von Daten aus acht Bundesländern berichtet. Demnach ist die altersstandardisierte Rate an neuen Krebserkrankungen zwar seit Jahren rückläufig. Dieser Trend falle aber in sozial besser gestellten Regionen wesentlich deutlicher aus als andernorts, schreibt das Team um Lina Jansen vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) im „International Journal of Cancer“.

Heidelberg: Forscher untersuchen soziale Faktoren bei Krebs-Neuerkrankungen

Dass soziale Ungleichheit die Rate an Krebserkrankungen beeinflussen kann, belegen Studien aus Deutschland und anderen Ländern. So erkrankten in Deutschland von 2010 bis 2013 in den sozioökonomisch schwächsten Regionen 7,3 Prozent mehr Männer an Krebs als in den wohlhabendsten Gegenden.

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Allerdings sinkt hierzulande seit 2007 die altersstandardisierte Neuerkrankungsrate für fast alle Krebsarten – mit Ausnahme von Lungenkrebs bei Frauen. Bislang wurde jedoch kaum untersucht, wie sich soziale Ungleichheiten auf diesen Trend auswirken.

Nun untersuchte das Team die Entwicklung der Krebsdiagnosen für acht deutsche Bundesländer mit insgesamt rund 49 Millionen Einwohner – 60 Prozent der deutschen Gesamtbevölkerung – für den Zeitraum von 2007 bis 2018. Nicht berücksichtigt wurden wegen schlechterer Datenlage Hessen, Baden-Württemberg, Berlin und die fünf ostdeutschen Bundesländer.

Dabei glich die Studie die Krebsdiagnosen auf Kreis- und Bezirksebene mit dem jeweiligen sozioökonomischen Index ab. Der wurde – abhängig unter anderem von Einkommen, Beschäftigungsquote, Ausbildung, Umwelt und Sicherheit – in fünf Gruppen unterteilt.

Bei einer Krebsart ist die Diskrepanz am größten

Für sämtliche Gruppen sank die Neuerkrankungsrate von 2007 bis 2018 für fast alle Krebsarten. Doch arme Männer profitierten bei Darm- und Lungenkrebs deutlich weniger von dem Rückgang als Männern in den wohlhabenderen Gegenden.

Dazu passt, dass in sozioökonomisch schwächeren Regionen mehr geraucht und Alkohol getrunken wird, außerdem Bewegungsmangel und starkes Übergewicht stärker verbreitet sind – jeweils Faktoren, die das Krebsrisiko erhöhen können. „Unsere Ergebnisse zeigen erneut, dass wir in Zukunft besondere Anstrengungen unternehmen müssen, damit alle Menschen gleichermaßen von Empfehlungen zu einem gesunden Lebensstil und von Krebs-Früherkennungsuntersuchungen profitieren – unabhängig von ihrer Postleitzahl“, betont Wissenschaftlerin Lina Jansen.

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Die Ungleichheit nahm im Lauf des Beobachtungszeitraums zu: Hatten Männer in den sozioökonomisch schwächsten Regionen im Jahr 2007 eine um sieben Prozent höhere Krebs-Neuerkrankungsrate als ihre bessergestellten Geschlechtsgenossen, stieg dieser Unterschied auf 23 Prozent im Jahr 2018. Bei den Frauen stieg er etwas weniger stark – von ebenfalls sieben auf 20 Prozent.

„Die sozialen Faktoren scheinen eine viel größere Rolle zu spielen“

Besonders ausgeprägt war diese Diskrepanz bei Lungenkrebs: Der trat demnach 2018 in den sozioökonomisch schwächsten Regionen im Vergleich zu den wohlhabendsten Gegenden bei Männern um 82 Prozent und bei Frauen sogar um 88 Prozent häufiger auf.

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Dabei unterschied sich die Gesundheitsversorgung – etwa Ärztedichte, Entfernung zum nächsten medizinischen Zentrum, Zahl der Krankenhausbetten oder Pflegeheime – zwischen den armen und reichen Regionen nicht sehr stark. Im Gegensatz etwa zu Tabak-und Alkoholkonsum. „Die sozialen Faktoren scheinen also eine viel größere Rolle zu spielen als die generelle Infrastruktur“, folgert Lina Jansen.

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