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Yvonni Chovolou, Toxikologin des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz in Nordrhein-Westfalen: Mit ihrem Team konnte sie einen Weichmacher in zahlreichen Urinproben von Kleinkindern nachweisen.
  • Yvonni Chovolou, Toxikologin des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz in Nordrhein-Westfalen: Mit ihrem Team konnte sie einen Weichmacher in zahlreichen Urinproben von Kleinkindern nachweisen.
  • Foto: Bernd Thissen/dpa

„Problem größeren Ausmaßes“: Forscher finden gefährlichen Weichmacher in Urinproben

Das Umweltbundesamt hat im Urin zahlreicher Menschen in Deutschland Hinweise auf einen gefährlichen Weichmacher entdeckt – der allerdings seit Jahren streng reglementiert und großteils verboten ist. Wie kommt es also zu der Belastung?

In der aktuell noch laufenden 6. Deutschen Umweltstudie zur Gesundheit sei bislang in 28 Prozent der Proben das Stoffwechselprodukt MnHexP entdeckt worden, sagte die Toxikologin Marika Kolossa. Es ist ein Abbauprodukt des Weichmachers Di-n-hexyl-Phthalat (DnHexP). Es sei erstmals 2023 in Proben entdeckt worden. „So einen Stoff dürfte man nicht im Körper finden und wir finden ihn“, sagte Kolossa. 

Weichmacher: „Gesundheitsgefährdung nicht auszuschließen“

Kürzlich waren Ergebnisse einer Untersuchung zu Proben in Nordrhein-Westfalen bekannt geworden. „Es ist ein Problem größeren Ausmaßes“, sagte Kolossa nun. Die Herkunft des Weichmachers sei bisher unbekannt. „Das ist eine richtige Detektivgeschichte. Wir suchen jetzt auf voller Ebene in Deutschland.“ Das Umweltbundesamt arbeite auch eng mit EU-Behörden zusammen, um die Quelle ausfindig zu machen.  

Das Stoffwechselprodukt sei nach Ergebnissen von Tierversuchen ein fortpflanzungsschädigender Stoff, sagte Kolossa. Es wirke vor allem auf die Fortpflanzungsorgane männlicher Föten im Mutterleib. Es könne aber auch für Erwachsene schädlich sein und das Risiko für Diabetes, Bluthochdruck und Fettleibigkeit erhöhen. In einzelnen Menschen seien Konzentrationen entdeckt worden, „die so hoch sind, dass eine Gesundheitsgefährdung nicht auszuschließen ist“.

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DnHexP ist in der EU seit vielen Jahren stark beschränkt beziehungsweise verboten. Unter bestimmten Umständen könne die Substanz dennoch in der EU auftreten, etwa in Importerzeugnissen, die den Stoff enthalten, sagte Chemikalien-Experte Lars Tietjen vom Uba. Er könne möglicherweise auch in alten in der EU produzierten Produkten erhalten sein. „Hinweise auf größere verarbeitete Mengen liegen mir nicht vor, aber ausschließen kann man es nicht.“

In Nordrhein-Westfalen hatten Experten des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (Lanuv) rückwirkend alte Urinproben von Kindergartenkindern untersucht. Ergebnis: Im Untersuchungszeitraum habe sich der Anteil der mit MnHeP belasteten Proben von 26 Prozent (2017/18) auf 61 Prozent (2020/21) erhöht, heißt es einer Mitteilung vom 31. Januar. Die Konzentration bei hochbelasteten Kindern habe sich in etwa verzehnfacht. Die Ursache dafür sei völlig unklar. 

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Die Ergebnisse hingen nicht mit den Wohnorten der Kinder zusammen, sagte eine Lanuv-Sprecherin. Deutlich erhöhte Werte gebe es im ganzen Bundesland.  

Seit dem Jahr 2013 steht der Weichmacher DnHexP in der Europäischen Union laut Lanuv auf der Liste der besonders besorgniserregenden Stoffe. Als Weichmacher sei dieses Phthalat in kosmetischen Mitteln, Lebensmittel-Kontaktmaterialien und in Spielzeug deshalb nicht mehr zugelassen. (mp/dpa)

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