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Erdbeben Trümmer Häuser Türkei
  • Ein Retter sucht in den Trümmern des Erdbebens nach Überlebenden.
  • Foto: picture alliance/dpa/XinHua

Nach dem Beben: So fahrlässig waren die Trümmer-Häuser gebaut

Verheerende Beben-Analyse: Die meisten Häuser stürzten in der Türkei wohl ein, weil sie nicht erdbebensicher gebaut waren. Auch ein Beben in Istanbul gilt als überfällig – droht hier bald die nächste Mega-Katastrophe?

Während die Retter weiter die Hoffnung nicht aufgeben und immer noch Überlebende aus den Trümmern bergen, beginnt die Aufarbeitung der Katastrophe. Hierbei wird deutlich: Das Beben mit mehr als 21.000 Toten (Stand gestern) war vor allem so verheerend, weil die meisten Gebäude alt, instabil, nicht erdbebensicher gebaut waren. Zum Vergleich: In Chile bebte beispielsweise die Erde 2014 und 2015 mit einer Stärke von 8,2 und 8,3. Beide Male kamen nicht mehr als 15 Menschen ums Leben. Die Stärke des aktuellen Bebens lag bei 7,7.

Wie groß die Schäden durch ein Beben ausfallen, hängt laut Bauingenieurin Lamia Messari-Becker wesentlich von der Verletzlichkeit der betroffenen Zonen und Städte ab, von der Untergrundbeschaffenheit, der Fundamentierung und eben der Bauweise der Gebäude, so die Expertin gegenüber „Tagesschau.de“.

Baupfusch? Nach Beben wird Kritik an türkischen Behörden laut

Nach dem großen Beben 1999 in der Türkei, bei dem 18.000 Menschen starben, gab es neue Gesetze der türkischen Regierung, nach neuen Erdbebenstandards zu bauen. Gebäude brauchten fortan eine tragende Struktur, also Fundamente, Stützen, Stahlbetondecken, die eine gewisse Bewegung erlauben, so Messari-Becker. Die Gebäude, die nun entlang der türkisch-syrischen Grenze nicht einstürzten, waren demnach bereits so stabil konstruiert, dass sie Beben standhalten können. Aber: Viele sind älter, wurden gebaut, bevor es Vorschriften gab, und später nie nachgerüstet. Bei neueren Häusern, die trotzdem einstürzten, wird nun Kritik gegen die türkischen Behörden laut. So hätten sie Verstöße gegen die neuen Standards häufig nicht geahndet.

„Auf dem Papier mögen die Bauvorschriften erdbebensicher sein“, sagt Serap Güler (CDU). „Aber wir haben Bilder gesehen, wo mehrere Hochhäuser nebeneinanderstehen, und eins in der Mitte ist dem Erdboden gleich. Da sind wir schnell bei Baupfusch“, so Güler weiter. Auch beim Beben 1999 zeigten Ermittlungen, dass in vielen Häusern minderwertiger Stahl und teils sogar Beton aus Meersand verbaut wurden, um Kosten zu sparen.

Vor diesem Hintergrund erscheinen die Warnungen von Experten zu einem bevorstehenden Beben in der 16-Millionen-Metropole Istanbul in den nächsten Jahren oder Jahrzehnten umso dramatischer. Auch hier wird davon ausgegangen, dass eine extrem hohe Anzahl an Gebäuden nicht erdbebensicher gebaut ist. Zwar habe sich die Situation für Istanbul durch die Beben im Südosten nicht verändert, das Risiko für die Stadt sei aber generell ähnlich hoch wie bei der aktuell betroffenen Region, erklärt Marco Bohnhoff vom Deutschen Geoforschungszentrum (GFZ).

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Die mittlere Wiederkehrperiode für ein großes Beben liege für Istanbul bei 250 Jahren, das letzte große Beben gab es 1766 – das nächste sei also überfällig. Und: Istanbul liege nur 20 Kilometer vom Hauptarm des Nordanatolischen Verwerfungssystems entfernt – dem Haupt-Kollisionsbereich der tektonischen Plattengrenze.

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