HNO-Spezialisten führen im indischen Hyderabad eine Operation an einem mit schwarzem Pilz (Mukormykose) infizierten Patienten durch.
  • HNO-Spezialisten führen im indischen Hyderabad eine Operation an einem mit schwarzem Pilz (Mukormykose) infizierten Patienten durch.
  • Foto: picture alliance/dpa/PTI | M. Vijay Bhaskar

Immer mehr Covid-Patienten von „schwarzem Pilz“ befallen

Er befällt die Atemwege und wird vielen Covid-Patient:innen deshalb zum Verhängnis: Immer mehr Länder melden Fälle von Infektionen mit dem sogenannten „Schwarzen Pilz“. Was steckt hinter der eigentlich sehr seltenen Erkrankung?

Das Phänomen wurde zuerst in Indien registriert: Als der Subkontinent im Frühjahr heftig von der Pandemie getroffen wurde, breitete sich neben Corona eine weitere Krankheit rasend schnell aus: die Mukormykose. Dabei handelt es sich um einen Pilz, der meist beim Einatmen in die Nasennebenhöhlen eindringt und sich von dort im ganzen Körper ausbreitet. Er verfärbt oft Teile des Gesichts dunkel – daher der Name – und zerstört Gewebe, Knochen und Blutbahnen. Wird die Krankheit nicht rechtzeitig behandelt, führt sie laut der US-Seuchenkontrollbehörde CDC in über 50 Prozent der Fälle zum Tod.

Tausende bereits vom „Schwarzen Pilz“ befallen

Mehrere indische Bundesstaaten erklärten den „Schwarzen Pilz“ im Mai zur Epidemie, es gab Tausende Fälle im ganzen Land. In Neu-Delhi mussten zwischenzeitlich sogar spezielle Abteilungen in Krankenhäusern geschaffen werden, um die Betroffenen adäquat behandeln zu können. Zur Sterberate durch Mukormykose machten die indischen Behörden bislang keine Angaben. Die „Hindustan Times“ sprach im Mai von mindestens 219 Toten, doch die tatsächliche Zahl dürfte wohl höher liegen.

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Auch Irak, Iran, Uruguay und Guatemala meldeten bereits Fälle von Covid-Patient:innen mit Mukormykose, genau wie Bolivien: Wie das dortige Gesundheitsministerium am Dienstag mitteilte, wurde Ende Juli ein 42-Jähriger in der Stadt Cochabamba ins Krankenhaus eingeliefert und musste sich zwei Operationen unterziehen. Dem Mann seien dennoch seine Zähne ausgefallen, hieß es.

Warum befällt der Pilz nun vor allem Covid-Patienten?

Mukormykose wird durch Schimmelpilze verursacht, die weltweit im Boden sind, wo sie totes, organisches Material wie Laub zersetzen. Die Sporen werden vom Wind weitergetragen. „Atmen Menschen diese ein oder gelangen sie in offene Wunden, kann dies zu Infektionen führen“, erklärt Oliver Cornely vom Europäischen Exzellenzzentrum für Invasive Pilzinfektionen an der Uni Köln.

Warum aber befällt der Pilz nun vor allem Covid-Patienten? Wie die „Tagesschau“ schreibt, könne er sich in Krankenhäusern über Luftbefeuchter oder Sauerstofftanks, die verschmutztes Wasser enthalten, relativ leicht ausbreiten. Bei Menschen, die dort wegen Corona behandelt werden, ist das Immunsystem oft so geschwächt, dass es den eindringenden Pilz nicht abwehren kann.

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Zudem kann bei Covid-Kranken nach dem Pilzbefall ein gefährliches Phänomen namens Zytokinsturm auftreten, schreibt die „Tagesschau“ weiter. Dabei reagiert das Immunsystem des betroffenen Menschen über und greift auch die Organe an.

Einige Ärzte sehen auch die übermäßige Verabreichung von Steroiden, etwa Kortison, an Covid-Patient:innen als Risikofaktor. „Die Leute haben angefangen, sie reichlich, übertrieben und unangebracht einzusetzen“, zitiert die „Tagesschau“ Srinath Reddy von der Public Health Foundation of India.

Schon vor Corona gab es Mukormykose-Fälle

Tatsächlich gab es Mukormykose-Fälle auch vor Corona schon – allerdings sehr selten. In westlichen Ländern trifft es, statistisch gesehen, einen von einer Million Menschen. In Indien aber war die Quote, wie Daten aus März 2019 zeigen, schon vor Corona mit gut 140 Erkrankten pro einer Million Menschen vergleichsweise hoch.

Ein Hauptgrund dafür ist die Diabetesrate in Indien – eine der höchsten weltweit. Cornely erklärt: „Ein dauerhaft hoher Blutzuckerspiegel verändert die Schleimhautzellen in den Atemwegen ungünstig, so dass der Pilz dort andocken und zu wachsen beginnen kann.“ Das untermauert eine aktuelle Studie: Demnach litten 94 Prozent der untersuchten Covid-Patient:innen, die sich mit dem „Schwarzen Pilz“ infiziert hatten, auch an Diabetes.

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