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Die Uferbereiche der Oder sind in Polen und Ostdeutschland mit tausenden Fischkadavern übersät.
  • Die Uferbereiche der Oder sind in Polen und Ostdeutschland mit tausenden Fischkadavern übersät.
  • Foto: imago/eastnews

Rätselhaftes Massensterben: Ist bald auch die Ostsee mit Fischkadavern übersät?

Es ist ein furchtbarer Anblick: Die Ufer der Oder sind in Polen und Ostdeutschland buchstäblich übersät mit toten Fischen. Tausende Tiere sind bereits verendet, es ist ein regelrechtes Massensterben. Aber was hat es verursacht? Es gibt einen Verdacht – und möglicherweise mehrere Faktoren. Und: Auch deutsche Ostsee-Strände könnten bald von der Umweltkatastrophe betroffen sein.

Ein Fluss voller toter Fische: Das Massensterben in der Oder gibt weiter Rätsel auf. Am Wochenende sammelten Hunderte Helfer im deutsch-polnischen Grenzgebiet die Kadaver der verendeten Tiere ein.

In der Kleinstadt Lebus nahe Frankfurt breitete sich durch die Verwesung unangenehmer Geruch aus, wie ein dpa-Reporter feststellte. Zu sehen war auch, wie Vögel tote Fische wegbrachten. Einsatzkräfte trugen Gummistiefel und Handschuhe, um sich vor direktem Kontakt mit dem Wasser und den Fischen zu schützen. „Ich rechne mit mehreren Tonnen Fisch, die wir rausholen“, sagte Thomas Rubin für die Kreisverwaltung. Auf rund 80 Kilometern Länge seien etwa 300 Helfer vor allem am Ufer unterwegs.

Rätselhaftes Massensterben: Ist bald auch die Ostsee mit Fischkadavern übersät?

Da immer noch unklar ist, was das Massensterben ausgelöst hat, befürchten viele, dass auch in der Oder-Mündung, auf Usedom und an anderen Stränden der Ostsee bald tausende tote Fische angespült werden.

Das dramatische Fischsterben in der Oder. picture alliance/dpa
Furchtbarer Anblick: Tote Fische treiben in der Oder.
Das dramatische Fischsterben in der Oder könnte die Ostsee belasten, Polen sucht derweil nach Schuldigen.

Mittlerweile sind daher auch die zuständigen Behörden in Mecklenburg-Vorpommern in Alarmbereitschaft. Landesumweltminister Till Backhaus (SPD) rechnete am Samstag damit, dass etwa auch im vorpommerschen Teil des Stettiner Haffs zeitnah Kadaver entdeckt werden könnten. Auf Angeln und Fischen im Kleinen Haff sollte derzeit verzichtet werden, riet er. Auch sollen die Menschen dort nicht ins Wasser gehen und das Wassers dort auch nicht für andere Zwecke benutzen.

Es wurden bereits Wasserproben genommen, um herauszufinden, ob und wie stark das Haff bereits belastet ist. Die Ergebnisse der Laborananalysen werden am Montag erwartet.

Umweltministerin beklagt fehlende Informationen aus Polen

Wie konnte es überhaupt so weit kommen? Bundesumweltministerin Steffi Lemke gab mittlerweile zu, dass es anfängliche Probleme bei der Zusammenarbeit mit dem Nachbarland Polen gegeben hat. „Die Frage der deutsch-polnischen Zusammenarbeit hat an dieser Stelle ganz offensichtlich nicht funktioniert“, sagte die Ministerin. „Sonst hätten wir früher Informationen erhalten, zumindest das Land Brandenburg oder auch die Anrainerkommunen.“ Lemke kritisierte, dass aus Polen Informationen gefehlt hätten.

Viele tote Fische treiben im Wasser des deutsch-polnischen Grenzflusses Oder. picture alliance/dpa/Patrick Pleul
Viele tote Fische treiben im Wasser des deutsch-polnischen Grenzflusses Oder.
Viele tote Fische treiben im Wasser des deutsch-polnischen Grenzflusses Oder.

Sie habe nun eine bessere Koordinierung vereinbart, sagte die Grünen-Politikerin am Samstagabend bei einem Besuch in Frankfurt (Oder) nahe der Grenze. Lemke sprach dort mit Einsatzkräften von Feuerwehr und Technischem Hilfswerk und dankte Helfern und Anglern, die schnell auf die toten Fische aufmerksam gemacht hätten.

Offenbar wurden riesige Mengen Chemie-Abfälle in die Oder gekippt

Derweil läuft in Polen die Ursachenforschung auf Hochtouren. Erhöhte Quecksilberwerte sollen laut der Regierung in Warschau nicht Schuld am Tod der Tiere sein, das hätten Laboruntersuchungen von Fischkadavern gezeigt, so die Regierung in Warschau. „Das staatliche Veterinärinstitut hat sieben Arten getestet. Es hat Quecksilber als Ursache für das Fischsterben ausgeschlossen“, schrieb Umweltministerin Moskwa auf Twitter. Man warte nun auf die Ergebnisse von Untersuchungen auf andere Schadstoffe.

Lesen Sie auch: Fischsterben in der Oder: Giftwasser fließt in die Ostsee

Die Regierung vermutet, dass eine riesige Menge an chemischen Abfällen in den Fluss gekippt wurde. Polens Polizei setzte für Hinweise auf Täter 210.000 Euro Belohnung aus.

„Ich wurde auf jeden Fall zu spät informiert“

Nach Angaben von Brandenburgs Umweltminister Axel Vogel (Grüne) weist die Oder „sehr stark erhöhte Salzfrachten“ auf. Das sind im Wasser gelöste Salze. Dem Landesministerium zufolge könnte dies in Zusammenhang mit dem Fischsterben stehen. „Nach jetzigen Erkenntnissen wird es jedoch nicht ein einziger Faktor sein, der das Fischsterben in der Oder verursacht hat.“

Polnische Behörden hatten nach Regierungsangaben bereits Ende Juli Hinweise, dass in dem Fluss massenweise verendete Fische treiben. Nun stehen Regierung und Behörden in der Kritik, gezögert zu haben. Am Freitagabend entließ Regierungschef Mateusz Morawiecki deshalb die Leiter der Wasserbehörde und der Umweltbehörde. Er selbst habe erst am Mittwoch von dem massiven Fischsterben erfahren. „Ich wurde auf jeden Fall zu spät informiert.“ (mik/dpa)

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